Seien wir ehrlich: Ich werde alt. 🙁 Anfang der 1970er Jahre geboren, war es für mich geradezu eine technische Offenbarung, als ich irgendwann so Mitte der 1980er Jahre mit einem tragbaren Kassettenabspieler meine eigene Musik immer und überall hören konnte. Ich glaube, ich hatte drei Generationen von diesen Geräten. Sie wurden immer billiger, brauchten immer weniger Strom und wurden immer kleiner. Mein letztes Gerät, ich müsste direkt mal danach suchen, war nur noch ein bisschen größer als die Kassette. Ich habe die Geräte noch bis in die späten 1990er Jahre benutzt. 1999 habe ich mir einen tragbaren CD-Spieler gekauft (hat nicht lange gehalten) und 2002 den ersten MP3-Spieler. Heute übernimmt das Abspielen von Musik unterwegs mein Handy und die Speicherkarte fasst zehn Stunden Musik auf der Größe meines Fingernagels.
Wie lang diese Zeit mittlerweile her ist, wurde mir klar, als ich jetzt den Bericht von Scott Campbell gelesen habe. Scott ist 13 und hat für eine Woche seinen den 30 Jahre alten Walkman seines Vaters „getestet”. Also, ihn statt seines iPod zum täglichen Musikhören genutzt. Und wenn ich seinen Artikel „Giving up my iPod for a Walkman” lese, merke ich, wie alt ich mittlerweile eigentlich bin…
Deutsche Übersetzung von mir
Mein Vater hatte mir erzählt, dass das Gerät groß sei, aber ich ahnte nicht WIE groß. Das war die Größe eines kleinen Buches. […]
Im Schulbus gab es großes Gelächter. Ein Junge sagte: „Keiner benutzt sowas heute noch.” […]
Meine Freunde konnten sich nicht vorstellen, dass ihre Eltern so ein monströses Gerät benutzt hatten, aber sie hatten schon Interesse daran, was das für ein Ding war und wie es funktionierte. In einigen Schulstunden hörte ich Musik und ein Lehrer erkannte das Gerät wieder und wurde nostalgisch.
Ich brauchte drei Tage um herauszufinden, dass die Kassetten zwei Seiten haben. Aber das war nicht mein einziger naiver Irrtum. Ich hatte den „Metal/Normal”-Schalter am Walkman zunächst für einen Genre-spezifischen Equalizer gehalten. Später bekam ich dann raus, dass damit eigentlich zwischen der Wiedergabe verschiedener Kassettentypen umgeschaltet wurde.
Eine andere Funktion, die der iPod hat und die dem Walkman fehlt, ist die Zufallswiedergabe. […] Ich bin dann auf die Idee gekommen, die Funktion über die Spultasten zu simulieren. […] Die Warnungen meines Vater zu diesem Vorgehen riefen mir die Unterschiede zwischen heutigen Musikabspielern, die ohne bewegliche Teile auskommen, und der mechanischen Wiedergabe der alten Geräte ins Gedächtnis: „Walkmans essen Kassetten auf.”
In dieser Woche, in der ich den Walkman benutzt habe, wurde mir klar, wie wenig ich über diese Technik aus der Vergangenheit weiß. Ich machte eine Reihe von naiven Fehlern, aber ich habe auch viel gelernt über diesen Großvater der MP3-Spieler. […]
Persönlich bin ich schon froh, dass ich im digitalen Zeitalter lebe. Mit mehr Auswahl, mehr Funktionen und kleineren Geräten. Ich bin erleichtert, dass der Großteil des technischen Fortschritts schon vor meiner Geburt passiert ist, ich kann mir nämlich nicht vorstellen, ohne solch grundlegende Ausstattung durch den Tag zu kommen.
Wie gesagt, da schwanke ich zwischen Nostalgie und Erschrecken darüber, wieviel seit meiner eigenen Jugend technisch und anderweitig passiert ist. Den ganzen Text gibt’s, wie geschrieben, auf BBC News – allerdings auf Englisch.
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Sehr interessant – ich bin gerade mal 3 Jahre älter und bin verwundert, dass Scott anscheinend keine Ahnung hatte, wie ein Walkman funktioniert…
@Wick0r: In den USA ist es ganz normal, während des Unterrichts Musik zu hören, da es dort sowieso keine mündlichen Noten gibt. Also ist es gar nicht mal so unwahrscheinlich, dass er den Walkman mit zur Schule genommen hat.
Ich, als 17-jähriger, habe auch damals mal so einen Kasettenspieler benutzt. Ich weiß garnicht wann die ersten ‚Discmans’ rauskamen, jedoch stieg ich nie auf einen solchen um. Ist ja auch klar mit meinen vllt. 9 Jahren hatte ich mich wenig für Musik interessiert; als aber die ersten MP3-Player auf den Markt kamen war ich schon von Anfang an dabei, als man noch 70€ für 128 MB Chineimporte bezahlt hat. Das war ein krasser Umstieg damals. Danke für die Übersetzung übrigens, wobei ich mir nicht wirklich vorstellen kann dass er den mit zur Schule genommen hat usw.