Lieber Aaron,
in deinem Blogpost „Zum Jahrestag der iranischen Diktatur” beschäftigst du dich mit dem Iran und seinen aktuellen Plänen zur Urananreicherung. Du beschreibst die Gefahr, dass damit in letzter Konsequenz der Iran in die Produktion und den Besitz atomarer Waffen einsteigen könnte. Dies hältst du zu verhindern für nötig, und zwar auch sehr massiv:
Auch wenn ich normalerweise Krieg für kein geeignetes Mittel der Politik halte: dies ist einer der seltenen Fälle, in denen der gezielte Einsatz militärischer Mittel, nämlich die Zerstörung der iranischen Nuklearanlagen, einen weit größeren Schaden vermeiden könnte.
Ich kann dein Räsonieren nachvollziehen. Du zählst selbst einige Gründe auf, warum man gegenüber der iranischen Regierung und ihrem Handeln sehr misstrauisch sein muss:
Die iranischen Machthaber lachen nur über die „Appeasement”-Politiker des Westens und arbeiten weiter in aller Seelenruhe an ihrer Atombombe. […] Präsident Ahmedinedschad hat erklärt, man wolle das „Regime, das Jerusalem besetzt hält” […] aus „den Geschichtsbücher tilgen”. Die iranische Regierung fördert Terrororganisationen wie die Hamas und die Hisbollah. Sie kennt keine Skrupel bei der Durchsetzung ihrer Interessen – kein Wunder, fühlt sie sich doch von einer „höheren Macht” dazu legitimiert.
Dennoch wäre ich sehr vorsichtig, einer militärischen Intervention das Wort zu reden. Der Einsatz von Militär ist meines Erachtens immer die absolut allerletzte Maßnahme, die „Ultima Ratio”, die zur Vermeidung eines noch größeren Übels erfolgen darf. Davon sind wir im Fall des iranischen Atomprogramms, so es dieses wirklich gibt, aber noch weit, weit entfernt – wenn wir von den allgemein verfügbaren Informationen ausgehen, auf die du deine Überlegungen ja aber auch gründest.
Es stellt sich zudem die Frage, was denn genau „angegriffen” werden sollte. Welche Nuklearanlagen sollen zerstört werden – und vor allem wie? 1981 hat die israelische Luftwaffe einen solchen Schlag schon einmal gegen das weit gehend fertig gestellte Atomkraftwerk Osirak/Tammus im Irak geflogen – übrigens aus ähnlichen Überlegungen. Dieser Schlag war so nur möglich, weil das Kraftwerk noch nicht in Betrieb gegangen und noch nicht Uran befüllt war – andernfalls hätte die Gefahr eines radioaktiven Fallouts mit unabsehbaren Konsequenzen bestanden. Bei bereits betriebenen Anlagen wird sich dieses Problem nicht auf diese Weise lösen lassen.
Osirak zeigt zudem, dass auch die Hoffnung, eine solche Aktion würde die inneriranische Opposition stärken, nicht zwingend ist. Das irakische Regime jener Zeit hat noch 22 Jahre und zwei Kriege weiter geherrscht, bis der dritte Krieg es schließlich niederrang. Und das auch nur um den Preis anhaltender politischer Instabilität des Landes.
Ich kann ja verstehen, dass von unserem Standpunkt einer aufgeklärten, säkularen und bürgerlich-demokratischen Grundwerten verpflichteten Gesellschaftsfrom das Treiben der iranischen Regierung geradezu unerträglich wirkt. Nichtsdestotrotz gelten auch hier die Maßstäbe angemessenen Handelns. Und da halte ich „einfach mal so draufhalten” für die falsche Taktik. Zumal wenn man sich dabei auch zu dem einen oder anderen unsachlichen Argument hinreißen lässt:
Durch gezielte Schläge gegen die iranischen Atomanlagen muss der Westen jetzt den Machthabern in Teheran zeigen, dass wir uns von ihnen nicht länger auf der Nase herumtanzen lassen.
Mit Verlaub, Aaron, aber das ist Stammtischlyrik nach der vierten Runde Bier. Statt solcher – nunja – emotionalen Ausbrücke ist es meines Erachtens vielmehr nötig, genau hinzuschauen und Iran beim Wort zu nehmen: Keine Atomwaffen. Sollte sich eines Tages herausstellen, dass dieser – vom Iran selbst postulierte – Grundsatz aufgegeben wird, dann muss man die militärische Option neu bewerten und gegebenenfalls auch zügig umsetzen.
Aber so weit ist es momentan noch nicht. Israel sieht das übrigens auch so. Die reden nämlich mit dem Iran, wenn auch eher sporadisch. Und das täten sie – siehe Osirak – sicher nicht, wenn sie eine ernsthafte Gefahr für ihr Land in den Aktivitäten Irans sähen.
Ich halte deine Überlegungen für falsch. Ich halte sie aber nicht für ein Problem für die Piratenpartei. Ganz im Gegenteil: Nur unkonventionelles Denken und auch mal neue Ansichten können uns als politische Bewegung voranbringen. Insofern: Mach weiter!
Viele Grüße,
Dirk
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Ich denke das Zitat lautete: Krieg ist die Fortsetzung der Diplomatie mit anderen Mitteln.
Und es ist der mit Abstand dümmste Satz nach dem man sich in unserer Zeit richten kann, denn er führte direkt in den 1. und dann in den 2. Weltkrieg.
Wem es um eine ernsthafte Beschäftigung mit dem Thema geht, dem kann ich dieses Dossier ans Herzen legen:
http://www.n‑tv.de/politik/dossier/Experte-Kein-Angriff-Irans-mit-Atombombe-article722606.html
Ein hochintelligenter Einblick in die aktuelle Situation des Iran.
Gruß,
Justus
(aus wikipedia)
Der Begriff stammt aus dem Dreißigjährigen Krieg. Kardinal Richelieu ließ auf die Geschützrohre die Formel gießen: „Ultima ratio regum“ („das letzte Mittel der Könige“). Dabei war nicht das letzte zur Verfügung stehende Mittel nach Ausschöpfung aller anderen Möglichkeiten gemeint, sondern das letzte Wort des Königs, um einen Konflikt definitiv zu entscheiden. Zur selben Zeit wie Richelieu erkannte der spanische Dramatiker Pedro Calderón de la Barca in seinem Drama „In diesem Leben ist alles wahr und alles Lüge“, Pulver und Blei seien die última razón der Könige. 100 Jahre später reagierte Friedrich II. (Preußen) von Preußen standesgemäß nahezu wortgleich; seit 1742 waren alle seine Kanonen mit der Inschrift „Ultima ratio regis“ – „das letzte Mittel des Königs“ versehen.
wie dumm oder klug dieser Satz heute ist, soll jeder für sich selbst entscheiden; die Erwiederung auf A. König ist ‑im Gegensatz zu vielen anderen ‚Ergüssen’- abgewogen und polemikfrei, was ich sehr begrüße
Georg
Das Zitat das Jürgen meinte stammte wohl von Clausewitz und lautet exakt:
„So sehen wir also, dass der Krieg nicht bloß ein politischer Akt, sondern ein wahres politisches Instrument ist, eine Fortsetzung des politischen Verkehrs, ein Durchführen desselben mit anderen Mitteln. Was dem Kriege nun noch eigentümlich bleibt, bezieht sich bloß auf die eigentümliche Natur seiner Mittel.“
Und eine Aussage die ich heftiger bestreiten werde wird sich nur schwer finden lassen.
Alle diese Äusserungen fallen nämlich unter den extremen Militarismus und gehören für mich in die Kaiserzeit und früher…
In einer Welt die mehr und mehr zusammenwächst, die über Waffen verfügt die das Leben auf dem Planeten auslöschen können, ist ein solches Credo gefährlich wenn nicht Lebensmüde.
Der Militarismus hat sein eigenes Ende eingeleitet indem er immer schrecklichere Waffen entwarf…
Gruß,
Justus
Hallo,
ich habe mit entsetzen das in Fixmbr gelesen, aber die Reaktion von Fixmbr bei seinen Artikel war noch eine die mehr aussagt wie der Text, er hat darauf keinen Kommentar zugelassen. Wenn ich so ein Text einstelle, muss ich fairerweise auch Kommentare zulassen, sonst werde ich unglaubwürdig.
Von den Text von Aron Distanziere ich mich als Mensch und Bundesbürger. Krieg kann man nicht versuchen zu erklären.
Wie sagte Bismark mal, der Krieg ist die Fortsetzung, wenn die Diplomatie versagt hat. So war Sinngemäß seine Aussage. Das können wir als freie Bürger nicht zulassen.
Bis dann
LG von Jürgen
Herr Koenig auch nur das geringste Maß an überlegtheit zu unterstellen halte ich für unklug.
Alleine seine Wortwahl beweist, dass er keine Ahnung hat wovon er spricht.
Er vergleicht die derzeitige Regierung in Iran mit dem Schah-Regime (zehntausende Tote Regierungsgegner), er verwendet den Begriff „Appeasement-Politik” und vergleicht somit Iran mit Nazi-Deutschland (MILLIONEN Tote Regierungsgegner!).
Er stellt ein Land das für mich auf einem Niveau mit China steht auf HITLER-Niveau!
Das ist nicht mehr überlegt, das ist pure Dummheit und billigste Polemik.
Das ganze kombiniert er mit der Grundgesetzwidrigen Forderung nach Handlungen die definitiv geeignet sind das friedliche zusammenleben der Völker zu stören (Art. 26: Abs. 1 GG: Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.)…
Als Vorstandsmitglied einer Partei die auszog das Grundgesetz gegen Frau von der Leyen und Herr Schäuble zu verteidigen ist ein solches Verhalten unangebracht.
Lässt man die fatale Aussenwirkung einer solchen Forderung aussen vor so bleibt immer noch die mindestens genauso fatale Innenwirkung.
Seine unüberlegten und teilweise falschen Äusserungen polarisieren in einem gewaltigen Maße und das bevor eine vernünftige Diskussion zu diesen Themen stattfinden konnte.
Alles in allem ist sein Beitrag kein Denkanstoß, ganz im Gegenteil, er ist eine bewusste oder unbewusste Provokation deren einzige Wirkung darin besteht jede vernünftige Unterhaltung über das Thema im Keim zu ersticken.
Um die Situation mit dem Iran zu bereinigen müssen viele Themen besprochen werden, unter anderem die Auswirkungen des Atomwaffensperrvertrags, das Verhalten der „westlichen” Welt und wie die politische Situation in Iran derzeit ist.
Das alles ist, dank Koenig, jetzt nicht mehr möglich.
Gruß,
Justus
„Sollte sich eines Tages herausstellen, dass dieser? — ?vom Iran selbst postulierte? — ?Grundsatz aufgegeben wird, dann muss man die militärische Option neu bewerten und gegebenenfalls auch zügig umsetzen.”
Das ist genau das selbe was Aaron schreibt. Wo ist jetzt bitte die Empörung her? Jedes Land hat die selben Rechte. Der Iran hat diese nicht durch Angriffskriege oder Überfälle oder Massenmord an eine Minderheit verwirkt. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker kann dazu nicht verwirkt sein den das ist ein unveräußerliches Recht.
Kurz: Selbst wenn der Iran politisch Entscheidet Kernwaffen zum Schutz seines Landes einzuführen bzw. zu entwickeln dann ist das sein gutes Recht.
Es gibt nichts was dem im Wege steht. Der Atomwaffensperrvertrag, den es nicht nur unterzeichnet hat sondern auch die IAEA mehr als 3500 Inspektionen gestattete, kann mit einer Vorlaufzeit von 3 Monaten aufgekündigt werden. Länder wie Indien, Pakistan, Israel haben noch nie diesen Vertrag und deren Zusatzprotokoll unterzeichnet. Länder wie die USA oder Brasilien haben das zwar aber weigern sich Inspektionen zuzulassen. Mehr noch, die Grundsätze in diesem Vertrag werden mit Füßen getreten die da sagen, Abrüstung, keine Neuentwicklungen, Zusammenarbeit mit Ländern die die Kerntechnologie zu friedlichen Zwecken nutzen wollen und dem zugänglich machen von Wissen hierbei.
Und nun kommst Du daher und machst wie auf Phönix mit Halbwissen daher und meinst die bessere Meinung zum Thema zu haben als Aaron? Beide seit Ihr keine Piraten. Entweder jeder hat die selben Grundrechte, Rechte die einem keiner nehmen kann oder aber wir Leben in einer Welt des Stärkeren. Entscheidet Euch. Was wollt Ihr?
Gegenfrage: Sagen wir, Merkel/Gabriel/Westerwelle vertreten in einem Interview genau die gleiche Position, sagen aber direkt hinterher „Das ist aber nur meine private Meinung” – wäre das ein Problem für die jeweilige Partei?
Ich denke ja. Ob es uns Piraten gefällt oder nicht, öffentliche Äußerungen von Parteifunktionären und Spitzenpolitikern fallen in Deutschlands Medien *immer* auf deren Partei zurück. Und ich denke, deshalb nutzen diese Amtsträger ihre Meinungsfreiheit faktisch nicht. Für die Piraten gelten die gleichen Regeln. Diese anzuerkennen, um Schaden von der Partei abzuwenden, stünde auch einem Aaron König gut zu Gesicht.
unkonventionell? Eher unkontrolliert. Wenn der Kerl beim Parteitag wieder in den Vorstand gewählt wird, bin ich raus.
Nun, Dirk, kriegsstrategische Erstschlagsstrategiegedanken (Verhinderung größeren Übels???) als „unkonventionelles Denken” zu bezeichnen ist doch etwas seltsam. Wenn ich derartige Überlegungen lesen möchte, bediene ich mich bei den althergebrachten „Volksparteien” sowie den Ultrarechten und ‑linken.
Sicherlich ist es ein medienwirksames Spektakel, wenn sich nun Partei, Mitglieder und Sympathisanten öffentlich von diesen schlichten Gedankengängen distanzieren – aber ob es hilft, einer unkonventionellen, wohl auch mal gedanklich friedliebenden Gruppe festen Rückhalt in einer durch und durch der seelischen wie körperlichen Gewalt verschriebenen Gesellschaft zu geben – ist mehr als fraglich.
Gespannt auf weitere „Überfälle” aus den eigenen Reihen der Piraten,
mit schneeigen Grüßen,
Bernhard Gehrmann,
Sympathisant
Die einen nennen es „unkonventionelles Denken”, die anderen sehen es als nicht vertretbare Ansicht in einer solchen Position in der Piratenpartei an.
Diese Meinungsäußerung des Herrn Schäfer hat viele Piraten ins Mark erschüttert. Er darf sie äußern, das ist sein gutes Recht. Wer aber eine solche Person wieder wählt oder sie auch noch unterstützt handelt schlicht verantwortungslos. Hier entfernen wir uns weit von den Zielen unserer Partei und man muss sich schämen so eine Person als Vorstand zu haben.
Wenn man Aarons Vorschlag folgen würde, würden wir im Grunde neben Bush junior stehen, als es gegen den Irak ging. Und „gezielte Schläge” sind ein illusorisches Mittel – das ist der Beginn für einen Krieg, das lässt sich nicht eingrenzen.