Abfahrende U-Bahn in der Station "Manzoni"

Der Nahverkehrs-Adventskalender (24): Rom, Straßenbahn und U‑Bahn, 2009


Zum heu­ti­gen Hei­li­gen Abend öff­net sich das letz­te Tür­chen des Nah­ver­kehrs-Advents­ka­len­ders. Und wie bei den Scho­ko-Weih­nachts­ka­len­dern, die an die­sem Tag ja auch das größ­te Stück­chen Scho­ko­la­de her­aus­rü­cken, gibt es auch hier noch­mal einen beson­ders umfang­rei­chen Ein­trag. Und auch den­je­ni­gen, der am wei­tes­ten von Deutsch­land weg­führt: Wir besu­chen Rom. Oder genau­er: Ich habe Rom besucht. Alle nach­fol­gen­den Fotos sind im August 2009 ent­stan­den. Mei­nes Wis­sens hat es seit­her aber kei­ne durch­grei­fen­den Ände­run­gen oder Erwei­te­run­gen des beschrie­be­nen Zustan­des gegeben.

Neben einem sehr umfas­send aus­ge­bau­ten Stadt- und Schnell­bus­sys­tem ver­fügt die 3‑Mil­lio­nen-Metro­po­le Rom sowohl über ein U‑Bahn- als auch über ein Stra­ßen­bahn­netz. Bei­de sind klas­sisch von­ein­an­der getrennt. Die Stra­ßen­bahn war, ähn­lich wie in vie­len deut­schen Städ­ten, über Jahr­zehn­te ein Stief­kind des öffent­li­chen Ver­kehrs, wird aber seit etwa Anfang der 1990er Jah­re wie­der aus­ge­baut, wenn auch zöger­lich. Die U‑Bahn besteht 2009 aus zwei Lini­en, die sich am Haupt­bahn­hof in der Innen­stadt kreu­zen. Wir wer­fen nun einen Blick auf bei­de Netze.

Die Stra­ßen­bahn von Rom

Straßenbahnzug der Linie 8 biegt in die Viale di Trastevere ein

Stra­ßen­bahn­zug der Linie 8 biegt in die Via­le di Tras­te­ve­re ein

Das römi­sche Stra­ßen­bahn­netz ver­läuft im gesam­ten römi­schen Stadt­ge­biet. Es ist aber sehr – nun­ja – grob­ma­schig. Genau genom­men besteht es aus nur sechs Lini­en, von denen zwei weit­ge­hend gebün­delt als Halb­mes­ser­li­ni­en eini­ge Stadt­tei­le im römi­schen Osten erschlie­ßen, eine nur eine rela­tiv kur­ze Stich­stre­cke im Nor­den dar­stellt und eine bereits seit 2004 wegen Fahr­zeug­man­gel und/oder fort­ge­setz­ter Bau­ar­bei­ten mit Bus­sen bedient wird. Es blei­ben die Linie 19, die zwar das gan­ze Stadt­ge­biet durch­fährt – nicht jedoch am Wochen­en­de. Und die Linie 8, die als ein­zi­ge kon­se­quent mit moder­nen Nie­der­flur­fahr­zeu­gen befah­ren wird. Das obi­ge Bild zeigt ein Fahr­zeug die­ser Linie in der Nähe des Bahn­ho­fes Trastevere.

Endstation der Linit 8 in der Via di Torre Argentina

End­sta­ti­on der Linit 8 in der Via di Tor­re Argentina

Linie 8 ist die neus­te Linie des Net­zes. Im Außen­be­reich ist sie qua­si auf der Tras­se einer frü­he­ren Stra­ßen­bahn­stre­cke wie­der­errich­tet wor­den. Im Stadt­zen­trum endet sie momen­tan auf der Via di Tor­ra Argen­ti­na am Cor­so Vitto­rio Ema­nu­el­le II. Die­se Stra­ße wür­de sich für eine Direkt­ver­bin­dung zwi­schen Haupt­bahn­hof und Vati­kan anbie­ten, bis­lang gibt es aber noch kei­ne kon­kre­ten Pla­nun­gen, auch hier eine Stra­ßen­bahn auf­zu­bau­en und mit ihr die Bus­li­ni­en zu erset­zen, die statt­des­sen momen­tan hier ver­keh­ren. So endet die Stra­ßen­bahn an einer Stump­fend­stel­le mit­ten in der römi­schen Innenstadt.

Straßenbahn an der Porta Maggiore

Stra­ßen­bahn an der Por­ta Maggiore

Durch die sehr gro­be Stuk­tur des Net­zes gibt es nur weni­ge Ver­knüp­fungs­punk­te. Der ein­zi­ge „ech­te” Kno­ten­punkt ist an der Por­ta Mag­gio­re, wo sich immer­hin vier Lini­en tref­fen und die als Kreis­ver­kehr ange­leg­ten Schie­nen alle Äste mit­ein­an­der ver­bin­den. Der Schie­nen­kreis durch­fährt das his­to­ri­sche Via­dukt der Por­ta Mag­gio­re, was für inter­es­san­te Moti­ve sorgt. Auf dem Bild sieht man einen Wagen des ita­lie­ni­schen Her­stel­lers Soci­mi, der als Fahr­zeug anfang der 1990er Jah­re durch­aus inno­va­tiv war, von dem aber nie so vie­le Fahr­zeu­ge in Betrieb waren wie ursprüng­lich geplant

Straßenbahntrasse auf der Via Prenestina mit östlicher Umgehungsstraße im Hintergrund

Stra­ßen­bahn­tras­se auf der Via Pre­nes­ti­na mit öst­li­cher Umge­hungs­stra­ße im Hintergrund

Der am dich­tes­ten befah­re­ne Ast des Net­zes führt von der Por­ta Mag­gio­re nach Osten. Auf dem Bild ist die ers­te Hal­te­stel­le öst­lich der Por­ta Mag­gio­re auf der Via Pre­nes­ti­na zu sehen. Die Stra­ßen­bahn hat hier einen eige­nen Bahn­steig, der typisch für Rom nur per ampel­lo­sem Zebra­strei­fen zu errei­chen ist. Das Fahr­zeug gehört zur ältes­ten noch in Betrieb befind­li­chen Bau­se­rie und ist mitt­ler­wei­le über 60 Jah­re alt. Im Hin­ter­grund sieht man die auf­ge­stän­der­te öst­li­che Umge­hungs­schnell­stra­ße um das Stadt­zen­trum, die hier zwei­stö­ckig geführt wird, damit die Via Pre­nes­ti­na von Osten kom­ment in bei­de Rich­tun­gen an die Ring­stra­ße höhen­frei ange­schlos­sen wer­den kann. Hier befin­den sich auch die zwei Depots des Net­zes, in denen die Bah­nen gewar­tet und abge­stellt werden.

Das Stra­ßen­bahn­netz in Rom ist für die Grö­ße der Stadt eher unter­di­men­sio­niert. Dass die moderns­te Linie nur als Halb­mes­ser­li­nie betrie­ben wird und eine der längs­ten Lini­en seit Jah­ren als Dau­er-Schie­nen­er­satz­ver­kehr mit Bus­sen bedient wird, ist eher befremd­lich. Aller­dings dürf­te der Fort­be­stand des Net­zes einst­wei­len gesi­chert sein. Und wer weiß, viel­leicht kom­men ja irgend­wann in der Zukunft mal die nöti­gen Netz­er­wei­te­run­gen, die die Stra­ßen­bahn wie­der zum leis­tungs­fä­hi­gen Ver­kehrs­trä­ger für die inne­ren Stadt­be­rei­che Roms machen.

Das römi­sche U‑Bahnnetz

Und nun zu etwas ganz ande­rem: Wir wech­seln zur U‑Bahn. Die­se besteht wie beschrie­ben aus zwei Lini­en, die unab­hän­gig von­ein­an­der betrie­ben wer­den. Ältes­ter Abschnitt ist der süd­li­che Teil der heu­ti­gen Linie B vom Haupt­bahn­hof „Ter­mi­ni” durch was Welt­aus­stel­lungs­vier­tel „E.U.R.” nach Laurentina.

Metrostation "Termini" auf der Linie B

Metro­sta­ti­on Ter­mi­ni auf der Linie B

Der Süd­a­st der Linie B ver­läuft nur zu einem Teil unter­ir­disch. In die­sen Berei­chen sind die Sta­tio­nen als Gewöl­be mit Sei­ten­bahn­stei­gen auf­ge­baut, wie hier am Ter­mi­ni zu sehen. Die römi­sche U‑Bahn ver­kehrt im Links­ver­kehr, was ange­sichts ihrer voll­stän­dig unan­hän­gi­gen Ver­kehrs­füh­rung kein Pro­blem dar­stellt, aber trotz­dem ein wenig gewöh­nungs­be­dürf­tig ist. Oben im Bild ist die Fahr­gast­in­for­ma­ti­on zu sehen. Da die End­punk­te für jeden Bahn­steig ein­deu­tig sind, bleibt als wich­tigs­te Infor­ma­ti­on die Zeit bis zur Ankunft des nächs­ten Zuges. Die­se wird auf den Anzei­gen in Minu­ten heruntergezählt.

U-Bahnzug der Linie B am Endpunkt "Rebibbia"

U‑Bahnzug der Linie B am End­punkt Rebibbia

Die Linie B wur­de 1990 in den Nord­os­ten Roms ver­län­gert. Das Bild zeigt einen der typi­schen Züge der Linie mit sei­nem recht her­un­ter­ge­kom­me­nen Erschei­nungs­bild. Die römi­sche Metro ist ein soge­nann­tes „geschlos­se­nes Sys­tem”, das heißt beim Betre­ten ist das Pas­sie­ren von Sper­ren obli­ga­to­risch. Die End­sta­ti­on in Rebibbia ist dabei so auf­ge­baut, dass das Abfahrts­gleis Rich­tung Süden auch für ankom­men­de Züge genutzt wer­den kann. Über eine Wei­chen­ver­bin­dung vor der Sta­ti­on ist so ein Kurz­wen­den direkt am Bahn­steig mög­lich. Bei dem von mir beob­ach­te­ten 10-Minu­ten-Takt wur­de das durch­gän­gig so gehandhabt.

Kehranlage hinter der Station Rebibbia

Kehr­an­la­ge hin­ter der Sta­ti­on Rebibbia

Aus die­sem Grund ist die Abstell­an­la­ge hin­ter der Sta­ti­on auch ver­waist: Hier wür­den ansons­ten die Bah­nen die Fahrt­rich­tung wech­seln. Dies ist übri­gens auch die Abstell­an­la­ge, in der im Dezem­ber 2010 in einem U‑Bahnzug eine halb­fer­ti­ge Bom­be gefun­den wur­de. Offen­sicht­lich wird die­ser Bereich also durch­aus genutzt, wenn mehr Ver­kehr ist. Im August 2009 war mir das nicht so ganz klar.

Einfahrende U-Bahn der Linie B am Bahnhof Termini

Ein­fah­ren­de U‑Bahn der Linie B am Bahn­hof Termini

Die römi­sche U‑Bahn ist natür­lich auch für Tou­ris­ten ein wich­ti­ges Ver­kehrs­mit­tel, sie ver­läuft unter ande­rem in der Nähe des Vati­kans, am Colos­se­um, natür­lich über den Haupt­bahn­hof und stellt eine Ver­bin­dung zum Bahn­hof Osti­en­se mit den Vor­ort­zü­gen zum Lido di Ostia her. Auf dem Bild fährt ein Zug mor­gens um kurz nach zehn am gut gefüll­ten Bahn­steig der Linie B am Ter­mi­ni ein.

Metrostation "Repubblica"

Metro­sta­ti­on Repubblica

Die Metro­li­nie A wur­de in ihrem zen­tra­len Abschnitt in einem Rutsch gebaut und 1980 bereits als Durch­mes­ser­li­nie eröff­net. Seit­her hat es nur im nörd­li­chen Abschnitt noch zwei Erwei­te­run­gen gege­ben. Der durch­gän­gi­ge Bau hat eine gro­ße archi­tek­to­ni­sche Stren­ge geför­dert: Alle Sta­tio­nen in der Innen­stadt wur­den (wie der gesam­te Tun­nel) gebohrt und haben einen Mit­tel­bahn­steig zwi­schen zwei Gleis­röh­ren. Die Außen­wän­de sind mit Blech­plat­ten ver­klei­det und in mehr als einer Sta­ti­on hört man dahin­ter Was­ser plät­schern. Die abge­bil­de­te Sta­ti­on „Repubbli­ca” unter der Piaz­za del­la Repubbli­ca zeigt dabei den Zustand aller Sta­tio­nen. Ins­ge­samt sind die Sta­tio­nen eher dun­kel und wir­ken durch die mit­tig lie­gen­den Auf- und Abgän­ge ein wenig verwinkelt.

U-Bahnzug der Linie A überquert den Tiber auf der Ponte Pietro Nenni

U‑Bahnzug der Linie A über­quert den Tiber auf der Pon­te Pie­tro Nenni

Die gesam­te Linie A ver­läuft unter­ir­disch mit einer Aus­nah­me: Der Tiber wird auf einer Brü­cke über­quert. Das Bild zeigt die­se Brü­cke von der Fuß­gän­ger­über­füh­rung auf der öst­li­chen Tiber­sei­te aus. Der Zug rechts im Bild ist auf dem Weg nach Osten am Vati­kan vor­bei und dann zum Vor­ort Bat­tis­ti­ni. Es han­delt sich hier­bei um einen grund­sätz­li­chen ande­ren Fahr­zeug­typ als auf der Linie B. Die Züge der Linie A sind weiß, graf­fi­ti­frei, im Inne­ren voll­stän­dig durch­gän­gig (wie zum Bei­spiel die Bau­rei­he H der Ber­li­ner U‑Bahn) und ganz offen­sicht­lich neue­ren Datums als ihre Kol­le­gen auf der Linie B.

U-Bahnstation "Manzoni" auf der Linie A

U‑Bahnstation Man­zo­ni auf der Linie A

Nach 30 Jah­ren Nut­zung sind ins­be­son­de­re die inner­städ­ti­schen Bahn­hö­fe der Linie A stark her­un­ter­ge­kom­men und sanie­rungs­be­dürf­tig. Im August 2009 ist dies bei einer Sta­ti­on bereits pas­siert: Man­zo­ni prä­sen­tiert sich frisch reno­viert mit wei­ßen Wän­den, hel­lem Boden und hell glän­zen­den Außen­wän­den an den Glei­sen. Auch die Roll­trep­pen und Fahr­stüh­le sind in dem neu­en Look gehal­ten. das gan­ze wirkt wesent­lich freund­li­cher als die noch nicht reno­vier­ten Stationen.

Abfahrende U-Bahn in der Station "Manzoni"

Abfah­ren­de U‑Bahn in der Sta­ti­on Manzoni

Es stün­de der Metro sicher gut zu Gesicht, wenn auch die übri­gen Sta­tio­nen der Linie A eine ent­spre­chen­de Frisch­zel­len­kur bekä­men. Die Sta­tio­nen außer­halb der Innen­stadt sind in einem wesent­lich bes­se­ren Zustand, aber alle Sta­tio­nen haben ein völ­lig ein­heit­li­ches Design ohne jede indi­vi­du­el­le Note oder archi­tek­to­ni­schen Kniff. Es wird span­nend sein zu beob­ach­ten, ob bei der Sanie­rung der Sta­tio­nen spe­zi­el­le Gestal­tungs­merk­ma­le Ein­zug halten.

Rom ist ja sowie­so immer eine Rei­se wert. Die­ser klei­ne Rei­se­be­richt zeigt, den­ke ich, dass das ins­be­son­de­re auch zutrifft, wenn man sich nicht nur für Geschich­te und his­to­ri­sche Relik­te inter­es­siert, son­dern auch für so pro­fa­ne Din­ge wie den städ­ti­schen Per­so­nen­ver­kehr. Von Deutsch­land aus ist Rom gut per Flug­zeug oder – wenn man will – per Nacht­zug zu errei­chen. Letzt­lich ist das Ver­kehrs­mit­tel aber eigent­lich egal, denn wie wir ja wis­sen, füh­ren sowie­so alle Wege dorthin…

Zum Schluss

Dies war nun der letz­te Bei­trag mei­nes „Nah­ver­kehrs-Advents­ka­len­ders”. Es war ein Expe­ri­ment für mich; zum einen, ob ich es denn nun schaf­fe, täg­lich einen ent­spre­chen­den Arti­kel zu schrei­ben und zum ande­ren, ob es irgend­je­man­den gibt, der die­se Arti­kel auch liest. Ers­te­res kann ich klar mit „ja” beant­wor­ten: Jeden Tag waren die Arti­kel pünkt­lich fer­tig und mit einer Aus­nah­me habe ich sie immer um neun Uhr frei­ge­schal­tet. Und es gibt auch deut­li­che Zei­chen, dass sich der eine oder ande­re Leser und sogar Stamm­le­ser gefun­den hat. Neben eini­gen Kom­men­ta­ren hier im Blog oder auf Twit­ter habe ich auch per­sön­li­che Rück­mel­dun­gen bekom­men und die eine oder ande­re Anre­gung für Fol­ge­bei­trä­ge hier im Blog bekom­men. Zudem sind die Zugriffs­zah­len auf das Blog seit der Advents­ka­len­der-Arti­kel­se­rie merk­lich und kon­stant angestiegen.

Also, lie­be bekann­te und unbe­kann­te Leser: Ich hof­fe, ihr hat­tet ähn­lich viel Spaß beim Lesen der Ari­kel wie ich beim Schrei­ben. Die Arti­kel blei­ben hier im Blog ver­füg­bar und so kann es ja durch­aus sein, dass sich auch in Zukunft der eine oder ande­re Leser hier­her ver­irrt. Auch die­sen sei an die­ser Stel­le ein „Herz­lich Will­kom­men!” zugerufen.

Die Rei­se durch 24 deut­sche und euro­päi­sche Nah­ver­kehrs­net­ze ist nun abge­schlos­sen. Es lohnt sich aber sicher, auch in Zukunft dann und wann hier vor­bei­zu­schau­en. Neben Poli­tik wird das Ver­kehrs­we­sen und ins­be­son­de­re der ÖPNV auch wei­ter­hin the­ma­ti­scher Schwer­punkt die­ses Blogs sein. Da bin ich jeden­falls ziem­lich sicher – schließ­lich ist es ja mein Blog. Fürs Ers­te wün­sche ich aber uns allen schö­ne und unfall­freie Weih­nach­ten und einen rein meta­pho­ri­schen Guten Rutsch ins neue Jahr!

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