Der Blog-Autor 2012 beim Piraten-Bundesparteitag: Piraten? Ja? Nein?

Politische Zukunft: Die Piratenpartei und ich 3


Im Nach­gang der Mit­glie­der­ver­samm­lung des Regi­ons­ver­ban­des am ver­gan­ge­nen Wochen­en­de habe ich einen bereits seit lan­gem sich abzeich­nen­den Ent­schluss gefasst: Ich wer­de zur Kom­mu­nal­wahl 2016 nicht erneut für die Pira­ten­par­tei auf einem Lis­ten­platz antre­ten. Das hat zum einen pri­va­te Grün­de: Im Herbst 2016 wer­de ich ziem­lich genau 13 Jah­re lang poli­tisch aktiv gewe­sen sein. Ich möch­te noch­mal eine Pha­se ein­läu­ten, in der ich mich ver­stärkt mei­ner Arbeit wid­me – und das geht nur, wenn ich mei­ne poli­ti­schen Akti­vi­tä­ten erheb­lich reduziere.

Der Blog-Autor 2012 beim Piraten-Bundesparteitag: Piraten? Ja? Nein?

Der Blog-Autor 2012 beim Pira­ten-Bun­des­par­tei­tag: Pira­ten? Ja? Nein?

Zum ande­ren sehe ich sowohl die aktu­el­le Situa­ti­on als auch die Ent­wick­lung der Pira­ten­par­tei äußerst kri­tisch: Es gibt kei­ne poli­tisch-inhalt­li­chen Struk­tu­ren oder dem­entspre­chen­de Arbeit. Die in den ver­gan­ge­nen Jah­ren vor­an­ge­trie­be­ne inhalt­li­che Zer­split­te­rung hat zu einer Belie­big­keit geführt, die nun­mehr auch für kei­ne inhalt­lich fokus­sier­ten Men­schen mehr attrak­tiv ist. Damit wer­den die Kern­kom­pe­ten­zen der Par­tei mar­gi­na­li­siert, was sich dar­in äußert, dass auch dort kei­ne inhalt­li­che Arbeit mehr stattfindet.

Der Zer­fall lie­ße sich viel­leicht auf­hal­ten, wenn an den Glie­de­rungs­spit­zen Men­schen stün­den, die wie­der eine fokus­sier­te poli­ti­sche Arbeit vor­an­bräch­ten – und damit sicher ein erheb­li­ches Maß an Arbeit inves­tier­ten. Soll­te dann aber tat­säch­lich die Pira­ten­par­tei „reani­miert” wer­den und wie­der eine – zumal per­spek­ti­vi­sche – poli­ti­sche Bedeu­tung errei­chen, wäre es höchst wahr­schein­lich, dass erneut Pro­zes­se wie im Jahr 2012 ein­setz­ten, über die destruk­ti­ve Men­schen – sei es aus Pos­ten­gier, feh­len­der Sozi­al­kom­pe­tenz oder als Agent Pro­vo­ca­teur – einen Ver­falls­pro­zess aus­lös­ten. Die inne­re Ver­fasst­heit der Pira­ten­par­tei ver­hin­dert sol­che Ent­wick­lun­gen nach wie vor nicht effek­tiv. Das ist für mich auch Grund, nicht selbst in die­se Rich­tung tätig gewor­den zu sein. Das – und der Ein­druck, dass lei­der ein gro­ßer Teil der „Basis” bei Wah­len zu Vor­stands­äm­tern häu­fig eben *nicht* Kan­di­da­ten mit kla­rem poli­ti­schen Pro­fil wäh­len, son­dern viel­fach mög­lichst kan­ten­lo­sen „Kon­sens” favo­ri­sie­ren – mit der Ergeb­nis der beschrie­be­nen inhalt­li­chen Belie­big­keit. Und wenn der Wil­le dazu die Mehr­heit ist, dann ist es auch zweck­los, dage­gen anzuarbeiten.

Ich ste­he des­halb weder für „aus­sichts­rei­che” noch für „nicht aus­sichts­rei­che” Lis­ten­plät­ze zur Ver­fü­gung. Und ich möch­te ganz deut­lich allen, die eine sol­che Kan­di­da­tur anstre­ben, sagen: Über­legt es euch gut! Die Pira­ten­par­tei hat kaum noch ein wahr­nehm­ba­res poli­ti­sches Pro­fil, sie hat kei­ne Struk­tu­ren für poli­ti­sche Arbeit und der Anteil der Mit­glie­der, die sol­che Struk­tu­ren wol­len oder gar aus­fül­len kön­nen, ist mei­nes Erach­tens zu klein für eine nach­hal­ti­ge polit­sche Arbeit – was ja irgend­wie Kern des Pro­blems ist. So wird man zum Ein­zel­kämp­fer – und das ist nicht Sinn einer poli­ti­schen Mandatierung.

Ich bedaue­re die­se Ent­wick­lung außer­or­dent­lich. Ich gehör­te zu den aller­ers­ten Akti­ven, die 2006 mit dem Auf­bau von Par­tei­struk­tu­ren in Nie­der­sach­sen und Han­no­ver begon­nen haben. Ich war im Bun­des­vor­stand und im Regi­ons­vor­stand jeweils als Vor­sit­zen­der tätig. Ich hal­te die ursprüng­lich for­mu­lier­ten poli­ti­schen Zie­le der Pira­ten­par­tei nach wie vor für höchst rele­vant und in allen ande­ren Par­tei­en für völ­lig unter­re­prä­sen­tiert. Lei­der gilt das mitt­ler­wei­le aber auch für die Pira­ten­par­tei selbst. Ange­sichts des Poten­ti­als von vor vier bis fünf Jah­ren ist das eine in aller­höchs­tem Maße bedau­er­li­che Ent­wick­lung. Schön­fär­be­rei ist in die­ser Situa­ti­on aber Selbsttäuschung.

Marvin: Derselbe Parteitag, dieselbe Frage...

Mar­vin: Der­sel­be Par­tei­tag, die­sel­be Frage…

Ich wer­de mein han­no­ver­sches Rats­man­dat bis zum Ende der Rats­pe­ri­ode wahr­neh­men und kon­struk­tiv aus­fül­len. Die in der heu­ti­gen HAZ kol­por­tier­ten Wech­sel­ge­rüch­te zu einer ande­ren Par­tei – womög­lich mit der Absicht einer Auf­stel­lung auf einem „aus­sichts­rei­chen” Lis­ten­platz – ent­beh­ren jeder Grund­la­ge; das hat­te und habe ich nicht vor.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

3 Gedanken zu “Politische Zukunft: Die Piratenpartei und ich

  • Klaus Ungenannt

    Guten Tag,

    die Pira­ten­par­tei in mei­ner Gegend ist ein Abklatsch der Links­par­tei mit deut­lich radi­ka­le­ren Ten­den­zen. Gegen TTIP, gegen Abschie­bun­gen, gegen Pri­va­ti­sie­run­gen, gegen Auto­ver­kehr. Für jede Bild einer Demo in der Zei­tung oder eine noch so sinn­freie PM, die in die Medi­en kom­men könn­te, wür­de man sei­ne Groß­mutter verkaufen.

    Dabei wer­den sogar Schul­ver­wei­ge­rer und Straf­tä­ter unter­stützt. Die Par­tei ist hin­sicht­lich des Feil­bie­ten von Posi­tio­nen auf kom­mu­na­ler Ebe­ne nicht bes­ser als ande­re Par­tei­en. Der Vor­teil ist, dass es bis­lang noch nicht nötig war, Kom­pro­mis­se zu schlie­ßen, weil die PP noch nicht die Regie­rung stellte.

    Im Kreis Hameln, wo das anders war, wur­de der Kreis­tags­ab­ge­ord­ne­te ja von der SPD geka­pert, wie ich hörte.

    Der Kampf für Frei­heit der Mei­nungs­äu­ße­rung und auch Frei­heit des Aus­tau­sches von Tech­nik und von Gütern sowie Schutz der Pri­vat­sphä­re ist nicht (mehr) die kon­se­quent her­vor­ste­hen­de Posi­ti­on der PP. Es geht um Bedin­gungs­lo­se Grund­ein­kom­men und Lega­li­sie­rung von Drogen. 

    Du ver­mei­dest es ja auch, kon­kret zu schrei­ben, was Dir nicht gefällt und wie Du das Pro­blem mit den Inhal­ten lösen würdest. 

    Ich habe bei der PP vie­le inter­es­san­te Men­schen ken­nen gelernt. Es ist sehr bedau­er­lich, dass die­se wei­ter­hin ihr Enga­ge­ment ein­set­zen und damit Nichts errei­chen werden. 

    Ehr­li­cher­wei­se soll­tet Ihr den Laden dicht machen.

  • Hauke

    Hi,

    das Pro­blem ist nach wie vor, dass sich nur die PPD dem Über­wa­chungs­staat ent­ge­gen stellt und nicht wie die Grü­nen die VDS aus Macht­geil­heit durch­ge­hen lässt oder Man­ches­ter­ka­pi­ta­lis­mus vertritt.

    Wir wer­den erst mal klei­ner, wir wer­den eine APO, aber wir behal­ten die grund­geq­setz­li­chen Pri­vi­le­gi­en einer Par­tei. Dar­auf kann man auf­bau­en. Nach der Kon­so­li­die­rungs­pha­se. Wir müs­sen bei den The­men­kom­pa­ti­blen auch erst mal wie­der Ver­trau­en auf­bau­en, das ver­spielt wurde.

    Die Destruk­ti­ven haben uns zehn Jah­re gekos­tet, dann sind wir wie­der bei 2009, wenn bis dahin nicht alles zu spät ist und Geor­ge Orwell nicht mehr zu ent­kom­men ist. Inter­es­san­tes Ren­nen. Wäre es nur nicht so ernst.

    Gruß + man sieht sich

    Hau­ke

  • Rudi

    Dann ist es wohl ein guter Zeit­punkt um sich für Dei­ne akti­ve Zeit zu bedan­ken. Ich dan­ke Dir, Dirk.

    Daß Dir Dein Beruf maxi­mal nur noch Zeit für das Man­dat läßt und so gut wie gar nicht mehr für die Par­tei war für mich offen­sicht­lich. Das das nicht lan­ge so wei­ter­ge­hen kann, ist mir auch klar. Ken­ne ich ja so unge­fähr selbst. Das die Wahr­neh­mung da so aus­ein­an­der­lau­fen, läßt sich wohl nicht vermeiden.

    Alles Gute & Viel Erfolg