Heute verschlägt es uns ins Ruhrgebiet. Essen hat, wie viele Städte dort, ein kombiniertes Straßen- und Stadtbahnnetz, das sich in so einer Art „permanent gewordenem Zwischenzustand” befindet. In den späten 1960er-Jahren begann im gesamten Ruhrgebiet eine Umwandlung des bis dahin flächendeckenden Straßenbahnnetzes in ein Schnellbahnnetz, das im Endzustand eine quasi vollständig niveaufreie U‑Bahn darstellen sollte. Dabei sollte sich die Zugkapazität enorm erhöhen, die Reisegeschwindigkeit auch und in den Innenstädten sollte das Netz vollständig in Tunnels verlegt werden.
Da die Gesamtbauzeit aber schon damals mit vielen Jahrzehnten prognostiziert war, sollten, so die Idee, die neu geschaffenen U‑Bahntunnels zunächst wo möglich und sinnvoll von den bisherigen Straßenbahnen genutzt werden. Die dabei unterschiedlichen Fahrzeugparameter, insbesondere Spurbreite und Einstiegshöhe des Wagens, würden dabei durch provisorische Bauzustände in den Stationen und bei den Gleisen überbrückt.
Das Resultat solcher „Zwischenzustände” können wir in Essen am Porscheplatz bewundern. Die Station wurde dem ursprünglichen Konzept nach gebaut, um zwei die Stadt durchkreuzende Stadtbahnstrecken zu verknüpfen. Von beiden Strecken existiert bis heute nur ein Torso, der in alle Richtungen unweit des Porscheplatzes endet und jedes der vier Enden an das Straßenbahnnetz Essens anknüpft.
So verkehren in der geplanten U‑Bahnstation heute niederflurige Straßenbahnfahrzeuge auf Meterspurgleisen. Die besonders gut ganz rechts am Gleis der Gegenrichtung zu sehenden Schwellen waren seinerzeit bereits für die breitere Normalspur (1435 mm statt 1000 mm Schienenabstand) vorgesehen und sollten nur „bis zum Umbau” mit der Spurweite der Straßenbahn ausgerüstet werden. Treppen und Rolltreppen werden vom U‑Bahn-Hochflurniveau auf die wesentlich niedrigeren Straßenbahnsteige mittels einer Rampe herabgeführt. Das verumständlicht den Zugang zu den Fahrzeugen noch zusätzlich – und dabei sind die 100 Meter langen U‑Bahnsteige schon völlig unpassend dimensioniert für die Straßenbahnfahrzeuge, die nur ein Drittel davon einnehmen.
Essen-Porscheplatz wird nie wie ursprünglich geplant in Betrieb gehen: Die beiden U‑Bahnstrecken für Essen sollen heute nicht mehr realisiert werden. Man braucht heute auch keine Hochflurfahrzeuge mehr für einen niveaugleichen Zugang – seit Ende der 1990er Jahre ist die Niederflurtechnik so weit, dass sich solche Fahrzeuge ohne größere Abstriche an der Qualität konstruieren lassen. Diese Fahrzeuge werden heute flächendeckend in Straßenbahnnetzen eingesetzt, so auch im Ruhrgebiet, sodass die Stadtbahnplanungen in vielen der dortigen Teilnetze heute nicht mehr weiterverfolgt werden.
Für die Nutzung einer Station wie am Porscheplatz bringen die somit dauerhaft gewordenen „Zwischenlösungen” die oben beschriebenen Nachteile in der Nutzung. Meines Wissens hat sich hier seit 2003 nichts Wesentliches geändert. In den nächsten 10 bis 15 Jahren müsste die nächste Generalüberholung der Station fällig sein. Es wird interessant zu sehen, was dann passiert; ob alles so bleibt wie bisher, ob man durch Neukonstruktion der Treppen und Rolltreppen eine bessere Anpassung an die niederflurigen Fahrzeuge erreicht oder ob es sogar Überlegungen geben wird, die Nutzung der unterirdischen Station ganz einzustellen. Bis dahin jedoch wird man sie weiter benutzen, diese U‑Bahnstation, die nie eine „echte” U‑Bahn gesehen hat.