Das muss man erstmal hinbekommen: Eine U‑Bahn zu bauen mit mehr Endstationen als Unterwegshalten. Die U55 bringt dieses Kunststück fertig. „Bundestag” ist die einzige Station, in der der Zug zu beiden Seiten ein- und ausfährt. Allzu weit vom Hauptbahnhof entfernt ist sie nicht.
Die Station liegt schräg vor dem Paul-Löbe-Haus nordwestlich des Reichstagsgebäudes. Von oben ist sie durch die Tageslichteinfälle erkennbar, die oberhalb der Säulen angeordnet sind
Tageslicht auf dem Bahnsteig ist für Berliner U‑Bahnstationen immer noch eher ungewöhnlich, obwohl der bundesweite Trend schon seit Jahrzehnten in diese Richtung geht. Zusammen mit der hohen Decke, der aufgelockerten Anordnung der Stützsäulen und den „zufällig” angebrachten Kunstlichtern macht die Station so einen durchaus freundlichen Eindruck. Allerdings ist die Ausstattung bemerkenswert spartanisch für den U‑Bahnhof, der unmittelbar am politischen Zentrum Deutschlands liegt.
Die Wände zeigen unverputzten Beton, auf den die Stationsschilder einfach aufgeklebt wurden. Ebenso architektonisch streng die Geländer, unten auf dem Bild wieder dasjenige längs des nicht betriebenen westlichen Gleises. Eigentlich ist der Unterschied zum Rohbau wie er sich zum Beispiel schon 2003 bot, nicht so besonders groß.
Dieses Foto ist seinerzeit im Rahmen einer Exkursion des Berliner Unterwelten e.V. entstanden. Damals war der Planungsname noch „Reichstag”. Man beachte die noch abgedeckten Tageslichteinfälle, das fehlende Bahnsteigpflaster und die Baugeländer. Ansonsten hat sich ja eigentlich nicht so viel geändert…
Während am Hauptbahnhof ja wenigstens noch eine Rolltreppe existiert, hat man sich den Einbau an der Station Bundestag völlig gespart. Stattdessen zeigt formschönes Rollblech an, wo man bei Bedarf nochmal eine hinbauen könnte. Die vorgesehene Breite macht mich allerdings neugierig: Entweder kommt hier eine überbreite Einzelrolltreppe oder zwei sehr schmale hin.
Dafür hat einen Fahrstuhl, der sinnvollerweise nicht nur zur Zwischenebene, sondern auch gleich ganz nach oben fährt. Weshalb man auf der Zwischenebene aussteigen möchte, erschließt sich mir allerdings nicht so recht.
Als Standard für die Architektur von U‑Bahnstationen hat sich schon in den 1920er Jahren die „Minus-2-Ebene” für den Bahnsteig durchgesetzt: Unter der Oberfläche kommt zunächst eine Verteilerebene („Minus-1-Ebene”), von der aus es auf den Bahnsteig geht. Das hat den Vorteil, dass die Zugänge an der Oberfläche unabhängig von der eigentlichen Bahnstrecke angeordnet werden können. Auch die Station Bundestag ist so gebaut, allerdings ist die Zwischenebene hier beiderseits des Bahnsteiges durchgezogen, sodass sich eine Art umlaufender Wandelgang ergibt. Bei meiner Besichtigung war ich allerdings der einzige, der hier wandelte.
Auch am Bundestag ist nur eine der Bahnsteigkanten in Betrieb. Der Zug fährt je nach Richtung entweder zum Hauptbahnhof oder, wie dieser hier, zum Brandenburger Tor. Und genau das mache ich jetzt auch.
Unsere Reise endet morgen mit dem dritten und letzten Teil am Brandenburger Tor.
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