Vom Bundestag und von Zensursula – Eine kurze Antwort auf Ansgar Heveling


Ges­tern wur­de das Web­sper­ren­ge­setz beer­digt. Zen­sur­su­la. „Kin­der­por­no”. Zugangs­er­schwer­nis. Ende der frei­en Mei­nungs­äu­ße­rung. ’nuff said.

Ich habe mich lang und breit mit die­sem The­ma aus­ein­an­der­ge­setzt. In die­sem Blog und auch „off­line”. Und auf die­se Wei­se habe ich es nun sogar noch in den Bun­des­tag geschafft. Der CDU-Abge­ord­ne­te Ans­gar Heve­ling hat in sei­ner Ple­nar­re­de aus­ge­rech­net mich als abschre­cken­des Bei­spiel eines okku­pie­ren­den Ideo­lo­gen zitiert:

In sei­nem Blog hat der ehe­ma­li­ge Bun­des­vor­sit­zen­de der Pira­ten­par­tei, Dirk Hill­brecht, Wefings Hin­weis auf den Bun­des­tag als frei gewähl­tes Par­la­ment mit frei gewähl­ten Abge­ord­ne­ten ent­ge­gen­ge­hal­ten ? ich darf das zitie­ren, wobei ich aus­drück­lich dar­auf hin­wei­se, dass ich es zitie­re und mir kei­nes­falls zuei­gen mache ?: „Und [es sind] ganz ähn­li­che frei gewähl­te Abge­ord­ne­te eines ganz ähn­li­chen frei gewähl­ten Par­la­men­tes, wie es 1933 das „Gesetz zur Behe­bung der Not von Volk und Reich“ ver­ab­schie­det hat.”

Mei­ne Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen, das ist es, was mir Angst und Ban­ge macht. Es ist nicht das Inter­net mit sei­nen tol­len Chan­cen und Mög­lich­kei­ten. Es ist viel­mehr die Staats- und Gesell­schafts­vor­stel­lung von Men­schen, die die Idee des Inter­nets für eine Ideo­lo­gie okku­pie­ren wol­len, eine Ideo­lo­gie, mit der – so stand es am ver­gan­ge­nen Frei­tag in der FAZ – „Inter­net-Anar­chis­ten, jene Fana­ti­ker von Frei­heit und Anony­mi­tät, … die aus sträf­li­chem Unwis­sen oder ver­ant­wor­tungs­lo­sem Popu­lis­mus die wah­re Frei­heit zugrun­de richten.“

Ich muss sagen: Ich füh­le mich geehrt! In dem zitier­ten Blog­ar­ti­kel ent­wick­le ich rela­tiv aus­führ­lich eine Ent­geg­nung auf das Argu­ment: „Das Gesetz kann nicht grund­rechts­wid­rig sein, weil es von demo­kra­tisch gewähl­ten Abge­ord­ne­ten ver­ab­schie­det wur­de.” Das Bei­spiel mit dem Ermäch­ti­gungs­ge­setz ist da nur eines – und sicher das radi­kals­te. Aber es reiht sich ein in mei­ne – von Herrn Heve­ling igno­rier­ten – ande­ren Bei­spie­le: Geset­ze, die ver­ab­schie­det wer­den und hin­ter­her der Demo­kra­tie gro­ßen Scha­den zufü­gen. Beson­ders bemer­kens­wert fin­de ich dabei übri­gens, dass mein dama­li­ges Bei­spiel „Vor­rats­da­ten­spei­che­rung” mitt­ler­wei­le ja auch vom Ver­fas­sungs­ge­richt kas­siert wor­den ist.

In den ver­gan­ge­nen zwei­ein­halb Jah­ren hat sich die poli­ti­sche Land­schaft nen­nens­wert ver­än­dert: Die Jus­tiz­mi­nis­te­rin fährt einen klar bür­ger­rechts­ori­en­tier­ten Kurs, der Innen­mi­nis­ter irr­lich­tert nicht ganz so hef­tig, die Fami­li­en­mi­nis­te­rin macht sich nicht will­fäh­rig zum Büt­tel der Lob­by­kra­tie. Vor allem aber ist das The­ma und das Pro­blem­be­wusst­sein in der Öffent­lich­keit viel prä­sen­ter und die Öffent­lich­keit ist viel kri­ti­scher. Ich wage zu behaup­ten, dass eine der­ar­ti­ge Holz­ham­mer­me­tho­de, wie sie Frau von der Ley­en 2008/2009 durch­ex­er­ziert hat, heu­te wesent­lich frü­her gestoppt wür­de. Und genau das zeigt, dass es eben nicht dar­auf ankommt, wie ein Gre­mi­um ver­fasst ist, son­dern was es für Ent­schei­dun­gen fällt. Mei­ne Argu­men­te von 2009 gel­ten unver­än­dert wei­ter und ich wür­de sie jeder­zeit wie­der so hinschreiben.

Herr Heve­ling, ich freue mich, dass Sie mein klei­nes Blog für Ihre Rede her­an­zie­hen. Aber mir scheint, Sie haben mei­ne Argu­men­ta­ti­on irgend­wie miss­ver­stan­den. Lei­der stel­len Sie dadurch mich und mei­ne Inten­ti­on ein wenig falsch dar, des­halb möch­te ich doch klar­stel­len: Auch mir ist an einem Inter­net gele­gen, in dem Spiel­re­geln gel­ten. Die­se aber bit­te auf der Grund­la­ge gesell­schaft­li­cher Ent­schei­dungs­pro­zes­se und der frei­heit­lich-demo­kra­ti­schen Grund­ord­nung – und nicht im fes­ten Glau­ben an ein Par­la­ment, das es kraft sei­ner Ver­fasst­heit „schon rich­ten” wird. Inso­fern haben Sie da völ­lig an mei­nen Argu­men­ten vor­bei­ge­schrie­ben bzw. ‑gere­det. Es geht nicht um Anar­chie, Ideo­lo­gie oder Fana­tis­mus – es geht um Frei­heit! Und die rich­tet man nicht zu Grun­de, indem man sie ein­for­dert! Auch hier lie­gen Sie und die von Ihnen zitier­te FAZ völ­lig falsch.

Ich selbst habe zu dem The­ma übri­gens auch etwas gesagt:

Wir wer­den nicht nach­las­sen, wir wer­den nicht klein beige­ben und wir wer­den so lan­ge für unse­re Rech­te kämp­fen, bis die­ses Gesetz auf dem Müll­hau­fen gelan­det ist, auf den es gehört.

Mis­si­on erfüllt. Und damit ist das The­ma hier hof­fent­lich end­gül­tig durch.

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