Der Impfpass des Autors.

Impfpflicht gegen Corona – Warum eigentlich nicht?


Der Impfpass des Autors.

Der Impf­pass des Autors.

Ich bin Jahr­gang 1972. Damit gehö­re ich zu einem der letz­ten Jahr­gän­ge, die noch ver­pflich­tend gegen Pocken geimpft wur­den. Die Nar­be davon habe ich bis heu­te am Ober­schen­kel. Und die­se Imp­fung war ins­ge­samt nicht ohne. Mehr­fach wur­de mir berich­tet, dass ich meh­re­re Tage lang hef­ti­ge Impf­ne­ben­wir­kun­gen gehabt haben soll – selbst erin­nern kann ich mich nicht daran.

Eintragungen zur Pockenimpfung im Mai 1974. Zu den Auffrischungsimpfungen ist es nicht mehr gekommen, da die Impfpflicht in Westdeutschland 1976 abgeschafft wurde.

Ein­tra­gun­gen zur Pocken­imp­fung im Mai 1974. Zu den Auf­fri­schungs­imp­fun­gen ist es nicht mehr gekom­men, da die Impf­pflicht in West­deutsch­land 1976 abge­schafft wurde.

Damals haben alle Men­schen die­se Imp­fung bekom­men. Sie war wie gesagt ver­pflich­tend. In mei­nem Impf­aus­weis, den ich anläss­lich der Coro­na-Schutz­imp­fung wie­der raus­ge­holt habe, gibt es nicht nur zwei unab­hän­gi­ge Berei­che, in denen sie ein­ge­tra­gen wur­de. Es gibt auch eine wei­te­re Sei­te, auf der even­tu­el­le Zurück­stel­lun­gen von die­ser Imp­fung ver­merkt wor­den wären.

Medizinische Gründe für ein Aussetzen der Impfung mussten explizit vermerkt werden.

Medi­zi­ni­sche Grün­de für ein Aus­set­zen der Imp­fung muss­ten expli­zit ver­merkt wer­den. „Kei­ne Zeit” oder „Kei­ne Lust” gal­ten nicht als Grund…

Pocken waren eine aus­ge­spro­chen fie­se Krank­heit. Und dass ich hier heu­te „waren” schrei­ben kann (und nicht „sind” schrei­ben muss), liegt maß­geb­lich dar­an, dass ihre Ver­brei­tung durch die ver­pflich­ten­den Imp­fun­gen voll­stän­dig unter­bun­den wer­den konn­te. Die Pocken wur­den „aus­ge­rot­tet”, heißt es häufig.

Nun gibt es die Schutz­imp­fun­gen gegen Covid-19. Sie ver­rin­gern das Risi­ko von Über­tra­gung, Anste­ckung und schwe­ren Ver­läu­fen signi­fi­kant. Ver­schie­de­ne Exper­ten sagen über­ein­stim­mend: „Nur die Imp­fung schützt den Ein­zel­nen und die Gesell­schaft nach­hal­tig gegen ‚Coro­na’ ”. Ohne ein zügi­ges Durch­imp­fen der Bevöl­ke­rung wer­den mehr oder weni­ger apo­ka­lyp­ti­sche Sze­na­ri­en für Herbst und Win­ter vor­her­ge­sagt. Gleich­zei­tig heißt es immer wie­der, eine Impf­pflicht kom­me nicht in Fra­ge, man wol­le die Men­schen „auf ande­rem Weg überzeugen”.

War­um? Es gibt eine Krank­heit mit bekann­tem Infek­ti­ons­weg. Es gibt nur die Imp­fung als Weg, die­se Krank­heit all­ge­mein zu stop­pen oder zumin­dest weit gehend zurück­zu­drän­gen. Seit Beginn der „Pan­de­mie” wer­den Staats­ver­tre­ter nicht müde, ein­schnei­dens­te Grund­rechts­ein­schrän­kun­gen mit der Not­wen­dig­keit des Gesund­heits­schut­zes für alle Bür­ger zu begrün­den. Aber aus­ge­rech­net die medi­zi­nisch wirk­sams­te und gleich­zei­tig grund­recht­lich kaum ein­schrän­ken­de Maß­nah­me wird nicht mit aller Ent­schie­den­heit vorangetrieben.

Covid-19-Impfbestätigungen des Autors in seinem Impfpass von 1972. Die Seitenüberschrift erwähnt Typhus, Fleckfieber oder Pest. Covid war damals unbekannt...

Covid-19-Impf­be­stä­ti­gun­gen des Autors in sei­nem Impf­pass von 1972. Die Sei­ten­über­schrift erwähnt Typhus, Fleck­fie­ber oder Pest. Covid war damals unbekannt…

Logisch hie­ße dies, dass die Argu­men­ta­ti­ons­ket­te oben nicht stimmt. Also eine der Vor­aus­set­zun­gen oder Schluss­fol­ge­run­gen falsch ist. Also bei­spiels­wei­se, dass Covid-19 nicht so gefähr­lich ist wie behaup­tet. Oder die Imp­fun­gen nicht so wirk­sam. Oder eine lang­sa­me­re Impf­kam­pa­gne sich nicht so nega­tiv aus­wirkt. Oder die Gesund­heit der Bür­ger doch nicht so wich­tig ist. Aber bei einer gerin­ge­ren Gefähr­lich­keit müss­ten bei­spiels­wei­se auch alle ande­ren momen­ta­nen Grund­rechts­ein­schrän­kun­gen umge­hend auf­ge­ho­ben werden.

Die beun­ru­hi­gends­te Erklä­rung wäre, dass die medi­zi­nisch-viro­lo­gi­schen Über­le­gun­gen doch alle rich­tig sind – und die Fol­gen eines zu lang­sam auf­ge­bau­ten bevöl­ke­rungs­wei­ten Impf­schut­zes durch anhal­ten­de und wei­ter gehen­de Grund­rechts­ein­schrän­kun­gen auf­ge­fan­gen wer­den sol­len. Wenn das momen­ta­ne Lari­fa­ri so wei­ter­geht steht genau das zu befürch­ten. Men­schen wird wie­der das Zusam­men­kom­men ver­bo­ten. Die Wahl des Arbeits­plat­zes wird ein­ge­schränkt. Zum Ein­kau­fen, Aus­ge­hen oder bei der Benut­zung von Ver­kehrs­mit­teln (und wer weiß wo noch) muss man sich wei­ter – und womög­lich auf unab­seh­ba­re Zeit – zwangs­wei­se selbst ersti­cken. Die Gewöh­nung an dar­an, dass Bür­ger- und Frei­heits­rech­te kei­ne Grund­rech­te mehr sind, son­dern als „Pri­vi­le­gi­en auf Wider­ruf” gehand­habt wer­den, schrei­tet vor­an. Und das alles, weil die vor­han­de­nen Mög­lich­kei­ten zum Umgang mit dem Virus und der Gesamt­si­tua­ti­on aus­ge­rech­net hier nicht ange­wen­det werden.

Die­ses Sze­na­rio wäre eine Kapi­tu­la­ti­on des Bür­ger­rechts­staa­tes und der Ein­stieg in eine staat­li­che Will­kür – der dann auch irgend­wann ihre demo­kra­ti­sche Legi­ti­ma­ti­on abhan­den käme. Ange­sichts die­ser Aus­sich­ten hal­te ich eine umge­hend ein­ge­führ­te und kon­se­quent durch­ge­setz­te Impf­pflicht für das Mit­tel der Wahl. Wenn ich die Aus­sa­gen in der aktu­el­len öffent­li­chen Dis­kus­si­on ernst neh­me, ist sie die mit Abstand bes­te Mög­lich­keit, unter geringst­mög­li­chen Aus­wir­kun­gen auf die Grund­rech­te den best­mög­li­chen Schutz aller Men­schen zu errei­chen. Und genau das soll­te das Ziel staat­li­chen und gesell­schaft­li­chen Han­delns sein. Zudem sind ver­pflich­ten­de Imp­fun­gen weder gesell­schaft­li­ches noch juris­ti­sches Neu­land, son­dern geüb­te Praxis.

Und das bringt mich zum Start des Arti­kels zurück: Mei­ne Gene­ra­ti­on hat die kurz­zei­ti­ge Belas­tung einer ver­pflich­ten­den Pocken­imp­fung auf sich genom­men. Lang­fris­tig hat sie sich damit selbst von einer hoch­an­ste­cken­den und schwer beherrsch­ba­ren Krank­heit befreit – und alle nach ihr Gebo­re­nen gleich mit. Ich sehe kei­nen Grund, war­um wir als Gesell­schaft bei Covid-19 nicht genau­so han­deln soll­ten. Zumal die Neben­wir­kun­gen einer Covid-19-Imp­fung deut­lich gerin­ger sind.

Die Pockenschutzimpfung ließ eine Narbe zurück. Noch 47 Jahre nach der Impfung ist sie gut zu erkennen. Covid-19-Schutzimpfungen hinterlassen keine Narben.

Die Pocken­schutz­imp­fung ließ eine Nar­be zurück. Noch 47 Jah­re nach der Imp­fung ist sie gut zu erken­nen. Covid-19-Schutz­imp­fun­gen hin­ter­las­sen kei­ne Narben.

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