Gestern war Rene Marik wieder in Hannover. Und zwar mit seinem neuen Programm „KasperPop”. Letztes Jahr war ich ja schon in „Autschn” und war restlos begeistert. Nun also das neue Programm – ich und mit mir nicht weniger als fünf Freunde waren gespannt. Statt des größten Saales im Raschplatzpavillon war die Vorstellung diesmal im Theater am Aegi, dessen Saal doppelt so groß ist und das ebenfalls ausverkauft war.
Marik ist ja von der Ausbildung her Puppenspieler und insofern sind die Puppen wieder zentraler Bestandteil der Show. Jede Menge alte Bekannte finden sich im Laufe des Abends auf der Bühne ein: Frosch Falkenhorst, der berlinernde Eisbär Kalle, die Waschlappen Dominik und Jaqueline, „de Babe” und sogar das Teletubbie-Telefon sind wieder mit von der Partie – genauso natürlich wie Sympathieträger und Markenzeichen Maulwurf, der immer noch keinen Namen hat, aber im Laufe des Abends diesmal auf eine Maulwurfin treffen darf. Ich will mal nicht verraten, ob die beiden sich kriegen, aber so richtig leicht hat es der Maulwurf ja noch nie gehabt.
Zwei Neuzugänge sind zu verzeichnen: Neben einem kleinen E.T. ist das vor allem der „Kasper”, der dem Programm seinen Namen gibt und es als „Hasskasper” auch gleich mal mit einer fulminanten Publikumsbeschimpfung eröffnet. Ansonsten übernimmt er den diabolischen Part des Abends: Wenn er, begleitet von Sirren aus den Lautsprechern, auftaucht, wird’s ungemütlich. Mal entführt er Barbie, mal erscheint er dem Maulwurf in einem Mushroom-Alptraum und Falkenhorst wird schließlich von ihm um einen Froschschenkel erleichtert. Außerdem ist er zentrales Element von zwei Einspielfilmen: In der „Hasskasperbox” können Passanten die Puppe über die Hand ziehen und ihrem Frust mal so richtig freien Lauf lassen. Die Zusammenschnitte sind mal witzig, wenn etwa ein Franzose derb über Präsident Sakorzy schimpft und dabei die langgezogenen französischen „äh„s phonetisch korrekt als „eee ööööööööööö” untertitelt werden. Mal sind sie strange, wenn jemand mit deutlichem türkischen Akzent sich über Ausländer beschwert. Und häufig kommt Berliner Lokalkolorit durch, was aber auch kein Wunder ist, weil die Box für viele dieser Einspieler wohl am Alexanderplatz in Berlin stand. Da sind dann halt viele Leute, die sich über die Wohnungsnot in Friedrichshain beschweren oder sanierte Häuser im Prenzlauer Berg, die sie an Schöneberg erinnern.
Die Hassbox steht auch an den jeweiligen Spielorten und Marik fordert das Publikum auf, nach der Vorstellung von ihr Gebrauch zu machen. Die in der Vorstellung gezeigten Filme sollen von Zeit zu Zeit überarbeitet und auch ins Internet gestellt werden. In Hannover waren dann wohl auch so etwa zehn Leute anschließend in der Box.
Zwei Stunden über Kopf mit Handpuppen zu spielen ist nicht möglich, weshalb das KasperPop-Programm, wie schon Autschn, auch aus Nicht-Puppen-Teilen besteht. Hierfür hat Marik sich Verstärkung in Form des „Tastateurs Professor Inge” auf die Bühne geholt, der ihn zu seiner E‑Gitarre begleitet. Leider hat sich auch der Charakter der musikalischen Parts grundlegend geändert: Statt der minimalistischen Interpretation melancholischer Liebesschulzen gibt es jetzt ziemlich laute und schnelle „Pop”-Musik, die bei uns in der Gruppe niemanden so recht überzeugte. Es ist eine nicht wirklich inspirierte Mischung aus den Ärzten, Silbermond und Blumfeld, die da aufs Publikum herabprasselt. Abgesehen davon, dass ich Blumfeld und Distelmeyers verschwurbselt-pseudointellektuellen Gesang nie leiden konnte, waren die Stücke von Marik nicht immer verständlich und passten nicht so recht zu den anderen Teilen des Programms. Mit dieser Einschätzung war ich wohl nicht allein: Als Marik im Rahmen der Zugabe erneut zur Gitarre griff, gab es den vernehmlichen Zwischenruf „Nicht singen!” aus dem Publikum.
Überhaupt, der große Bogen. „Ein Programm über Pop und Katastrophen” hat Marik angekündigt. Auf die Frage nach der Schnittmenge wusste das Publikum keine rechte Antwort (und ich habe mich in dem Moment nicht getraut, laut „Dieter Bohlen” zu rufen) und so macht sich denn manchmal eine recht destruktive Grundstimmung breit. Der Maulwurf fährt im Urlaub nach Afghanistan und endet als Rambo, der mit der Kalaschnikow alles niedermäht. Die Waschlappen treffen „in New York” aufeinander und als endlich das Eis gebrochen scheint sagt Jaqueline: „Schau mal, ein Flugzeug” – und weist nach unten. Marik versucht es vereinzelt mit politischen Themen, aber das – finde ich – bekommt dem Programm nicht besonders gut. Wo Autschn mit poetischer Leichtigkeit glänzte und mit dem vom Liebespech verfolgten Maulwurf einen ganz einfachen aber zutiefst liebenswerten Helden hatte, kommt KasperPop manchmal reichlich brachial daher. Und der Kasper, dessen Bezeichnung mehrfach zwischen „Hasskasper” und „Glatzenkasper” wechselt, ist nicht wirklich eine positive Identifikationsfigur. Zumal sich dessen Destruktivität durch das ganze Programm zieht.
Das heißt jetzt aber nicht, dass es nicht auch viel zu Lachen gäbe. Besonders stark ist Marik immer, wenn er wie schon in den großen Momenten von „Autschn” mit einem Minimum an Requisiten eine Szene aus dem Ärmel schüttelt, die man als Zuschauer sofort erfasst und verinnerlicht. Es mag Zufall sein, häufig passiert das genau dann, wenn er das aus Autschn Bekannte zitiert, variiert oder erweitert. Schon ganz am Anfang kündigt Falkenhorst den Maulwurf an, nur um ihn dann selbst als Handpuppe zu spielen und den unter ihm stehenden Marik mit den Worten: „Sieh zu und lerne!” abzukanzeln. Eben dieser Maulwurf arbeitet sich später an Barbie ab, die er immer noch schmachtend „de Babe!” nennt. Wenn er sie dann musikalisch zu erobern versucht und dabei mit Sprachfehler und Stevie-Wonder-Brille auf dem Spielzeugkeyboard „I just called to say I love you” zum Besten gibt, ist das schlicht genial. Genauso genial der Versuch vom Maulwurf und Falkenhorst, Winnetou und „Old Shatterhage” nachzuspielen:
So fällt mein Fazit denn auch überwiegend positiv aus: Ein kurzweiliger Abend, der am besten ist, wenn Marik das macht, was er am besten kann: Puppenspielen. Die Musik fällt dagegen deutlich ab und ein ironisierendes Element wie die Gedichtlesungen aus „Autschn” gibt es gar nicht. Dafür spielen die altbekannten Puppen in neuen Konstellationen und wir erfahren endlich, wie Maulwurf und Eisbär miteinander können – nämlich gar nicht. Bei allem sollte man auch nicht vergessen, dass das hier in Hannover erst die dritte Vorstellung der KasperPop-Tournee war – es würde mich nicht wundern, wenn da in den nächsten Wochen nicht noch der eine oder andere Feinschliff käme. Gegen Maulwurf- und Falkenhorst-Entzugserscheinungen hilft am Besten – ein Besuch bei Rene Marik!
das gesamte programm lädt zum überdenken der szenen ein und beinhaltet soviele bezüge zu mehrfachdeutbarem das es einfach komisch ist. hoffentlich fällt hasskasper um. hat sicher noch nie was gutes gemacht. womit vergiftete er denn den fremden ausserirdischen? und müßte don m. moped nicht solidarisch mit maulwurf sein, der mit e.t. sprechen kann? und überhaupt. tolles programm. bin kein anarchie fan. aber tolles programm, toll schaugespielt..moment, ich habs gleich.
das ist so ähnlich anders. wo ist der zauberstab, welchen spieles geistigen sinnes? wirklich toll.
Pingback: Autschn!„KasperPop”: Autschn reloaded? von Dirk Hillebrand
Ich finde diesen Mann,einfach Klasse.
Mach weiter so,und bringe uns in dieser Zeit zum Lachen.
Gruß
Feuerwehrretter
Hallo!Mein Sohn ist ein grosser Fan von dem Maulwurf und dem Frosch!!Wie bekomme ich Autogrammkarten von Rene?Mit freundlichen Grüssen Heike Wegener