Die Lebenslüge der Atomkraft 2


und dann macht es „Bumm” und die Kühe fal­len um und die Häu­ser stür­zen ein. In Fuku­shi­ma ist – mal wie­der – ein Atom­kraft­werk so kaputt gegan­gen, dass momen­tan nicht mal genau klar ist, was dort eigent­lich pas­siert ist. Das Kern­pro­blem ist dabei deut­lich zu Tage getre­ten: Atom­kraft­wer­ke ken­nen kei­nen „siche­ren Aus­fall”: Bei einer Stö­rung kann man den Reak­tor nicht ein­fach „aus­schal­ten” und nach Hau­se gehen, viel­mehr müs­sen im Nach­lauf einer Abschal­tung die Brenn­stä­be sta­bi­li­siert wer­den. Die hier­für nöti­gen Sys­te­me sind selbst wie­der auf Ener­gie­zu­fuhr ange­wie­sen. Und wenn die­se Ener­gie aus irgend­wel­chen Grün­den nicht zur Ver­fü­gung gestellt wer­den kann, tritt eine unkon­trol­lier­ba­re Situa­ti­on nicht nur „wahr­schein­lich”, son­dern mit Sicher­heit ein.

Und dabei han­delt es sich nicht um Kon­struk­ti­ons- oder Bedie­nungs­feh­ler, son­dern um eine sys­tem­ei­ge­ne Schwä­che des gesam­ten Prin­zips „Kern­kraft­werk”: Kern­spal­tung ist ein selbst erhal­ten­der Pro­zess, der – ein­mal in Gang gesetzt – nur lang­sam anzu­hal­ten ist. Ein gespal­te­ner Atom­kern führt über die dabei erzeug­ten Neu­tro­nen zu wei­te­ren gespal­te­nen Atom­ker­nen, was man ein­drucks­voll mit einem Tisch­ten­nis­ball-Mau­se­fal­le-Ver­suchs­auf­bau visua­li­sie­ren kann:

Nuclear Chain Reac­tion with Balls :: Phy­sik­show Uni Bonn
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Real ist dabei die Anzahl der Mau­se­fal­len um vie­le Zeh­ner­po­ten­zen grö­ßer und die Reak­ti­on wird unter­bro­chen, indem die Tisch­ten­nsi­bäl­le in der Luft ein­ge­fan­gen wer­den, bevor sie eine neue Mau­se­fal­le tref­fen. Da die durch die Kern­spal­tung ent­stan­de­nen neue Atom­ker­ne ihrer­seits noch wei­ter zer­fal­len und dabei prin­zip­be­dingt wei­te­re Ener­gie in Form von Wär­me frei wird, kann der Kern­re­ak­tor eben auch noch wäh­rend die­ser Aus­lauf­pha­se zer­stö­re­ri­sche Ener­gie frei­set­zen. Des­halb die Not­wen­dig­keit der akti­ven Küh­lung. Und da die für die Ener­gie­er­zeu­gung ein­ge­setz­ten Mate­ria­li­en wegen che­mi­scher Eigen­schaf­ten und ihrer Radio­ak­ti­vi­tät eben kei­nes­falls unkon­trol­liert sein dür­fen, lan­den wir immer wie­der bei einem Gesamt­sys­tem, das zwar einer­seits stets voll­stän­dig unter Kon­trol­le sein muss, ande­rer­seits aber schon aus prin­zi­pi­el­len Erwä­gun­gen – und wie Fuku­shi­ma zeigt, durch­aus auch in der Pra­xis – nicht unter allen Umstän­den unter Kon­trol­le gehal­ten wer­den kann.

Noch­mal, zum mit­mei­ßeln: Atom­kraft­wer­ke haben kein „siche­res” Aus­fall­sze­na­rio. Es bleibt ein prin­zi­pi­el­les Rest­ri­si­ko, das – und das ist mei­nes Erach­tens die Leh­re aus Fuku­shi­ma – jeder­zeit her­vor­kom­men und sei­ne häss­li­che Frat­ze zei­gen kann.

Die Schluss­fol­ge­rung ist mei­nes Erach­tens klar: Kraft­wer­ke auf der Grund­la­ge von Atom­spal­tung müs­sen end­lich als das behan­delt wer­den, was sie sind: Tech­ni­sche Dino­sau­ri­er mit prin­zi­pi­ell nicht beheb­ba­ren Män­geln, die umge­hend abge­schal­tet und durch zeit­ge­mä­ße Ener­gie­ver­sor­gungs­sys­te­me ersetzt wer­den müs­sen. Die Sitch­wor­te lau­ten: Den­zen­tra­li­tät, Ver­net­zung, Son­ne, Wind und Erd­wär­me. Vor allem aber müs­sen wir zu Arten der Ener­gie­er­zeu­gung zurück­keh­ren, bei denen „Aus” auch wirk­lich „Aus” bedeu­tet – und nicht „Ja, dem­nächst dann auch viel­leicht mal ‚aus’. Aber bis dahin noch ein biss­chen Kern­schmel­ze.” In den letz­ten Jahr­zehn­ten hat es genug Vor­fäl­le gege­ben, die gezeigt haben, dass die Mär’ von der „siche­ren Atom­kraft” genau das ist: Ein Märchen.

Lei­der kei­nes, das mit „Und wenn sie nicht gestor­ben sind…” endet.

Sie­he dazu auch: War­um ich Fuku­shi­ma für schlim­mer als Tscher­no­byl halte


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2 Gedanken zu “Die Lebenslüge der Atomkraft

  • Mirco

    Wie recht du hast, sieht man jetzt an den Pro­ble­men der schon vor­her „abge­schal­te­ten” Reak­to­ren 4 bis 6.

  • Mela

    Naja, Erd­wär­me ist auch nicht risi­ko­los. Zumin­dest die dafür nöti­gen Boh­run­gen sind es nicht. Ich weiß nicht ob und wie es ver­hin­dert wer­den kann, dass Was­ser in quel­len­de Gesteins­schich­ten ein­dringt. Zumin­dest ist es auch kei­ne Tech­nik die man wirk­lich „Aus” machen kann, wenn man das Faß mal geöff­net hat.