Nach etlichen Politikartikeln zur Abwechslung mal was, das nur mittelbar damit zu tun hat: Hannover-Berlin mit der Bahn dauert momentan nicht 1 Stunde und 40 Minuten, sondern 30 Minuten länger. Das liegt an Bauarbeiten zwischen Spandau und Charlottenburg. Statt die ICE nun aber einfach über den Nordring und dann nach Hauptbahnhof (unten) zu führen, hat man sich für eine kleine Odyssee entschieden:
Unmittelbar hinter dem Bahnhof Wustermark wechselt der ICE von der Schnellfahrstrecke auf die Stammbahn, die hier gerade wieder elektrifiziert ist und fährt dann über die südwestliche Verbindungskurve auf den Berliner Außenring. Hier fährt sonst nur Regional- und jede Menge Güterverkehr. Nach einer gefühlten halben Ewigkeit geht es dann über die nächste Verbindungskurve nach Potsdam/Wildpark und über Potsdam, Wannsee und durch den Grunewald nach Charlottenburg und auf die Stadtbahn. Macht insgesamt etwa 30 Minuten mehr Fahrzeit. Und zwar in beide Richtungen.
Die Strecke auf dem Außenring ist historisch gesehen nicht uninteressant: Der gesamte Außenring wurde erst in den 1950er Jahren von der DDR gebaut um die auf Berlin zulaufenden Eisenbahnstrecken außerhalb von Westberlin verknüpfen und an die Bahnhöfe im Osten heranführen zu können. Gerade hier, westlich von Westberlin, war man ansonsten ziemlich abgehängt.
Mittlerweile haben sich die Verkehrsströme ja nun radikal geändert (ein bisschen ist das mit der Maueröffnung ja auch schon her). Ich bin hier vorher noch nie langgefahren. Da die Eisenbahnstrecke aber eher strategischer Natur und vor allem für den Güterverkehr wichtig ist, wusste ich, dass man eher nicht durch die Siedlungszentren durchfährt. In der Tat geht es meistens an den Orten vorbei. Das hat den Bahnhöfen nicht gut getan. Im Einzelnen:
- Priort gibt es noch und es sieht so aus, als wären die Bahnsteighäuschen und Aufgänge immer noch die DDR-Originale, bloß mittlerweile halt sehr heruntergekommen, zugeschmiert und kaputt.
- Satzkorn ist geschlossen. Man kann die Bahnsteige noch erkennen, das Empfangsgebäude hingegen ist verrammelt und verfällt massiv. Insbesondere ist der Bahnhofsname mittlerweile nur noch schwer zu erkennen.
- Marquardt gibt es noch und der Erhaltungszustand ist mit dem des Bahnhofes Priort vergleichbar.
- Bornim Grube (vom Namen her mein Lieblingsbahnhof auf dieser Strecke…) ist geschlossen und geradezu dem Erdboden gleich gemacht. Die Bahnsteige sind verschwunden und das Empfangsgebäude sieht noch wesentlich mehr nach Verfall aus als das in Satzkorn.
- Golm schließlich ist der einzige Bahnhof, der wesentlich modernisiert wurde. Die Bahnsteige sind neu und hoch. Offensichtlich versucht die Gemeinde, am Bahnhof eine Art Gewerbegebiet hochzuziehen, allerdings ist die Baudichte noch nicht besonders hoch. Besonders schön ist ein Kreisel auf der Zufahrt zum Bahnhof, an den bislang nur an zwei Seiten Straßen angeschlossen wurden.
Unmittelbar südlich von Golm befinden sich Gleisverbindungen in alle Richtungen und die Verbindungskurve Richtung Potsdam zweigt ab. In Potsdam kommt dann auch die Strecke aus Magdeburg dazu, auf der die ICE zwischen Hannover und Berlin vor Eröffnung der Schnellfahrtstrecke über Stendal fuhren. Ab hier ist mir dann also alles wieder bestens bekannt.
Diese außergewöhnliche Betriebsführung gilt momentan wohl tatsächlich für alle Fern- und Nahverkehrszüge (Linie RE2). Wer also den Außenring noch nie oder schon lange nicht mehr gesehen hat und irgendwie in die Richtung muss – noch bis 4. Juli bietet sich die Möglichkeit, die kleine Stadtumrundung sozusagen „im Fahrpreis inbegriffen” zu bekommen.
Und was hat das jetzt „mittelbar” mit Politik zu tun? Richtig: Für die Phoenix-Geschichte vom Montag musste ich ja nach Berlin. Und am heutigen Donnerstag geht’s nochmal für verschiedene Termine hin. Demnächst mehr in diesem Theater…
Vieleicht nach Berlin ziehen?