Die grüne Ratsfraktion hat in der Ratssitzung am 2016-04-21 eine Aktuelle Stunde zum Thema „Aufruf von Haus und Grund zu Mieterhöhungen vor der Mietpreisbremse” beantragt. Ich habe mich wie folgt geäußert:
Herr Vorsitzender,
Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,
liebe Anwesende,
am Samstag wird in Hannover eine Demonstration stattfinden, zu der über 50.000 Teilnehmer erwartet werden. In größeren Teilen der Stadt ist in den nächsten Tagen in einem absurden Sicherheitstheater die Öffentlichkeit der freien demokratischen Bürgergesellschaft faktisch abgeschafft, sei es das Zooviertel, die Messe oder Herrenhausen. Aber wir diskutieren jetzt über Mietpreise in Hannover. Nun denn.
Ich möchte dies in einen etwas größeren Zusammenhang stellen. Bei der Einführung des Mietspiegels für die Stadt Hannover war eine Befürchtung, dass damit die Basis für eine wesentlich konzertiertere Änderung von Mietpreisen gelegt wird als dies bis dahin der Fall war. Die Entwicklung seither bestätigt diese Befürchtungen: Spitzen in der Entwicklung wurden zwar reduziert aber an der allgemeinen Richtung hat sich nichts geändert: Die Preise sind gestiegen. Mathematisch betrachtet verwundert das auch nicht, Dynamik in der Preisentwicklung ist ja durch den wandernden Bezugpunkt des Mietspiegels weiterhin möglich, allerdings in längeren Zeiträumen und ohne die Möglichkeit, auf kurzfristige Entwicklungen einzugehen.
Nun wird – übrigens durch die rot-grüne Landesregierung – mit der Mietpreisbremse eine weitere Maßnahme installiert, mit der eine freie Änderung von Mietpreisen erschwert werden soll.
Meine Damen und Herren, auf Aktion folgt Reaktion.
Die von Ihnen, liebe Grüne Antagsteller dieser Aktuellen Stunde, erwähnten „Haus und Grund” bzw. „Haus- und Grundeigentum” sind Interessenvertretungen von Immobilienbesitzern. Als solche haben sie – nachvollziehbarer Weise – die Interessen von Immobilienbesitzern vorrangig im Blick. Und vor dem beschriebenen Hintergrund der Regulierungsentwicklung auf dem Mietmarkt ist der Hinweis und die Handlungsempfehlung dieser Interessenvertretungen, Mietpreiserhöhungen „wenn, dann jetzt” durchzuführen, durchaus gerechtfertigt. Zumal die Auswirkungen eher überschaubar sind: Es geht letztlich um Neuvermietungen bis Mitte des Jahres. Mieterhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen können ja sowieso nur in dem Rahmen betroffen sein, der jetzt schon erlaubt ist.
Meine Damen und Herren, Vermieter haben finanzielle Aufwendungen und der Hinweis der Interessenvertretungen richtet sich vor allem an private Vermieter und Besitzer von wenigen Einzelimmobilien. Vor dem Hintergrund der Probleme, die in dieser Stadt und allgemein immer wieder mit großen Immobilienfirmen bekannt werden – Stichwort Heuschrecke – liegt es meines Erachtens im Interesse der Gesellschaft und auch von uns als politischer Vertretung, dass eben diese Klein- und Einzelvermieter wirtschaftlich gesund bleiben und langfristig ihre Immobilie unterhalten und vermieten können.
In ihrem Antragstext zu dieser Aktuellen Stunde fordern Sie zudem den Schutz vor überhöhten Mieten. Nun ist der Wohnungsmarkt letztlich durch Angebot und Nachfrage reguliert. Politik und Gesellschaft haben in diesem Markt aber – sinnvoller- und gerechtfertigter Weise – viele Stellschrauben, um die soziale Komponente in diesem Marktgeschehen zu betonen. Stichworte sind Belegrechte und die Quotierung von Bauvorhaben mit Höchstmieten. Diese Werkzeuge gibt es und sie werden angewendet.
Wenn nun also die Mieten weiter steigen, ist auch die Politik gefragt. Wir haben in Hannover ja eine intensive Bautätigkeit, ein langfristiges Wohnraumkonzept. Aber vielleicht muss man auch noch weiter denken. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen:
Liebe Grüne Antragsteller, in den Diskussionen um Wohnraumkonzepte und Bauvorhaben wird immer wieder die Frage nach den Umweltstandards, die in Hannover ja teilweise deutlich über die gesetzlichen geforderten Regelungen hinausgehen, gestellt. Sie wehren sich hier gegen eine Aufweichung. Das mag konsistent sein. Ich denke aber, Prioritäten müssen auch immer wieder hinterfragt werden. Wenn viele Menschen in Hannover wohnen wollen, sind auch viele Wohnungen nötig. Vielleicht muss man deshalb Bauprogramme weiter forcieren, vielleicht die Bedingungen überprüfen, vielleicht auch im Bereich der Umweltstandards.
Dies sind die Gestaltungsspielräume, die Politik hat. Ich denke, wir sollten diese nutzen und uns nicht über Interessenvertretungen aufregen, die – Interessen vertreten.
So, und nun hoffe ich, dass ich viele von Ihnen am Samstag und den angekündigten 56.000 Teilnehmern sehe und dass in den nächsten Tagen niemand in Hannover von übergriffigem Sicherheitspersonal schikaniert wird. Die Einschränkung von Freiheits- und Bürgerrechten ist ja leider schon beschlossene Sache. Für eine demokratische Gesellschaft sind diese Rechte aber genauso wichtig wie bezahlbarer Wohnraum.
Vielen Dank