Stadtbaurat Thomas Vielhaber, Oberbürgermeister Belit Onay

Mobilitätskonzept Innenstadt im aufhof-Bürgerdialog


Mit­te Sep­tem­ber 2023 hat die Ver­wal­tung der Stadt Han­no­ver (end­lich!) das Innen­stadt-Mobi­li­täts­kon­zept vor­ge­legt. Kern­punk­te sind die Kon­zen­tra­ti­on des Auto­ver­kehrs auf die Park­h­aus­zu­fahr­ten, Ver­hin­de­rung von Durch­gangs- und Park­such­ver­kehr, viel mehr Raum für Fuß- und Rad­ver­kehr bei gleich­zei­ti­ger Ver­bes­se­rung der Situa­ti­on für den ÖPNV. Es ist der (nicht nur von mir) erhoff­te gro­ße Wurf und hat bis­lang bemer­kens­wert wohl­wol­len­den Wie­der­hall in der Stadt­ge­sell­schaft und dar­über hin­aus gefunden.

Stadtbaurat Thomas Vielhaber, Oberbürgermeister Belit Onay

Stadt­bau­rat Tho­mas Viel­ha­ber, Ober­bür­ger­meis­ter Belit Onay

Am Frei­tag nun war die ers­te öffent­li­che Dis­kus­si­ons­ver­an­stal­tung zu den Plä­nen. Ober­bür­ger­meis­ter Belit Onay und Stadt­bau­rat Tho­mas Viel­ha­ber prä­sen­tier­ten die Plä­ne höchst­per­sön­lich im auf­hof und stell­ten sich anschlie­ßend eine Stun­de lang Fra­gen aus dem Publi­kum. Die­ses war meh­re­re hun­dert Mensch stark erschie­nen – und die posi­ti­ve Grund­stim­mung setz­te sich fort.

Belit Onay auf der Bühne im aufhof

Belit Onay auf der Büh­ne im aufhof

Onay und Viel­ha­ber hiel­ten zunächst kur­ze Impuls­vor­trä­ge. Bei­de beton­ten die Not­wen­dig­keit der Ände­run­gen, näher­ten sich dem The­ma aber aus unter­schied­li­chen Per­spek­ti­ven: Onay hob die kli­ma­ti­schen Ver­än­de­run­gen her­vor, auf die sich die Stadt durch mehr grün, weni­ger Autos und mehr Auf­ent­halts­flä­chen ein­stel­len müs­se. Viel­ha­ber zeich­ne­te die his­to­ri­sche Ent­wick­lung nach, ins­be­son­de­re die bis heu­te prä­gen­den Ele­men­te der „auto­ge­rech­ten Stadt” mei­nes Fast-Namens­vet­ters und Nach­kriegs­stadt­bau­ra­tes Rudolf Hillebrecht.

Thomas Vielhaber im aufhof, im Hintergrund der Parkhaus-Zuwegungsplan im Mobilitätskonzept

Tho­mas Viel­ha­ber im auf­hof, im Hin­ter­grund der Park­haus-Zuwe­gungs­plan im Mobilitätskonzept

Gera­de vor dem Hin­ter­grund die­ser jahr­zehn­te­lang ver­folg­ten Grund­sät­ze ver­engt sich die Wahr­neh­mung und Dis­kus­si­on immer wie­der auf den Kfz-Ver­kehr. Dem­entspre­chend viel Raum bekam die­ser Aspekt auch in der Ver­an­stal­tung. „Wir zie­hen kei­ne Stadt­mau­er hoch,” beton­te Onay. Die Stadt sei wei­ter­hin mit dem Auto erreich­bar, es wer­den bloß kla­re­re Zuord­nun­gen getrof­fen und die Räu­me neu ver­teilt. Die Park­häu­ser, deren etwa 10.000 Park­plät­ze momen­tan nur zu 50% aus­ge­las­tet sind, bie­ten genug Reser­ve; für die Höchst­last­zei­ten und gene­rell als Ange­bots­ver­bes­se­rung wer­den die Park-And-Ride-Ange­bo­te von momen­tan 6000 auf 9000 Plät­ze erheb­lich ausgebaut.

Zufahrten zu den Innenstadtparkhäusern mit geplanten Durchfahrtsperren für den Kfz-Verkehr

Zufahr­ten zu den Innen­stadt­park­häu­sern mit geplan­ten Durch­fahrt­sper­ren für den Kfz-Verkehr

Zu die­sem The­men­kom­plex kamen erwart­bar auch die meis­ten Nach­fra­gen. Onay und Viel­ha­ber haben mehr­fach betont, wie die stär­ke­re Struk­tu­rie­rung des Auto­ver­kehrs letzt­lich ins­be­son­de­re ihm selbst zu Gute kommt: Park­such­ver­keh­re ent­fal­len, wenn die Bele­gung der Park­häu­ser bekannt ist und es ande­re Park­mög­lich­kei­ten schlicht nicht mehr gibt. Damit ist dann aber auch end­lich mehr Platz für Spe­zi­al­an­for­de­run­gen wie Lie­fer­ver­keh­re oder Behin­der­ten­park­plät­ze. Natür­lich kamen auch in die­ser Ver­an­stal­tung wie­der die übli­chen Fra­gen nach Park­plät­zen für Handwerker/Arztbesuche/Kunden mit 3 Autos aus Über­see, aber wenn die Fra­ge­stel­ler sich nur ein­mal auf die grund­le­gen­de Struk­tur ein­lie­ßen, wüss­ten sie selbst, dass das alles kei­ne neu­en „Pro­ble­me” sind und es für alles Lösun­gen gibt: Park­aus­wei­se, Ein-/Aus­stiegs­zo­nen, Park­häu­ser oder schlicht ande­re Ver­kehrs­mit­tel sind längst vor­han­den und funktionieren.

Mehrere hundert Menschen folgten dem Bürgerdialog

Meh­re­re hun­dert Men­schen folg­ten dem Bürgerdialog

Mir per­sön­lich liegt ja der Rad­ver­kehr beson­ders am Her­zen. Sehr wohl­wol­lend habe ich des­halb zur Kennt­nis genom­men, dass die Pla­nun­gen die­sem zukünf­tig deut­lich mehr Platz geben wol­len und eini­ge extrem uner­freu­lich gestal­te­te Berei­che wie die Schil­ler­stra­ße oder die Fern­ro­der Stra­ße künf­tig viel bes­ser zu nut­zen sein werden.

Radverkehrsachsen im Mobilitätskonzept, dunkelgrün der City-Rad-Ring

Rad­ver­kehrs­ach­sen im Mobi­li­täts­kon­zept, dun­kel­grün der City-Rad-Ring

Kon­kret wird dies als Ers­tes wohl in der Lan­gen Lau­be, die ihrer Wid­mung als „Fahr­rad­stra­ße” momen­tan abso­lut nicht gerecht wird.

Lange Laube - Viel zu viel Auto für eine Fahrradstraße

Lan­ge Lau­be – Viel zu viel Auto für eine Fahrradstraße

Erhal­ten blei­ben soll die stark fre­quen­tier­te Bus­hal­te­stel­le am Kröp­cke vor der Oper. Hier­hin schi­cken üstra und Regio­bus ja mitt­ler­wei­le diver­se Bus­li­ni­en – teil­wei­se weit aus dem Umland. Lei­der hat Han­no­ver es ja sowohl in den 1990er- als auch in den 2010er-Jah­ren ver­säumt, das Stadt­bahn-Tun­nel­netz um den vier­ten Innen­stadt­tun­nel zu ergän­zen und so eine lang­fris­tig leis­tungs­fä­hi­ge Grund­struk­tur zu schaf­fen. So wer­den sich denn auf der Georg­stra­ße zwi­schen Oper und Aegi zukünf­tig Bus­se und Rad­fah­rer die Fahr­bah­nen teilen.

ÖPNV-Achsen im Mobilitätskonzept

ÖPNV-Ach­sen im Mobilitätskonzept

Ein erklär­tes Ziel der gesam­ten Innen­stadt­um­ge­stal­tung ist die Auf­wer­tung des öffent­li­chen Rau­mes ins­ge­samt. Auf einem Teil der Schmie­de­stra­ße ist der neue Stra­ßen­quer­schnitt seit eini­gen Tagen fer­tig gestellt. Die Umge­stal­tung des Stein­tor­pla­tes – lei­der bis­lang ohne ange­mes­se­ne Berück­sich­ti­gung des Rad­ver­kehrs – soll nächs­tes Jahr begin­nen. Ambi­tio­nier­te Plä­ne gibt es für das „Kul­tur­drei­eck” süd­lich des Thie­len­plat­zes und die „bahn­hofs­na­hen Plät­ze”. Gera­de bei letz­te­ren blieb aber die Fra­ge offen, wie mit der laten­ten Aus­brei­tung von sozi­al her­aus­for­dern­dem Sucht- und Obdach­lo­sen­mi­lieu umge­gan­gen wer­den kann. Ich hal­te das ange­sichts der aktu­el­len Zustän­de im Bereich Fern­ro­der Straße/Volgersweg für ein durch­aus rele­van­tes Pro­blem – dort fin­det gera­de eine regel­rech­te Vers­lu­mung statt, die mitt­ler­wei­le bis an den Ernst-August-Platz heranreicht.

Davon abge­se­hen: Belit Onay und Tho­mas Viel­ha­ber haben das Mobi­li­täts­kon­zept sou­ve­rän und über­zeu­gend dar­ge­stellt. Das sah augen­schein­lich nicht nur ich so, son­dern die aller­meis­ten Bür­ger, die sich im auf­hof ein­ge­fun­den hat­ten. Lan­ger Applaus nach den Ein­füh­rungs­vor­trä­gen und immer wie­der in der Ver­an­stal­tung haben das deut­lich gemacht.

Belit Onay im Dialog, im Hintergrund Thomas Vielhaber und Moderatorin Ninia LaGrande

Belit Onay im Dia­log, im Hin­ter­grund Tho­mas Viel­ha­ber und Mode­ra­to­rin Ninia LaGrande

Man muss hier auch noch­mal deut­lich sagen: Die­ses Mobi­li­täts­kon­zept ist auch Ergeb­nis des „Innen­stadt­dia­logs”, in dem in den ver­gan­ge­nen Jah­ren über 150(!) Inter­es­sen­ver­tre­tungs­grup­pen in vie­len Ver­an­stal­tun­gen dis­ku­tiert haben. Vor die­sem Hin­ter­grund fin­de ich die Ein­las­sun­gen der loka­len SPD und ihrer Ver­tre­ter Lars Kelich und Adis Ahme­to­vic irri­tie­rend, die als zen­tra­len Kri­tik­punkt „feh­len­de Bür­ger­be­tei­li­gung” aus­ge­macht haben. Herr Kelich saß am Frei­tag bis zum Ende der Ver­an­stal­tung im Publi­kum. Ihm soll­te die gro­ße Zustim­mung der Anwe­sen­den nicht ent­gan­gen sein. Es wäre, mei­ne ich, unred­lich von ihm und den Genos­sen, das Mobi­li­täts­kon­zept jetzt mit faden­schei­ni­gen Aus­flüch­ten zu ver­zö­gern. Es wür­de die Zukunft der han­no­ver­schen Innen­stadt für frag­wür­di­ge par­tei­po­li­ti­sche Pro­fi­lie­rungs­ver­su­che aufs Spiel setzen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert