Eines der ältesten Fotos im Archiv meines Opas: Die Straße, die nordwestlich des Bahnhofsgebäudes unter den Gleisen hindurchführt. Damals hieß sie „Alte Celler Heerstraße” und war eine dreispurige Einbahnstraße auf den Ernst-August-Platz hin. Auf Gleis 1 des Bahnhofs steht eine Diesellok der Baureihe 218, eventuell auf dem Weg zur Heidebahn. Die Deisterbahn war bereits seit 1970 elektifiziert, eventuell war sie Start oder Ziel des Zuges mit der Ellok, die sich auf Gleis 2 erahnen lässt.
Der Fußgängerbereich in der auch „Posttunnel” genannten Unterführung hat eine etwas großspurige „Mode-Passage”-Reklame, die das Magis-Stammhaus am Kröpcke abbildet. Schaukästen scheint es an der Tunnelwand aber nicht zu geben.
Im Hintergrund schließlich eine der „Landmarken” der hannoverschen Innenstadt: Der Fernsehturm. Und 1974 ist er auch noch mit einer großen Zahl von Antennen zur Abstrahlung von Rundfunk- und Fernsehsignalen ausgestattet. Im Bild davor ist zudem die Straßenbeleuchtung zu sehen – und zwar wohl gleich zwei Generationen. Links die neuere und zu dem Zeitpunkt auch meiner Erinnerung nach aktuelle Variante für eine eher etwas großflächigere Ausleuchtung, rechts ein Modell, das höchstwahrscheinlich etwas älteren Datums war.
Die gelben und roten Sprengsel sind übrigens Artefakte von Aufbewahrung und Digitalisierung: Gerade die älteren Filme haben vielfach diese gelblichen Verfärbungen, die wohl der Alterung der Negative geschuldet sind. Und das Rote sind nicht entfernbare Klebstoffreste. Diese stammen aus den Filmenden, die seinerzeit im Labor noch nicht abgetrennt wurden und dann im laufe der Jahrzehnte die Negativstreifen teilweise miteinander verklebt haben.
Zeitsprung, 45 Jahr später. Im September 2019 ist auf den ersten Blick nur der Brückenbau im Wesentlichen gleich geblieben. Das Bahnsteigdach ist gekürzt und auf Gleis 2 steht heute eine S‑Bahn statt der lokbespannten Züge in den 1970ern.
Der Fernsehturm ist kein Fernsehturm mehr, sondern nur noch Werbeträger des VW-Konzerns, der ganz kurz, bevor dieses Foto entstand, das Logo auf den aktuellen Stand gebracht hat. Die Antennen sind schon in den 1990er Jahren zum neuen Fernsehturm im Roderbruch umgezogen.
Die größte Verwandlung hat wohl aber die Straßenunterführung durchgemacht. Mittlerweile ist auch dieses südlichste Stück der ehemaligen „Alten Celler Heerstraße” in „Lister Meile” umbenannt. Vor allem aber fährt hier seit 2017 die Straßenbahn zum Raschplatz entlang. Links und rechts des Gleisbetts sind breite Radwege entstanden, vorn im Bild sieht man den darauf zulaufenden, rot eingefärbten Radstreifen. Die „Mode-Passage” ist verschwunden und ich bin mir ziemlich sicher, dass Magis auch nicht mit der „FKK-Villa”-Bordellreklame in Verbindung gebraucht werden möchte, die sich in den Schaukästen in der Unterführung breit gemacht hat.