Am Freitag, 2010-01-29, um 20:41 Uhr war es soweit: Einstimmig haben die anwesenden Piraten in der Gründungsversammlung die Gründung des Regionsverbands Hannover beschlossen. Ein paar kleine Änderungen am Satzungsentwurf gab es noch, aber genauso wie die gesamte Versammlung war er im Vorfeld schon so gut vorbereitet und intern diskutiert worden, dass wir zügig, geordnet und konstruktiv vorangekommen sind. Auch die anschließende Vorstandswahl klappte reibungslos, sodass wir um kurz nach 22:30 Uhr den Vorstand komplett hatten:
- Mit Jürgen Junghänel hat der Regionsverband Hannover einen Vorsitzenden, der so gar nicht in das „Nerd-Bild” passt, dass der Partei häufig von außen nachgesagt wird: 64 Jahre alt, Rentner und seit Mitte 2009 äußerst engagiert im Wahlkampf, später in den Diskussionen am Stammtisch und auch in den Onlinemedien der Partei.
- Ganz anders sein Stellvertreter: Patrick ist gerade mal 21 Jahre alt, noch in der Ausbildung, war aber schon Vorsitzender des Landesschülerrates Niedersachsen.
- Relativ spontan kandidiert hat Ronny als Schatzmeister – und ist dann auch prompt gewählt worden.
- Auch unsere drei Beisitzer Kai, Momo und Kai sind bereits seit vielen Monaten in der Region Hannover aktiv.
Für mich, der ich am Freitag die Versammlung geleitet habe, war es eine außerordentlich angenehme Erfahrung: „Sieh’ an”, habe ich mir gedacht, „es geht doch!” Keine klein-nickeligen Diskussionen, kein Rumgezicke, kein Disputieren um des Kaisers Bart. Wir haben in einer ausgesprochen gradlinigen Veranstaltung den Verband gegründet – und hatten auch noch Spaß dabei!
Ich halte die Gründung des Regionsverbands Hannover für einen sehr sinnvollen und geradezu zwingenden Schritt in der Entwicklung der Partei: Schon die schieren Zahlen zeigen die atemberaubende Entwicklung: 180 Mitglieder hat die Piratenpartei mittlerweile in der Region Hannover – das ist etwa dreimal so viel, wie es in ganz Niedersachsen zum Zeitpunkt der Landesverbandsgründung im Sommer 2007 gegeben hat. Und es sind aktive Mitglieder: 39 waren gestern zur Gründung anwesend, das sind mehr als 20%. Etwa genausoviele haben sich an einem spontan durchgeführten Meinungsbild beteiligt, zu dem nur per E‑Mail und Mailinglisten aufgerufen worden war. Ich halte es für extrem sinnvoll, dass diese Mitglieder jetzt eine verfasste Vertretung haben. Ein „offizieller” Regionsverband hat viel mehr Möglichkeiten als die bisher allein existierenden „Stammtische”: Er kann die lokalen Mitglieder gezielt ansprechen, Aktionen koordinieren, mit anderen politischen Gruppen vor Ort in Kontakt treten. Vor allem aber kann er auch dem Landesvorstand zuarbeiten und ihn entlasten. Bislang mussten für alle Verwaltungsaufgaben in der Region immer Landesvorstände hinzugezogen werden. Jetzt kann zumindest ein Teil der Arbeit vor Ort erledigt werden. Damit wirkt ein Regionalverband eben auch für die Landesebene (und mittelbar sogar für den Bund) überaus positiv. Das wiegt meines Erachtens auch das Argument auf, ein Regionsverband schaffe zusätzliche überflüssige Bürokratie. Die haben wir sowieso und je mehr Schultern sie tragen, desto besser.
Dann und wann ist es schon relativ anstrengend, sich in der Piratenpartei zu engagieren. Gerade letztens habe ich mich diesbezüglich einigermaßen frustriert geäußert und auch anderswo im Internet finden sich hier und da fragende Artikel. Solche Veranstaltungen wie gestern sind da das große Gegengewicht: Wenn wir so weitermachen, dann wird das hier stetig und erfolgreich voran gehen! Die Piratenpartei durchlebt gerade – teilweise sehr massive – Wachstumsschmerzen. Das ist eigentlich nicht verwunderlich: Von gut 900 auf knapp 12.000 Mitglieder in nur zwölf Monaten, das muss hier und da zu Verwerfungen führen. Allgemein denke ich, dass die Gründung von Strukturen unterhalb der Landesverbände jetzt genau der richtige Weg ist, die Partei innerlich zu festigen und nach außen schlagkräftig zu machen: Mit Kreis- und Regionsverbänden kommt zum einen eine kommunalpolitische Komponente in die Partei, die für einen dauerhaften politischen Erfolg unverzichtbar ist. Und zum anderen schließen sie eine Lücke zwischen den Vorständen und der „Basis”, die allein auf Grund der Mitgliedszahlen in den Landesverbänden riesengroß geworden ist und in der Vergangenheit schon einige Male zu Missverständnissen, Frust und bösem Blut geführt hat. Ein Vorstand auf regionaler Ebene ist jetzt wieder so nah an den Mitgliedern wie in seiner Anfangszeit der Landesvorstand – vielleicht sogar wegen des lokalen Bezugs noch näher. Andererseits kann er die Kommunikation zum und vom Landesvorstand ein wenig koordinieren und aufbereiten. Ich bin mir sehr sicher, dass dies der parteiinternen Stimmung sehr gut tun wird. Allerdings war die in Hannover auch nie nachhaltig vergiftet.
Dass es jetzt den Regionsverband gibt, heißt natürlich nicht, dass die Stammtische aufhören. Ganz im Gegenteil werden wir uns auch weiterhin jeden Freitag in Hannover im Zwischenzeit treffen, über Politik reden, Aktionen planen und die Piraten voranbringen. Wie bisher sind Gäste höchst willkommen. Und wer weiß – vielleicht etablieren sich ja in absehbarer Zeit weitere Stammtische im Umland. Es ist jetzt noch gut ein Jahr bis zu den Kommunalwahlen – man kann eigentlich nicht früh genug mit den Vorbereitungen anfangen.
Nachtrag, Dezember 2010: Mittlerweile finden die Stammtische in Hannover immer am Donnerstag in der „Handelsbörse” am Klagesmarkt statt.
Nachtrag, November 2014: Namen derjenigen, die schon lange nicht mehr aktiv sind, anonymisiert.
Pingback: Tweets die Letzte Weisheiten » Blog Archiv » Regionsverband Hannover der Piratenpartei gegründet erwähnt -- Topsy.com
Pingback: Hannover - Blog - 31 Jan 2010