Hinweis: Informationen zum gesamten Vorgang finden sich unter http://wiki.piraten-thueringen.de/Servergate.
Zunächst bitte ich hier mal die „Bundes-IT” der Piratenpartei um Entschuldigung. Als ich nämlich heute morgen nicht auf das Pad zugreifen konnte, war mein erster Gedanke: „Super, haben sie’s mal wieder verbockt…”
Haben sie aber gar nicht. Ein großer Teil der Webpräsenz der Piratenpartei ist seit heute morgen auf Grund „polizeilicher Maßnahmen” abgeschaltet. Nichts genaues weiß man nicht, aber es scheint um Inhalte zu gehen, die auf den Servern vielleicht liegen oder gelegen haben. Und zwar nicht mal Inhalte, für die sich der deutsche Staat interessiert, sondern um Dinge, die das Interesse französischer Ermittlungsbehörden geweckt haben.
Also nochmal langsam: Einem französischen Staats- oder sonstigen Anwahl fallen im Internet missliebige Inhalte auf. Diese befinden sich – eventuell – in einem der Dienste, die eine deutsche politische Partei auf ihren in Deutschland gehosteten Servern bereitstellt. Und daraufhin wird der gesamte Internetauftritt eben dieser deutschen Partei von deutschen „Ermittlungsbehörden” abgeschaltet.
Geht’s noch?
Es ist ja leider traurige Tatsache, dass die Internetkompetenz deutscher „Ermittlungsbehörden” vielfach immer noch ähnlich gut ausgeprägt ist wie die Feinfühligkeit eines Elefanten im Porzellanladen. Und ebenso feinfühlig ist dann ja häufig auch das Tun und Lassen besagter „Ermittlungsbehörden”. Aber auf Grund ausländischer Befindlichkeiten einer deutschen Partei einfach komplett den Saft abzuklemmen, das ist schon ’ne Nummer, die ich so eigentlich bisher nicht für möglich gehalten hätte.
Mag sein, dass sich besagte Ermittlungen – wie in der Pressemitteilung der Piratenpartei verlautbart – „nicht gegen die Piratenpartei” richten. Das Handeln aber richtet sich gleich mit mehreren Breitseiten gegen die Piraten. Zwei Tage vor einer Landtagswahl auf dieser Weise zu versuchen, eine ganze Partei mundtot zu machen, das ist schon ein starkes Stück.
Ich nehme aus diesem Vorfall, gleich wie lang er noch andauern möge und unabhängig davon, was da im einzelnen passiert ist, zum Anlass, eine politische Forderung zu formulieren: Bei „Beschlagnahme” oder „Durchsuchungen” von Computern, insbesondere öffentlich zugänglichen Servern, muss grundsätzlich nach dem Grundsatz der Schadensvermeidung für den Serverbesitzer bzw. ‑nutzer gehandelt werden. Das heißt: Dienste und Server dürfen nur abgeschaltet werden, wenn dies für eine Datenerhebung unbedingt erforderlich ist, Dienste und Server müssen danach umgehend wieder online gebracht werden und keinesfalls dürfen Rechnersysteme im Rahmen von Ermittlungsvorgängen abgebaut und von den Behörden mitgenommen werden. Es geht in diesen Fällen stets um virtuelle Güter in Form von Daten, da ist es nur sachgerecht, wenn im Zuge der Ermittlungen ebendiese Daten zu Ermittlungszwecken vervielfältigt werden und die Originale verfügbar bleiben.
Sowas wie das, was die „Ermittlungsbehörden” da gerade beim Hoster der Piratenpartei abziehen ist jedenfalls eines freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates mehr als unwürdig.
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nicht nur unwürdig. das hat auch ein rechtliches nachspiel. da bin ich überzeugt. die französischen überwachungsspinner hüsteln und der deutsche rechtsstaat wird ausgehebelt. es gab zeiten, da wären wir einmarschiert…