Ich bitte um Aufmerksamkeit für ein etwas älteres Fundstück, auf das ich über Twitter gestoßen bin. Am 2007-11-01 war Dieter Bohlen zu Gast bei Johannes B. Kerner. Nun mag man über beide Gesprächspartner denken, was man will, aber war der Dieter da gesagt hat, das ist schon bemerkenswert:
Kerner: Mit Platten kann man kein Geld mehr verdienen.
Bohlen: Richtig.
Kerner: Nur noch auf Tournee.
Bohlen: Richtig. […] Mit Platten kann man heute kein Geld mehr verdienen. […] Deshalb gehen die jetzt alle auf Tournee weil das Tourneegeschäft läuft ganz toll und alle Leute downloaden das – die Musik.
Kerner: Aber das kostet ja auch was.
Bohlen: Ja, aber da zahlt ja kein Mensch was für. Ich finde diese ganze Diskussion – diese jungen Menschen in die Nähe von Strafbarkeit zu rücken, ja, das die da was Verbotenes machen, finde ich absoluten Schwachsinn – weil, erstmal gibt die Industrie denen die Möglichkeit, das zu machen – schafft die Hardware, verdient da mit dran – sagt denen: „Hier sind die Programme, könnt ihr’s downloaden”. Ist zu dir denn oder zu mir denn damals einer gekommen und hat gesagt, wir dürfen am Radio nicht mehr sitzen und diese Sachen aufnehmen? […] Wir haben doch früher alle vor unseren Radios gesessen und haben da die Hitparaden aufgenommen. Was machen die denn jetzt anderes? Gar nix! […] Ich hab’ ja damals auch nichts gesagt, wenn die Leute sich das aus dem Radio abkopiert haben. Du kannst doch den Leuten nicht irgendwie sagen: „Hier ist ein Hammer, aber jetzt hau den Nagel nicht in die Wand, du!”
Kerner: Also du würdest sagen: Musik im Netz freigeben?
Bohlen: Ach, klar. Machen doch auch viele schon. Meine Sachen… wenn man da auch die richtigen Plätze geht, dann kann man das auch alles downloaden. (lacht)
Kerner: Ich habe das so von einem Künstler noch nicht gehört. Es gibt ja sogar große Vereinigungen, die sich zusammenschließen, ganz viele Künstler, die sagen, wir müssen unser geistiges Eigentum schützen.
Bohlen: Ist doch Quatsch. Die Zeit ist jetzt hier angekommen, die haben den jungen Leuten das gegeben, und die sollten die jetzt nicht irgendwie in ’ne kriminelle Ecke rücken.
Kerner: Das heißt der Künstler soll einfach seine Musik machen, die soll downgeloadet werden, dann hören’s viele und dann geht er eben auf Tournee und wenn die Leute sich das live anhören wollen, dann kostet ’ne Karte 45 Euro und dann holt er sich das Geld da ab.
Bohlen: Ja, so wird’s sein in der Zukunft.
Und wer diesen Dialog nicht glaubt:
An dieser Stelle hat sich Dieter Bohlen den Titel „Vordenker der Piratenpartei” redlich verdient. Aus dem Wahlprogramm der Piratenpartei, Kapitel „Immaterialgüterrechte”:
Anstatt den alten Geschäftsmodellen nachzutrauern und sie mit unzumutbaren Eingriffen in die Privatsphäre der Bürger künstlich am Leben zu erhalten zu wollen, fordern die PIRATEN dazu auf, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Diese Geschäftsmodelle sollen den Urhebern der digitalen Kulturgesellschaft ermöglichen, auf marktwirtschaftliche Art und Weise Erlöse aus der Verwertung ihrer Werke oder deren Umfeld zu erzielen, wenn sie dies anstreben.
Überholte Vermittlerfunktionen von Rechteverwertern, die in der Vergangenheit z.B. in der Unterhaltungsmusikindustrie zu hohen Renditen geführt haben, sind größtenteils nicht mehr zeitgemäß und werden in diesem Umfang keinen Bestand haben. Die Ausschaltung von Zwischenhändlern ermöglicht es, dass den Künstlern vom Erlös ihrer Werke ein größerer Teil verbleibt und direkter zufließt. Außerdem wird damit das Spektrum der Kulturszene deutlich erweitert.
Ich hätte ja nicht gedacht, dass ich das mal so sagen würde: Haste gut erkannt, Dieter.
Übrigens hat Dieter seit neustem sogar ein Blog, das „Bohlenblog”. Ich musste schmunzeln, als ich das sah: Ja, in etwa mit diesem Design hatte ich auch mal angefangen…
Was meinst Du eigentlich wie Dieter Bohlen sein Geld verdient?
Der macht sich zum Casting-Kasper bei DSDS, dafür bekommt er schon mal viel Geld. Dann sucht er sich ab und zu einen der dort produzierten „Stars” wie z.B. seinen Mark Medlock aus. Den nimmt er dann unter Vertrag, produziert drei, vier Wegwerfnummern mit ihm und schickt ihn zu „The Dome”. Dort arbeitet RTL mit C&A und „The New Yorker” zusammen, und da wird dann letztlich nochmal den Kindern das Taschengeld abgenommen.
Christina Aguilera verkauft kleinen Mädchen Parfum.
Lady GaGa plant eine „Modeserie”.
Ist es das was Du willst? Eine vollkommen überkommerzialisierte MI, bei der Musik nur noch austauschbarer und eben wertloser Anheizer für eine straff organisierte mehrstufige Merchandising-Kette ist?
Die Werbebeilage zum Teenie-Gimmick, bei der die nächste schon in der Pipeline ist wenn die eine gerade anläuft?
Das macht die MI schon lange! Die CD ist entwertet, und damit die Musik selber auch. Guck Dir mal an was in den Tauschbörsen getauscht wird: Genau der Kommerz-Müll der MI!
Klar, daß Dieter Bohlen nichts dagegen hat. Der ist Diplom-Kaufmann (und dabei offensichtlich besser als als Musiker …)
Ohne es zu merken arbeitet ihr genau an dieser Überkommerzialisierung mit. Da habt ihr euer „neues Modell”! Die MI jammert zwar, die will am liebsten beides, die Einnahmen aus der Musik und dem Merchandising, hat aber intern schon lange auf „Plan B” umgeschaltet.
Durch die Entwertung der Musik bleibt dabei aber eine lebendige, vielfältige Musikszene auf der Strecke, und genau das sehen wir ja in den letzten Jahren. Was meinst Du denn warum so viele weniger bekannte Musiker und Bands eure Positionen zum Urheberrecht ablehnen? Bei denen funktioniert das nämlich nicht! Und bei denen geht es auch noch um die Musik.
Habt ihr auf dem Bundesparteitag nicht selber festgestellt, daß ihr den Kontakt zu den Künstlern wohl vernachlässigt habt? Und nun kürst Du ausgerechnet Bohlen zum “Vordenker der Piratenpartei”?! Da scheinst Du ja richtig viel von der Musikbranche verstanden zu haben …
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Nur zur Info über das Bohlen-Blog:
http://www.bohlenworld.de/forum/viewtopic.php?t=795
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Lol. Krasse Werbung hat der da auch auf seinem „Blog”
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Naja, das Blog hat mit Dieter Bohlen wohl ebenso viel zu tun wie mit Papst Ratzi I.
Super Statement. Das Bohlen kein dummer Mensch sein kann wusste ich schon länger – immerhin hat er Erfolg, doch dass er diese Meinung vertritt ist auch mir neu. Da stellt man wieder fest, dass wir die Realisten sind und eben die anderen die Träumer, die ihr bröckelndes Märchenschloss versuchen aufrecht zu erhalten.
gruß Yopperau