Man stelle sich mal vor: In einer großen Gruppe mit dem Fahrrad mitten auf den Hauptstraßen Hannovers fahren, Ampeln ignorieren und das ganze auch noch erlaubt und mit Polizeieskorte – das wär’ was.
Nun, einige Male pro Jahr geht dieser Wunsch in Hannover in Erfüllung. „VeloCityNight” heißt die Veranstaltung und ähnlich wie die erfolgreichen „Skate by Night”-Fahrten geht es zwei Stunden lang auf einer festgelegten Strecke durchs Stadtgebiet. Am Samstag war’s mal wieder so weit – und ich war mit etwa 2000 anderen Radfahrern dabei.
Dies ist eine interaktive Karte!
VeloCityNight macht Spaß – das kann man nicht anders sagen. Wenn die ganze dreispurige Vahrenwalder Straße, der Schiffgraben oder sogar die Raschplatzhochstraße von vielen hunderten Radfahrern befahren wird, die sich eben nicht auf dem engen Fahrradweg drängeln müssen, sondern direkt auf der Fahrbahn fahren können. Solche Fahrten sind ein unmittelbarer Beweis dafür, wie geeignet das Fahrrad als städtisches Fortbewegungsmittel – zumal in einer flachen Stadt wie Hannover – ist: Platzsparend, sehr flexibel und vor allem quasi geräuschlos. In solchen Fahrradtouren hört man die begleitenden Polizeimotorräder immer schon auf mehrere Hundert Meter – weil die Fahrräder kaum zu hören sind.
Veranstaltungen wie VeloCityNight sind aber auch gesellschaftlich und politisch wichtig: Sie rücken das Fahrrad wenigstens für einen Moment ganz anders als sonst in das öffentliche Bewusstsein. An den für jeweils etwa fünf Minuten blockierten Kreuzungspunkten sind die VeloCityNight-Radler promient sichtbar, sie werden wahrgenommen. Hannover hat bereits einen bemerkenswert hohen Anteil an Radfahrern im Verkehr und will diese Zahl weiter ausbauen – dafür muss man dem Fahrrad aber auch auf angemessene Weise Platz im Verkehrsraum schaffen. Die klassischen 80-Zentimeter-Radwege oder die noch schlimmeren „Schutzstreifen” am Fahrbahnrand (Schutz wovor eigentlich?) sind da meines Erachtens nicht mehr ausreichend. Eigentlich müsste es VeloCityNights oder vergleichbare Veranstaltungen viel häufiger und zu anderen Zeiten als abends geben.
Die VeloCityNight wird von dem privaten Veranstalter Soulstyle organisiert – und meines Wissens ohne direkte öffentliche Zuschüsse. Stattdessen sind wohl private Sponsoren dabei – und das Startgeld, das pro Teilnehmer 2 Euro beträgt und beim Start durch Kauf eines Mitfahrerarmbändchens entrichtet wird. Interessant wäre die Frage, ob und wie der private Veranstalter für den Polizeieinsatz aufkommt. Angesichts der gesellschaftlichen Relevanz (siehe oben) sehe ich das aber ehrlich gesagt relativ entspannt; außerdem wurden die meisten Sicherungsaufgaben während der Fahrt von (ehrenamtlichen?) eigenen Ordnern durchgeführt und die Anzahl der Polizisten ist bei anderen Anlässen wie z.B. Fußballspielen um ein Vielfaches höher.
Organisatorisch ist das ganze relativ rund gelaufen. Die Route war klar und auch gut passierbar. Etwas mehr Gedanken könnte man sich um die eine oder andere Engstelle machen – an den einspurigen Rechtsabbiegern von der Hamburger Allee in die Vahrenwalder Straße oder von der Arndtstraße in die Hamburger Allee wurde es doch ziemlich fummelig. An solchen Stellen sollte aktiv auf die (ansonsten nicht erlaubte) Abbiegemöglichkeit über die Hauptfahrspuren hingewiesen werden. Die kostenlose Wasserversorgung am Zwischenstopp und am Ziel hat sehr gut funktioniert. Das linksseitige Überholen der Ordner hingegen – die ja an ihrer Warteposition immer das komplette Feld abwarten und dann wieder nach vorn fahren müssen – nur begrenzt. Hier wäre vielleicht zu überlegen, ob im Rahmen des Bändchenverkaufs kleine Merkzettel mit den allerwichtigsten Informationen verteilt werden könnten. Andererseits: Auch so hat alles im geplanten Zeitrahmen und ohne ernsthafte Unfälle geklappt. Warum nicht auch mal darauf bauen, dass die Leute gar nicht so doof sind und sich das schon zurechtruckeln wird…
Fazit: Ein schöner Abend, eine schöne Tour. Am 26. Juli und am 16. August 2013 sind die nächsten Touren. Ich bin dabei – und jedem, der gerne Fahrrad fährt, kann ich nur empfehlen, auch zu kommen. Los geht’s jeweils um 20 Uhr am Klagesmarkt, meiner Erfahrung nach reicht es, 10 – 15 Minuten vor dem Start einzutreffen – es sein denn, man will das Bühnenprogramm sehen und dort vielleicht sogar etwas gewinnen…
Hallo Dirk, Hallo alle Mitlesenden,
wenn ihr häufiger in Gruppen fahren wollt und das Fahrrad in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken wollt, gibt es noch die Möglichkeit, an der monatlich stattfindenden Critical Mass teilzunehmen. es gibt zur VCN allerdings ein paar Unterschiede: es kostet keinen Pfennig (wir fahren ja schließlich nur Rad), wir müssen (und wollen!!) uns an die StVO halten und es ist keine Spaßveranstaltung, obwohl wir immer viel Spaß haben 🙂
Also, kommt dazu! Infos zur nächsten Critical Mass am 28.Juni findet ihr auf unserer kleinen Infoseite criticalmasshannover.wordpress.com, bei twitter (@critmasshann) oder bei Facebook!
Viele Grüße und sichere Fahrt.