Ruhrbarone auf Zensursula-Niveau 18


Die Ruhr­ba­ro­ne haben sich aus gege­be­nem Anlass mit Äuße­run­gen eines Pira­ten­par­tei-Mit­glieds im Wiki zum The­ma Kin­der­por­no­gra­fie beschäftigt.

Man kann wohl sagen, dass sie die Ansich­ten des Mit­glieds nicht teilen.

Wie sie dies aber argu­men­ta­tiv auf­ar­bei­ten, das ist schon ziem­lich schlecht. Ein paar Aus­zü­ge. Zum The­ma „Kin­der­por­no­gra­fie” all­ge­mein heißt es:

Kurz: er for­dert [in sei­nen Wiki­sei­ten] zumin­dest Teil­wei­se die Frei­ga­be des kri­mi­nel­len Drecks.

Das ist – mit Ver­laub – sehr kurz und falsch. In den Über­le­gun­gen geht es zunächst mal um den Begriff „Kin­der­por­no­gra­fie”, der vom Autor als pro­ble­ma­tisch ange­se­hen wird. Dem schlie­ße ich mich an. Es ist ein sehr unschar­fer Begriff, in dem irgend­wie „Sex”, „Kin­der”, „Bil­der” und ande­re Dar­stel­lungs­ar­ten ver­mengt wer­den. Genau die­se Unschär­fe macht aus dem Begriff aber einen Kampf­be­griff, ver­hin­dert eine fun­dier­te Aus­ein­an­der­set­zung und öff­net einer will­kür­li­chen Inter­pre­ta­ti­on Tür und Tor. Das wird mei­nes Erach­tens durch­aus zu Recht angeprangert.

Statt „Kin­der­por­no­gra­fie” den Begriff „kri­mi­nel­ler Dreck” zu ver­wen­den führt aller­dings noch wei­ter von einer fun­dier­ten Aus­ein­an­der­set­zung weg.

Wei­ter heißt es bei den Ruhrbaronen:

Ja ver­dammt, ich ver­lan­ge von einem Kin­der­schän­der, dass er sein Leben lang abs­ti­nent bleibt. Sonst geht er in den Knast und zwar zu recht.

Ich for­de­re das nicht. Solan­ge er Kin­der in Ruhe lässt und ansons­ten ein­ver­nehm­lich mit Part­nern umgeht, ist mir sein Sexu­al­le­ben völ­lig egal und es ist auch nicht straf­recht­lich relevant.

Kin­der­por­no­gra­fie ist Kin­der­por­no­gra­fie ist Kin­der­por­no­gra­fie. Die­se Ver­nied­li­chung mit „Doku­men­ta­ti­on der Hand­lun­gen nach §176“ ist erbärm­lich. Das Foto­gra­fie­ren und Abfil­men der Ver­ge­wal­ti­gung eines Kin­des ist ein mie­ses Ver­bre­chen für das die Typen in den Knast gehören.

Und da wären wir genau bei dem Pro­blem: Unter Straf­rechts­aspek­ten ist Kin­der­por­no­gra­fie eben nicht nur „das Foto­gra­fie­ren und Abfil­men der Ver­ge­wal­ti­gung eines Kin­des”, son­dern – ich kann es nicht anders sagen – irgend­was. In Social Net­works wur­den schon Nut­zer­sei­ten gesperrt, weil der Inha­ber ein Kin­der­fo­to von sich selbst von vor 40 Jah­ren am Strand ein­ge­stellt hat (URL anyo­ne?). Inso­fern ist die For­mu­lie­rung mit der „Doku­men­ta­ti­on” kei­ne „Ver­nied­li­chung”, son­dern eine wich­ti­ge Konkretisierung.

Es geht wei­ter mit der nächs­ten absur­den For­de­rung […]. Er will Kin­der­por­no­gra­fie zumin­dest teil­wei­se lega­li­sie­ren. Und zwar sol­len die Ver­ge­wal­ti­gungs­op­fer- wenn sie 18 sind – die Fil­me und Fotos ihrer Ernied­ri­gung, ihrer Zer­stö­rung, ihres Miss­brauchs, ihrer see­li­schen und kör­per­li­chen Fol­ter frei­wil­lig frei­ge­ben „der Öffent­lich­keit zur Ver­fü­gung gestellt wer­den”. Damit ande­re Ver­ge­wal­ti­ger sich dar­an auf­gei­len können.

Die­se Stel­le im Ruhr­ba­ro­ne­text fin­de ich beson­ders per­fi­de. Zunächst wird ver­kürzt die Idee geschil­dert, dass das Miss­brauchs­op­fer über die Doku­me­na­ti­on selbst ver­fü­gen kön­nen soll. Dar­über kann man sicher­lich geteil­ter Mei­nung sein und ich weiß auch nicht, ob ich die­se Idee gut fin­de. Aber dann als ein­zi­ges erläu­tern­des Sze­na­rio beschrei­ben, dass die Doku­men­te dann auf irgend­ei­ne Wei­se ver­öf­fent­licht wer­den und als Sti­mu­lanz die­nen – das ist schon har­ter Tobak. Von einer sol­chen Ver­ket­tung ist in dem Ori­gi­nal­text über­hauptk­ei­ne Rede.

Nein nein, lie­be Ruhr­ba­ro­ne, euer Text ist kein biss­chen eine fun­dier­te Aus­ein­an­der­set­zung mit dem The­ma. Er ist nicht mal eine fun­dier­te Pole­mik. Er ist ein­fach nur bil­li­ger, schlech­ter Popu­lis­mus. Ihr ver­wen­det hier den Begriff „Kin­der­por­no­gra­fie” naht­los wie unse­re geschätz­te Fami­li­en­mi­nis­te­rin – als Tot­schlags­be­griff, mit dem man eine Behaup­tung in den Raum stellt und jeden nie­der­brüllt, der nicht sofort und erge­benst „natür­lich, du hast voll­kom­men Recht” sagt. Genau auf die­se Wei­se wur­de vor gar nicht all­zu lan­ger Zeit ein Zen­sur­ge­setz in Deutsch­land durch den Bun­des­tag gepeitscht und euer Arti­kel zeigt mir, dass ihr dar­aus nichts, aber auch gar nichts gelernt habt.

Man kann über die Ansich­ten, die ihr aus dem Pira­ten­wi­ki zitiert, ver­schie­de­ner Mei­nung sein – und in der Pira­ten­par­tei ist man dies auch. Aber es scha­det nicht, dann wirk­lich mit Argu­men­ten zu arbei­ten. Das geht auch bei einem The­ma wie „Kin­der­por­no­gra­fie”. Das bil­li­ge Rum­kra­kee­len soll­te man ande­ren über­las­sen, Uschi von der Ley­en, Sascha Raa­be und wie sie alle hei­ßen kön­nen das viel besser.

Ihr schließt eure Aus­ein­an­der­set­zung mit einem Zitat aus dem Wikiartikel: 

Für die Moral ist die Kir­che zustän­dig, nicht der Gesetzgeber.

Dazu sage ich: Für eine fun­dier­te Aus­ein­an­der­set­zung sind jeden­falls nicht die Ruhr­ba­ro­ne zuständig.

Nach­trag

Mitt­ler­wei­le hat sich Aaron Koe­nig vom Bun­des­vor­stand bei den Ruhr­ba­ro­nen im (mitt­ler­wei­le nicht mehr ver­füg­ba­ren) Inter­view zu Wort gemel­det. Kei­ne neu­en Beschlüs­se, Ver­weis auf 2009-07-16, aber noch­mal die Vor­stands­sicht auf die Dinge.


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18 Gedanken zu “Ruhrbarone auf Zensursula-Niveau

  • daMax

    Vie­len Dank für die­sen Arti­kel. Du sprichst mir aus der See­le. Der ver­quas­te Quark von Herrn Schra­ven ist wirk­lich pein­lich und ich bin zu müde, mich dazu zu äußern. Gut, dass du es schon getan hast, das erspart mir die ScheißSchreib­ar­beit 🙂

  • WB

    Das Schlimms­te ist, wie die „Pira­ten” ihren „Mei­nungs­frei­heits­fe­ti­schis­ten” in Schutz neh­men. Einer, der for­dert, dass die Juden Deutsch­land zu ver­las­sen hät­ten, mit dem zyni­schen Hin­weis, dies­mal dürf­ten sie ihr Hab und Gut auch mit­neh­men. Davon hat er sich übri­gens nie distan­ziert, der Mei­nungs­frei­heits­fe­ti­schist. Euch feh­len die Wer­te, die jeder Poli­tik zugrun­de zu lie­gen haben. So ein­fach ist das.

  • Michi

    Bodo kann mei­net­we­gen labern, was er will. Es herrscht ja nun mal Mei­nungs­frei­heit. Aber er soll sich gefäl­ligst eine eige­ne Büh­ne suchen und nicht dazu das par­tei­ei­ge­ne Wiki miß­brauchen. Alles was er an geis­ti­gen Müll dort rein­schreibt, wird für außen­ste­hen­de als Par­tei Aus­sa­ge gewertet. 

    Am bes­ten, er sucht sich mal lang­sam Arbeit, dann ver­ge­hen ihm auch die Flausen.

  • sha

    „> Damit ande­re Ver­ge­wal­ti­ger sich dar­an auf­gei­len können.

    Die­se Stel­le im Ruhr­ba­ro­ne­text fin­de ich beson­ders perfide. [..]
    Von einer sol­chen Ver­ket­tung ist in dem Ori­gi­nal­text über­hauptk­ei­ne Rede.”

    Doch. Er beschreibt die aus­sichts­lo­se Lage eines armen, iso­lier­ten Pae­do­phi­len: „Bücher, Zeich­nun­gen usw. die der sexu­el­len Befrie­di­gung die­nen könn­ten, sind alle ver­bo­ten”, und moech­te durch die Entkriminalisierung/Freigabe von sol­chem Mate­ri­al, sofern die Opfer denn damit ein­ver­stan­den sind, eine „Ver­mei­dung wei­te­rer Miß­brauchs­op­fer” errei­chen. Anders kann ich die Argu­men­ta­ti­ons­li­nie nicht verstehen.
    Ich bin zwar erstaunt, in wel­chen Dimen­sio­nen der Herr Thie­sen lebt, moech­te die For­de­rung an die­ser Stel­le aber weder bewer­ten, noch den Ruhr­ba­ro­ne-Arti­kel gutreden.

    Gruss

  • Gerit

    Klar habe sich die Ruhr­ba­ro­ne die Rosi­nen aus Bodos Wiki her­aus­ge­pickt. Aber wenn ich gegen den Wind pink­le wer­de ich halt auch nass. 

    Ich weis nicht was ich schlim­mer fin­den soll:

    (a) Bodos grenz­wer­ti­ge bzw. dubio­sen Aussagen
    (b) Sei­ne feh­len­de Fähig­keit zur Selbst­re­flek­ti­on (was wird sein nächs­tes Fettnäpfchen ?)
    © Dirk der uns das noch „ver­kau­fen” will.
    (d) Die feh­len­de Cou­ra­ge des Vor­stan­des mit sol­chen Situa­tio­nen umzugehen. 

    Bit­te lie­be Pira­ten, bit­te bekommt das in den Griff !!!
    Ich will eine Par­tei die sich mit wich­ti­gen Din­ge aus­ein­an­der setzt und nicht mit Bodos geis­ti­gem Dünnpfiff.

    Die­ser Bodo mit sei­nen grenz­wer­ti­gen Außer­un­gen ist dazu jedoch wohl nicht in der Lage. Dirk soll­te mit dem Typen mal lie­ber reden anstatt die­ses Trei­ben erklä­ren zu wollen. 

    Ich sehe gro­ßes Poten­ti­al für die Pira­ten aber wenn man wie Bodo

  • Jens Müller

    „Wei­ter heißt es bei den Ruhrbaronen:

    Ja ver­dammt, ich ver­lan­ge von einem Kin­der­schän­der, dass er sein Leben lang abs­ti­nent bleibt. Sonst geht er in den Knast und zwar zu recht.

    Ich for­de­re das nicht. Solan­ge er Kin­der in Ruhe lässt und ansons­ten ein­ver­nehm­lich mit Part­nern umgeht, ist mir sein Sexu­al­le­ben völ­lig egal und es ist auch nicht straf­recht­lich relevant.”

    Hier geht es durch­ein­an­der – der Kern­punkt, daß ein Kin­der­SCHÄN­DER per defi­ni­tio­nem nicht abs­ti­nent ist, wird nicht ange­spro­chen. Anschei­nend wird die Gleich­set­zung Pädophiler=Kinderschänder kri­tik­los übernommen.

    Sonst ist der Arti­kel gut.

  • micha

    @beargeist: ich glau­be kaum das das so gemeint war. genau die­ser satz ist der ein­zi­ge satz den ich miß­ver­ständ­lich / dahin­ge­la­bert fin­de an bodos text. der rest ist zumin­dest nicht dahingelabert. 

    man beach­te auch in den kom­men­ta­ren der ruhr­ba­ro­ne die ant­wort von david an einen kom­men­tie­ren­den: http://​www​.ruhr​ba​ro​ne​.de/​d​i​e​-​p​i​r​a​t​e​n​-​u​n​d​-​d​i​e​-​k​i​n​d​e​r​s​c​h​a​n​d​e​r​/​#​c​o​m​m​e​n​t​-​2​3​825

    so gut ich deren enga­ge­ment im (netz)politischen bereich fin­de, so erschre­ckend fin­de ich die­se akti­on von david im moment. ich hof­fe er kommt bald zur ruhe und kann dann wie­der klar denken.

    bei den gan­zen nega­ti­ven äuße­run­gen zu sei­nem arti­kel kann ich ver­ste­hen dass er jetzt etwas hit­zig reagiert, aber der arti­kel selbst ist unter­ir­disch polemisch

  • beargeist

    Oha! Der Kir­che die Moral über­las­sen? Das ist eine sehr schlech­te Idee. Man schaue sich nur die The­men Kon­do­me, Hexen und gene­rell die letz­ten 2000 Jah­re an. Moral kommt aus dem Men­schen. Und zwar aus allen. Auch ohne Gott und Kirche.

  • Slash

    Zu dei­nem letz­ten Absatz, Chris­toph Wagner:

    Sol­len wir ab jetzt erst mal unse­re sach­lich-kon­struk­ti­ven Denkansätze
    auf Medi­en­ver­träg­lich­keit fil­tern ? Wohl kaum, wir sind doch nicht die SPD.

  • Christoph Wagner

    Neben­bei haben er (David) bei den Ruhr­ba­ro­nen indi­rekt auch MOGiS Ver­harm­lo­sung von Kin­der­por­no­gra­phie vor­ge­wor­fen. Sagt ja in etwa alles.

    Tut aber nichts zur Sache das Bodo anschei­nend nicht im Ansatz drü­ber nach­ge­dacht hat wel­che Außen­wir­kung sei­ne Aus­sa­gen (schon wie­der) haben.