#servergate – Warum die Piraten wichtig sind 3


„Solch ein unde­mo­kra­ti­scher Akt darf sich nie wie­der­ho­len“ wur­de Sebas­ti­an Nerz ges­tern viel­fach zitiert. Gemeint ist die gest­ri­ge Beschlag­nah­me und stun­den­lan­ge Abschal­tung der zen­tra­len Ser­ver der Pira­ten­par­tei durch die hes­si­sche Poli­zei auf Grund eines – ja, wes­we­gen eigent­lich? Da gab es die fran­zö­si­sche Staats­an­walt­schaft, die irgend­wel­che Infor­ma­tio­nen auf dem Ether­pad­ser­ver ver­mu­te­te. Um an die­se her­an­zu­kom­men, bat sie die deut­schen Ermitt­lungs­be­hör­den um Amts­hil­fe – nein, Kor­rek­tur: star­te­te sie eine Vor­anfra­ge auf ein Amts­hil­fe­er­su­chen. Und auf Grund die­ser Vor­anfra­ge lie­fen besag­te deut­sche Ermitt­lungs­be­hör­den los und „sicher­ten Beweis­mit­tel“ – nicht ohne die sechst­größ­te deut­sche Par­tei weit­ge­hend vom Netz zu trennen.

Ich muss mich an die­ser Stel­le gar nicht groß über die­ses Vor­ge­hen auf­re­gen. Das haben ande­re schon zu Genü­ge getan – und das viel fun­dier­ter als ich es könn­te. In den Kom­men­ta­ren wird ein­hel­lig auf die völ­li­ge Unver­hält­nis­mä­ßig­keit der Akti­on ver­wie­sen, ins­be­son­de­re da die Pira­ten­par­tei als poli­ti­sche Par­tei unter beson­de­rem grund­ge­setz­li­chen Schutz steht und des­halb staat­li­che Ein­grif­fe – eigent­lich – beson­ders sorg­fäl­tig abzu­wä­gen sind.

Der deut­sche Staat hat es im kon­kre­ten Fall dann aber lie­ber mit Goe­thes Mephis­to gehal­ten: „Grau mein Freund ist alle Theo­rie“. Wenn die Akti­on vom Frei­tag das Ergeb­nis sorg­fäl­ti­ger Abwä­gun­gen war, dann möch­te ich nicht in der Nähe sein, wenn die dafür Ver­ant­wort­li­chen mal „Gefahr im Ver­zug“ wit­tern. Womit wir – um noch­mal Goe­the zu zitie­ren – bei des Pudels Kern wären: Der Staat „Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land“ ist am Frei­tag auf eine Art und Wei­se mit sei­nen in der Pira­ten­par­tei orga­ni­sier­ten Bür­gern umge­sprun­gen, die mit sei­nen frei­heit­lich – demo­kra­ti­schen Grund­sät­zen nicht ver­ein­bar ist. Wenn man die­se Wer­te ernst nimmt, ver­bie­tet sich ein sol­cher Ein­griff in die Struk­tu­ren der Par­tei von selbst. Noch dazu zwei Tage vor einer Land­tags­wahl, zu der die Par­tei antritt. Und erst recht bei den geschil­der­ten Rand­be­din­gun­gen (Vor­anfra­ge zu Amtshilfe…).

„Solch ein unde­mo­kra­ti­scher Akt darf sich nie wie­der­ho­len“ sagt Sebas­ti­an Nerz und fährt fort mit Plä­nen, in Zukunft mit einem inter­na­tio­na­len Ser­ver­ver­bund zu arbei­ten, der „Stö­run­gen“ die­ser Art abfan­gen kann. So sinn­voll die­se Maß­nah­me ist – das kann nicht die Leh­re aus „Ser­ver­ga­te“ sein! Die Leh­re ist, dass der Staat, und mit ihm auch sei­ne Reprä­sen­tan­ten wie zum Bei­spiel Staats­an­wäl­te, sich eben nicht alles erlau­ben dür­fen, bloß „weil sie es kön­nen“. Dazu braucht es einer­seits Regeln – also Geset­ze –, ande­rer­seits aber auch den Wil­len aller Betei­lig­ten, sich dar­an zu hal­ten. So eine „Staats­rä­son“ lässt sich maß­geb­lich errei­chen, indem staat­li­che Aktio­nen nach­voll­zieh­bar sind. Der Staat muss in sei­nem Tun trans­pa­rent sein. Und hier schließt sich der Kreis, denn genau das ist einer der zen­tra­len pro­gram­ma­ti­schen Punk­te der Piratenpartei.

So wird die Abschal­tung der Par­tei­ser­ver vom Frei­tag zu einer nach­drück­li­chen Demons­tra­ti­on, war­um die Pira­ten­par­tei in der deut­schen Poli­tik wich­tig ist und bleibt: Wir ste­hen dafür, dass der Staat sich – wie alle ande­ren – an die Regeln hält. Wir wol­len kei­ne Schnüf­fel­ge­set­ze, wir wol­len kei­ne „erwei­ter­ten Befug­nis­se“ und wir wol­len auch nicht solch unter­schwel­li­gen Wahn­sinn, wie wir ihn am Frei­tag erle­ben konn­ten. Mei­ne per­sön­li­che Kon­se­quenz aus „Ser­ver­ga­te“ ist, dass ich mich in Zukunft noch stär­ker zur Pira­ten­par­tei und ihren Zie­len beken­nen wer­de. Die Gesamt­si­tua­ti­on wird ja offen­sicht­lich nicht besser…

Scha­de fin­de ich übri­gens, dass ich von ande­ren Par­tei­en – mit weni­gen Aus­nah­men – bis­lang so gar nichts zu den Vor­gän­gen gehört habe. Jungs, Mädels: Die­ses Mal hat es uns getrof­fen, aber wer weiß, auf was für Ideen die Staats­an­walt­schaft bei euch um die Ecke kommt, soll­ten sich mal „ver­däch­ti­ge Per­so­nen“ vor eurer Par­tei­zen­tra­le aufhalten…


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

3 Gedanken zu “#servergate – Warum die Piraten wichtig sind

  • Ano

    Alles gele­sen, zum letz­ten Absatz:

    Soli­da­ri­tät, und die ist hier gemeint, soll­te man nicht erwar­ten wenn man selbst nicht bereit ist wel­che zu geben.

    - Man geht ein Stück mit­ein­an­der auch wenn man nicht ganz die Linie des Ande­ren unterstützt.

    Wer weis, waren die – weni­gen Aus­nah­men – von ande­ren Par­tei­en sonst­wo zu fin­den. Das Poli­ti­cool Ste­fan ‚Aaron’ Koe­nig s Blog aka Die Frei­heit hier im Blogroll ver­linkt ist, erwäh­ne ich abschliessend.

    Uli

  • Rolf

    So sinn­voll die­se Maß­nahme ist? – ?das kann nicht die Leh­re aus „Ser­ver­gate“ sein!

    Auch wenn es nicht die Leh­re sein soll­te, ist es doch zumin­dest eine Leh­re – sich nicht dar­auf zu ver­las­sen, dass deut­sche Behör­den sich an das deut­sche Recht hal­ten und des­halb einen Plan B bereit zu hal­ten, soll­te so etwas noch ein­mal passieren.
    Bis 2013 kann schließ­lich noch viel pas­sie­ren – und dann schaf­fen die Pira­ten hof­fent­lich in Frak­ti­ons­stär­ke den Ein­zug in den Bundestag.