Bald ist Weihnachten. Ich habe mich dieses Jahr entschlossen, eine verbreitete Tradition in dieses Blog zu übernehmen: Den Adventskalender. Jeden Tag gibt’s einen neuen Beitrag. Nun weiß ich nicht, ob ich derart viele Schwanks aus meinem Leben zusammenbekäme und zwei Dutzend Politikartikel sind vielleicht auch nicht der Weisheit letzter Schluss. Deshalb gibt’s mal was ganz anderes: Straßenbahnen. 😉
Seit bald 20 Jahren durchreise ich Deutschland und das angrenzende Europa und schaue mir Nahverkehrssysteme an. Ich durchwandere Stationen, fahre kreuz und quer durch Städte und grase systematisch ganze Netze ab. Eine Unmenge von Fotos ist dabei im Laufe der Zeit entstanden. 24 Städte habe ich jetzt ausgewählt und stelle jeden Tag eine anhand eines Fotos oder einer kleinen Fotoserie ein Detail aus einer Stadt vor. Ich habe mich bemüht, „interessante” Bauwerke, Betriebssituationen oder Begebenheiten herauszusuchen. Das ganze ist eine bunte Mischung und ein Stück weit auch ein Experiment, ob dieses Thema und diese Aufmachung überhaupt für irgendjemanden interessant ist. Zu gewinnen gibt’s übrigens nichts. Und Rätsel mache ich auch keine. Das ganze sind einfach nur kleine Artikel über U‑, S- und Straßenbahn in verschiedenen Städten aus reinem Spaß an der Freud’.
Am heutigen ersten Tag des Kalenders beginnen wir mit einem richtig alten Foto: Dresden im Mai 1996. Das Foto müsste am Hauptbahnhof entstanden sein, ganz genau kann ich das heute nicht mehr nachvollziehen, da meine Archivierung zu der Zeit noch nicht so ausgefeilt wie heute war. Im Bildmittelpunkt ist ein Straßenbahnzug, wie er damals typisch für Dresden war. Es handelt sich um zwei Trieb- und einen Beiwagen des tschechischen Herstellers Tatra. Solche Züge übernahmen damals den kompletten Dresdner Straßenbahnverkehr und die hier dargestellte Drei-Wagen-Kombination war das längste, was seinerzeit auf den Gleisen fuhr. Tatra belieferte im Ostblock einen Großteil der Straßenbahnbetriebe mit Neufahrzeugen, so auch in der DDR. Dresden war dabei der Pilotbetrieb für die gesamte DDR. Mit den Tatrawagen wurden nach und nach alle früheren Fahrzeugserien abgelöst, die samt und sonders noch vor dem 2. Weltkrieg konzipiert worden waren. 1986 war diese Umstellung abgeschlossen.
Auf dem Foto ebenfalls zu sehen ist das Gleisbett. Zu erkennen ist die alte DDR-Bauweise mit Betonplatten, die zwischen die Schienen gelegt werden. Wenn man etwas genauer hinsieht, erkennt man, dass die Platten nicht unbedingt bündig liegen, sondern auf unterschiedlicher Höhe oder sogar schief. Große Teile des Gleisnetzes in Dresden waren zur Wende in einem außerordentlich schlechten Zustand und es hat lange gedauert, alle Langsamfahrstellen zu beseitigen und das Netz komplett „in Schuss” zu bringen.
Heute sind die Verhältnisse anders: Als Fahrzeuge kommen heute so gut wie ausschließlich moderne Niederflurstraßenbahnen zum Einsatz. Tatras gibt es nur noch zu wenigen Anlässen als Verstärkungszüge und auch dann werden keine Beiwagen mehr genutzt, sondern drei motorisierte Triebwagen hintereinander gekuppelt. Zudem sind alle Bahnen heute in der gelb-schwarzen Hauslackierung der Dresdner Verkehrsbetriebe lackiert, die man bei dem Zug im Hintergrund erahnen kann.
Auch die Gleise befinden sich heute in einem sehr guten Zustand. Altes DDR-Gleismaterial findet sich heute nur noch an wenigen Stellen im Netz. Viele Trassen sind in den letzten 20 Jahren vollständig überarbeitet worden. Dabei wurden auch Bahnsteigkanten angelegt, die in die Fahrzeuge höhengleichen und damit barrierefreien Einstieg ermöglichen. Alles in allem hat Dresden heute ein sehr modernes Straßenbahnnetz, mit dem man zügig durch die ganze Stadt kommt.
Hallo,
danke für den Ausflug in die Historie. Allerdings irrt der Autor bei einer entscheidenden Sache.
Die Haltestellenanlage ist Nachwendeproduktion. Die Betonplatten wurden auch nach 1990 verwendet, wenn auch in einer feineren Art und Weise. Im Zuge der ersten Sanierung des Hauptbahnhofes wurde im Bahnhofsvorfeld so ziemlich alles neu gemacht und das ist hier unter anderen an den Bahnsteigen und der Ampelanlage gut zu erkennen.
Auch wenn mein Beitrag ein paar Monate nach der Veröffentlichung erscheint erreicht er hoffentlich noch Wirkung.
Hey Dirk, ich lese immer gerne Deine Bahnbeiträge mit Hintergrundberichten. Da freue ich mich schon auf 23 weitere.