Der für mich mit bedeutendste Ausschuss, in dem im Rahmen meiner Ratsarbeit in Hannover seit November sitze, ist der Bauausschuss. Gestern war mal wieder Sitzung. Und neben dem üblichen Geplänkel – der eine oder andere Bebauungsplan wurde abgestimmt und alle einstimmig angenommen – gab es zwei Themen, bei denen es richtig rund ging. Die erste – Tagesordnungspunkt 5.1 – waren die Radverkehrsspuren auf der Podbielskistraße.
Die Podbi-Fahrradverwahrspuren laufen seit Herbst durch die Gremien. Wir hatten auf dem Stammtisch List und im Stadtbezirksrat schon darüber diskutiert. Ich habe sehr deutlich gegen die Beschlussdrucksache Stellung bezogen und als Hauptargument gebracht, dass die Straße für Radfahrer eben *nicht* sicherer wird. Reiner Budnick hatte ähnliches bereits bei der Diskussion im Stadtbezirksrat gesagt, ich habe mich mit Reiner nochmal kurzgeschlossen und konnte so seine Argumente nochmal in meinen Redebeitrag einbringen.
Die Argumentationslinien waren übrigens klar verteilt: SPD und Grüne fanden die Planung erwartungsgemäß toll, wichtigste Argumente waren: „Da musste doch jetzt mal was passieren”, „Die Verwaltung hat sich so viel Mühe gegeben” und „Mehr geht halt nicht”. CDU, Linke, FDP und ich waren dagegen – die FDP eher wegen der Einschränkungen für den Autoverkehr, die Linken, weil sie lieber eine Tempo-30-Zone wollen und die CDU aus ähnlichen Gründen wie wir.
Letztlich war klar, dass die ganze Debatte ausgeht wie das Hornberger Schießen: Nach etwa 25 Minuten Diskussion wurde abgestimmt, SPD und Grüne haben mit ihrer satten Mehrheit die Drucksache durchgewunken, womit sie – vorbehaltlich der Zustimmung im Verwaltungsausschuss, die aber so sicher sein dürfte wie das Amen in der Kirche – beschlossen ist und umgesetzt wird.
Zur Dokumentation hier die Skizze meines Redebeitrages zur Sache. Er war eigentlich nur meine Gedankenstütze für meinen Wortbeitrag im Ausschuss, ich veröffentliche das hier mal trotzdem:
Radverkehr auf Podbi: Seit langem Problem. Kenne Podbi als Radfahrer: Bis Mitte 1990er ging es, dann Verschwenkungen und Ampeln, wurde schwieriger. Nach 2000 Verbreiterung Stadtbahntrasse, jetzt vollends unmöglich, wenn einem sein Leben lieb ist. Aktuelle Zustände sind nicht tragbar, zu gefährlich; Fahrrad ist Verkehrsmittel 2. oder 3. Klasse auf der Podbi
Diese Planung: Zementiert diesen Zustand! Wird gesagt, sei durchgehende Planung. Tatsächlich: Flickenteppich: Radfahrstreifen, Schutzstreifen, 2 Meter, 1,5 Meter, 1,2 Meter – wie es grad passt. Mast im Weg: gar nicht. Radverkehr bekommt gerade so viel Raum, wie sowieso noch übrig ist. Durchgängige Qualitätsmaßstäbe: Sehe ich nicht.
Zwei besonders schöne Punkte: Stadteinwärts zwischen Immengarten und Am Listholze (Anlage 1.5): 1,25 Meter neben zwei Autofahrspuren, rechte grad mal 2,5 Meter breit. Viel Spaß, wenn man hier im Hauptverkehr auf eine grüne Ampel zufährt. Selbst Spielchen stadtauswärts an der Günter-Wagner-Allee (Anlage 1.6): 1,5 Meter neben 2,25 Meter, auch noch Geradeausspur. Freue mich darauf, hier von LKW überholt zu werden. Macht aber nix: Grad dahinter hört die Radspur ja eh auf.
Finanzen: 650k€ sollen die Maßnahmen kosten. Verkehrszählung sagt: Wenige Hundert Radfahrer pro Tag. Nicht so besonders viel. Kann grundsätzlich nicht Argument gegen Ausbau sein. Ziel muss aber sein, und das auch Frage 1 an Verwaltung: Wird die Anzahl Radfahrer durch Umsetzung steigen? Habe meine Zweifel. Sollte Beschluss angenommen werden, erwarte im Rahmen einer Erfolgskontrolle nach Abschluss der Maßnahmen Rückmeldung. Lasse mich auch gern überzeugen, dass ich Unrecht hatte.
In bisheriger Diskussion häufig gehört: Endlich passiert was! Muss jetzt was kommen. Einig: Aktueller Zustand nicht haltbar. Aber diese Planung entschärft das Problem nicht: Radfahrer bleiben auf weiten Strecken weiterhin Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse, man kann bloß zukünftig noch besser auf sie zielen, wenn sie auf ihren 1,2‑Meter-Spuren längsfahren. Ergibt Frage 2 an Verwaltung: Wurden im Vorfeld Befragungen von Anwohnern oder nutzenden Radfahrern gemacht, bei denen besonders neuralgische Punkte abgefragt wurden?
Halte Ideen nicht für gut. Sollte man ablehnen und nochmal ganz von vorn anfangen: Wenn schon Radverkehr fördern, dann richtig: Ordentliche Wegführung, durchgängige Breite, sichere Distanz zu fließendem und ruhendem PKW/LKW-Verkehr. Radfahren wirklich attraktiv und sicher machen. Wichtigstes Mittel: Tatsächlich durchgehende Wegführung mit durchgehendem Qualitätsstandard. Haben das längs aller anderen wichtigen Ausfallstraßen mit Stadtbahn: Vahrenwalder, Hildesheimer, Kirchröder, Stöckener Straße – und zwar als fußwegbegleitenden Radweg. Führt mich zu Frage 3: Gab es zu irgendeinem Zeitpunkt der Planung auch Ideen, Radweg hochbordig längs des Fußweges zu führen?
Abschließend: Wende mich gegen diese Planungen nicht, weil ich gegen Radverkehr bin. Ganz im Gegenteil: Selbst viele Tausend km pro Jahr unterwegs. Wende mich dagegen, weil ich im Ergebnis keine Verbesserung der Radsituation sehe. Diese Planungen sind den ambitionierten Zielen zur Förderung des Radverkehrs nicht würdig. Dann lieber Alternativrouten auf Parallelstraßen ausbauen und attraktiver machen.
Wir werden mal schauen, wie sich die Dinge auf der Podbi nun entwickeln. Baubeginn soll, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, Mai 2012 sein.
Nee eine Autospur und eine Radspur, wo man endlich mit e‑Scootern gefahrlos fahren kann! Ihr Politiker denkt nur mit den Füßen… Ich hätte jetzt sogar etwas anderes genannt, aber das wäre dann Beleidigung. So wie die Auto- und Radspur jetzt verläuft ist doch super! Müssen nicht immer nur Autos Platz haben! Wenn ich nur das Kommentar unter dem Bild lese, dann sehe ich, dass ihr Politiker nur Stimmen braucht und euch der Klimawandel überhaupt nicht interessiert.…!!!…
Ihnen ist schon klar, dass der Artikel acht Jahre alt ist und die dort beschriebenen Maßnahmen seit langem umgesetzt sind?
Keine sind besser als zu schmale und zu unregelmäßige Radverkehrsanlagen. Sie führen zu drei Problemen. Zum einen wird dann auf Grund der schmalen Spuren zu eng überholt. Zum anderen kann es sehr schnell zu Konflikten zwischen Radfahrern und Rechtsabbiegern kommen. Ein großes Problem sind auch meist fehlende Sicherheitsabstände zu parkenden Autos.
„Wichtigstes Mittel: Tatsächlich durchgehende Wegführung mit durchgehendem Qualitätsstandard. Haben das längs aller anderen wichtigen Ausfallstraßen mit Stadtbahn: Vahrenwalder, Hildesheimer, Kirchröder, Stöckener Straße? — ?und zwar als fußwegbegleitenden Radweg.”
Diese sind keine Radverkehrsförderung sondern MIV-Förderung auf Kosten der Radfahrer. Radstreifen sind schon günstiger, da sie eine Sichtbeziehung zwischen MIV und Radfahrer erlauben und gleichzeitig die Konflikte mit den Fußgängern vermeiden. Sie bieten dem Radfahrer außerdem die Möglichkeit bei Hindernissen auf die Fahrbahn auszuweichen.