Ich habe an den letzten 25 Tagen jeweils ein Foto aus Hannover gezeigt, das mein Opa gemacht hat. Dazu muss man sagen: Mein Opa war gar kein gebürtiger Hannoveraner. Er ist 1924 im schlesischen Liegnitz geboren und hat eine dieser gebrochenen Biografien, die für seine Jahrgänge nicht untypisch sind. Blöderweise hatte mein Opa genau das richtige Alter, den ganzen Nazi-Wahnsinn ab 1933 live und in Farbe mitmachen zu dürfen. Inklusive notdürftigem Schulabschluss Anfang der 1940er Jahre und postwendender Verfrachtung an die Ostfront, „Lebensraum” schaffen.
Mein Opa hat mir – viel später – mal erzählt, dass er – und eigentlich alle seine Schulkameraden – den Nazis voll auf den Leim gegangen ist: „Wir fanden es toll, dass wir endlich in den Krieg ziehen durften!” Der Tatendrang bekam einen sehr abrupten und sehr nachhaltigen Dämpfer, als nach dem ersten Gefecht mit der Roten Armee zwei ehemalige Schulfreunde von ihm tot auf dem Geschützwagen ins Lager zurückgefahren wurden.
Mein Opa hat den Krieg überlebt (logisch, sonst wär’s nicht mein Opa…). Nach dem Krieg hat es ihn erst nach Wolfsburg verschlagen und dann über Helmstedt schließlich Ende der 1960er Jahre nach Hannover. Dort sind er und meine Großmutter lange Jahre geblieben. 2003 sind sie nochmal umgezogen – erst nach Höxter ins Weserbergland und schließlich ins ostfriesische Marienhafe. 2009, mit 85 Jahren, ist mein Opa schließlich gestorben. Leider hatte er sich von einer Hüftoperation 2005 nie mehr ganz erholt, die beginnende Demenz war von der Narkose massiv verschlimmert worden. Und dass Opa Herzprobleme und Angina Pectoris hatte, bekam ich schon als Kind mit.
Der Nachlass meines Opas hat keine im monetären Sinne „wertvollen” Dinge enthalten. Das umfangreiche Fotoarchiv – vor allem mit dem überdurchschnittlichen Archivierungsgrad – hat aber einen sehr großen ideellen Wert. Opa hat Jahrzehnte Familiengeschichte festgehalten. Gerade die 1970er und 1980er Jahre – meine eigene Kindheit und Jugend – sind beim Digitalisieren für mich nochmal lebendig geworden. Es war mir eine große Freude, hier mal einen kleinen Teil dieses Archivs zu nutzen und die Fotos zu zeigen.