Unsere Justizministerin wird heute in verschiedenen Zeitungen mit dem schönen Spruch „Der Dreck muss raus aus dem Netz” zitiert. Zum Beispiel bei der Welt.
Hier wird Frau Zypries unter anderem zum Zensurgesetz und zur Piratenpartei befragt. Und es ist interessant, wie sie die Geschichte des Zugangserschwernisgesetzes umdeutet:
Anders als es die Piratenpartei glauben machen will, haben wir ja nicht mit dem Gesetz gegen die Verbreitung von Kinderpornografie den Teufel aus der Flasche gelassen. Deren Vertreter realisieren überhaupt nicht, dass ohne Gesetz die von Frau von der Leyen mit den Providern geschlossenen Verträge zur Anwendung gekommen wären – mit viel weniger rechtsstaatlichen Sicherungen für die Internet-User.
Das ist schon einigermaßen dreist. Wir erinnern uns: Diese „Verträge” waren der erste Versuch, die Internetzensur in Deutschland einzuführen. Das hat halt bloß nicht so recht geklappt, weil viele Provider aus einer Mischung von Angst vor Haftungsrisiken und Resten rechtsstaatlichen Denkens trotz allen Drängens nicht mitziehen wollten. Dann erst begann der Eiertanz um das Sperrgesetz. Und das ist dann gegen alle rechtsstaatlichen Einwände in Rekordzeit durchgepeitscht worden. Dabei war dann selbst der Weg der Verabschiedung noch verfassungswidrig.
Wenn man Frau Zypries Formulierung übrigens genau liest, dann bezeichnet selbst sie hier das „Gesetz gegen die Verbreitung von Kinderpornografie” – das übrigens nicht diesen Namen trägt, sondern viel schwammiger „Zugangserschwernisgesetz” heißt, aber das nur nebenbei, Frau Justizministerin – als „Teufel aus der Flasche”. Es ist aber auch wirklich schwer, ein verfassungswidriges und unlogisches Gesetz auf konsistente Weise verargumentieren zu wollen.
Das übliche Bashing der Zensurgegner darf natürlich auch nicht fehlen:
Viele Anhänger der Piraten wollen auch keine Debatte führen, sondern sagen nur: Das ist übel, was ihr macht, wir reden nicht mehr mit euch. So funktioniert Demokratie aber nicht.
Eine feine Dialektik: Erst Gespräche verweigern und Argumenten nicht zuhören und dann den Gegnern vorwerfen, sie würden „keine Debatte führen” wollen.
Die schönste freiheitliche Demokratie verkommt, wenn sich niemand an ihre Grundsätze hält. Bei der deutschen Regierung hat diese Degeneration mittlerweile ein besorgniserregendes Niveau erreicht. Je länger ich das mitbekomme, desto mehr denke ich: Wir brauchen nicht die alten Politiker mit mehr Verstehen. Wir brauchen neue Politiker. Deshalb: Am 27. September Piratenpartei wählen.
Man kann so von Schäuble, Zypries, von der Leyen und all den anderen Kostgängern des Steuerzahlers eigentlich nur noch eines fordern: Bitte ganz schnell abtreten und in Rente gehen!
Sehr geehrte Frau Zypries,
zunächst: WIR WAREN UND SIND GESPRÄCHSBEREIT !
Wenn ich „wir” sage spreche ich von mehr als 130.000 Bürgern welche die Kurrage hatten Ihren Namen öffentlich unter Ihr Gesuch nach Bürgerrechten zu setzen und von noch weitaus mehr Personen die dieses Anliegen unterstützen aber Ihren Namen nicht nennen wollen oder können.
Ich möchte Sie höfflich daran erinnern, daß es IHR Herr Müntefering war der das Thema Websprerren als „medial unerwünscht” deklariert hat und so den Dialog abbrechen liess.
Es war weiterhin IHRE Partei die es verschuldet hat das der Online Beirat schließlich aufgegeben hat weiter einen Monolog zu führen, da von Ihrer Seite kein bischen Entgegenkommen in der Datenschutz Diskussion erfolgte.
Wenn Sie jetzt in die Zukunft schauen und Sperren von Musik und Litaratur ins Gespräch bringen, sollten sie sich besser schnell mit Herrn Münteferring abstimmen, den dieser schrieb am 18.06. in seinem Twitter Profil: „Es geht nur um Kinderporno und nicht um Zensur. #Zensur ist mit der #SPD nicht zu machen.” Und Sie wissen ja das Netz vergisst nichts.
Das wird Ihnen aber vermutlich entgangen sein, da Sie Twitter ja nicht nutzen.
Ich mache Ihnen das Angebot Sie in Berlin zu besuchen um Ihnen ausführlich zu erklären warum Websperren nach Meinung der Mehrheit aller Experten der falsche Weg sind und was für bessere Alternativen es gibt. Auch kann ich Ihnen anhand des Beispiels Iran erklären warum Vorratdatenspeicherung eine extreme Gefahr für eine Demokratie darstellt.
Wenn Sie, so wie sie es sagen sprechen wollen, stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Es liegt nun an Ihnen zu beweisen wo es an Gesprächsbereitschaft mangelt.
Freundlich
DrebinX
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Seid froh, dass es Gesetz ist, sonst hätten wir es anders durchgesetzt…? Was für ein Verständnis von Demokratie ist das denn?
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„Deren Vertreter realisieren überhaupt nicht, dass ohne Gesetz die von Frau von der Leyen mit den Providern geschlossenen Verträge zur Anwendung gekommen wären? — ?mit viel weniger rechtsstaatlichen Sicherungen für die Internet-??User.”
übersetzt:
Seid froh, dass wir das rechtsstaatlich problematische Gesetz haben, sonst hätten wir rechtsstaatlich noch viel problematischere Verträge.
Entweder Gesetz oder Verträge.
Klingt nach Erpressung.
Das wird wohl wieder rausgeholt, wenn das Gesetz in Karlsruhe Station macht.
Die Zypries weiß doch nicht mal was ein browser ist! Und die will uns vorschreiben, wie wir im Internet zu surfen haben…
Hallo Dirk,
wirklich erstaunlich mit welcher Chuzpe Frau Zypries behauptet, die Netzgemeinde würde den Dialog verweigern. Seit Monaten suchen die schließlich nichts anderes als genau das.
Erschreckend auch, dass Frau Zypries ganz offenbar den Unterschied zwischen „Zensur”, „Datenschutz” und „Informationelle Selbstbestimmung” nicht kennt.
http://verlorenegeneration.de/2009/07/19/zypries-im-interview-zu-netzsperren/
BG
ketzerisch
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” Das ist übel, was ihr macht, wir reden nicht mehr mit euch. So funktioniert Demo kratie aber nicht.” Interessant wie deren Auffassung nach Demokratie nicht funktioniert… Wir sind aber doch der Meinung das Demokratie auch mit Zensur bzw. Einschränkung der Bürgerrechte nicht funktioniert – was sagt die denn dazu?