Pulse Of Europe auf dem Steintorplatz

Pulse Of Europe – Eindrücke von der Kundgebung in Hannover


Eine Kund­ge­bungs­be­we­gung hat in den letz­ten Wochen von sich reden gemacht: „Pul­se of Euro­pe” will Sprach­rohr für Men­schen sein, die Euro­pa, der euro­päi­schen Eini­gung und nicht zuletzt der Euro­päi­schen Uni­on posi­tiv gegen­über ste­hen. In einer Zeit, in der popu­lis­ti­sche Schrei­häl­se Euro­pa schlecht reden, ist das wahr­lich kein schlech­tes Vor­ha­ben. Grund genug für mich, selbst mal an einer sol­chen Kund­ge­bung teilzunehmen.

„Pul­se of Euro­pe” fin­det an mitt­ler­wei­le vie­len Stel­len in Euro­pa gleich­zei­tig und im fes­ten wöchent­li­chen Rhyth­mus statt: Jeden Sonn­tag um 14 Uhr. Für Han­no­ver ist es die­sen Sonn­tag die drit­te Kund­ge­bung und im Inter­net fin­den sich kon­kur­rie­ren­de Orts­an­ga­ben: Opern­platz oder Stein­tor ste­hen zur Aus­wahl. Bei genaue­rem Lesen schlägt dann das Stein­tor den Opern­platz für die­sen Sonn­tag – dort war schon eine ande­re Veranstaltung.

Pulse Of Europe Hannover

Pul­se Of Euro­pe Hannover

Als ich um etwa 13:50 Uhr ankom­me, ist die Men­ge an Men­schen noch über­schau­bar. Ich plat­zie­re mich nahe der Büh­ne und har­re der Din­ge, die da kom­men. Das Publi­kum ist bunt gemischt – und eher älter. Vor allem Fami­li­en sind mei­nem Ein­druck nach deut­lich unterrepräsentiert.

Mit gut 10 Minu­ten Ver­spä­tung beginnt die Ver­an­stal­tung mit Eröff­nungs­red­ner Tobi. Er ist ange­tan vom noch­mals deut­lich gewach­se­nen Zuspruch für die Ver­an­stal­tung, erin­nert dar­an, dass vor fast genau 60 Jah­ren die „Römi­schen Ver­trä­ge” als Grund­stein der heu­ti­gen EU unter­zeich­net wur­den und gibt die aktu­el­le „Pul­se of Europe”-Statistik bekannt: 68 Städ­te in 11 Län­dern sind dabei.

Tobi (rechts) eröffnet die Veranstaltung

Tobi (rechts) eröff­net die Veranstaltung

Zwei wei­te­re Rede­bei­trä­ge von Rei­ner und Magnus – auf Nach­na­men ver­zich­ten alle Red­ner kon­se­quent – span­nen den Bogen vom 70-jäh­ri­gen Frie­den auf dem euro­päi­schen Kon­ti­nent über die Völ­ker­ver­stän­di­gung und die Selbst­ver­ständ­lich­keit, mit der wir uns heu­te frei durch den Kon­ti­nent bewe­gen kön­nen bis zu den Anschlä­gen der jün­ge­ren Ver­gan­gen­heit. Stu­dent Magnus, zum Zeit­punkt der Anschlä­ge in Paris dort vor Ort gewe­sen, fasst sei­ne Reak­ti­on dar­auf unter gro­ßem Applaus zusam­men mit: „Mei­nen Hass bekommt ihr nicht.”

Reiner am Mikrofon

Rei­ner am Mikrofon

Redebeitrag von Magnus

Rede­bei­trag von Magnus

Ich wechs­le der­weil für wei­te­re Fotos den Stand­ort und bin erstaunt: Der Stein­tor­platz ist fast bis zur Trep­pe Rich­tung Lan­ge Lau­be gefüllt. 800 bis 1000 Teil­neh­mer ver­mel­den die Ver­an­stal­ter im Lau­fe der Kund­ge­bung. Das dürf­te hinkommen.

Der Steintorplatz: Gut gefüllt aber nicht voll

Der Stein­tor­platz: Gut gefüllt aber nicht voll

Der­weil ist das Publi­kum dran. Am „offe­nen Mikro­fon” gibt es ein gutes Dut­zend Wort­bei­trä­ge, in denen ver­schie­de­ne Men­schen schil­dern, was ihnen an Euro­pa wich­tig ist und war­um. Da ist die Stu­den­tin, die ein prä­gen­des Aus­tausch­se­mes­ter in einer WG mit Mit­be­woh­nern aus 15 Natio­na­li­tä­ten ver­bracht hat. Ein Aache­ner berich­tet, wie viel ein­fa­cher und ent­spann­ter das Leben im Drei­län­der­eck mit Fort­fall der Gren­zen gewor­den ist. Meh­re­re Men­schen mit Part­nern aus ande­ren Län­dern schil­dern, dass ihr Leben ohne das geein­te Euro­pa ein ganz ande­res wäre. Mehr­fach wird unter gro­ßem Applaus ein men­schen­wür­di­ger Umgang mit Flücht­lin­gen gefordert.

Eine Unter­schrif­ten­samm­lung für eine Ver­tie­fung des euro­päi­schen Eini­gungs­pro­zes­ses läuft wäh­rend der gan­zen Ver­an­stal­tung. Schließ­lich wird gemein­sam die Euro­pa-Hym­ne „Ode an die Freu­de” gesun­gen und zum Schluss um kurz nach 15 Uhr gibt es noch eine Men­schen­ket­te auf dem Steintorplatz.

Unterschriftenaktion "Europäische Einigung vertiefen"

Unter­schrif­ten­ak­ti­on „Euro­päi­sche Eini­gung vertiefen”

Pul­se of Euro­pe ist ein posi­ti­ves Erleb­nis. Es ist wich­tig, den plat­ten rech­ten Aus- und Abgren­zungs­pa­ro­len die libe­ra­len und huma­nis­ti­schen Grund­ein­stel­lun­gen ent­ge­gen­zu­hal­ten, die die Grund­la­gen unse­rer Gesell­schaft sind – und die seit nun­mehr 70 Jah­ren ein fried­li­ches und ver­ein­tes Euro­pa ermög­li­chen. Und es ist ermu­ti­gend, dass meh­re­ren hun­dert Men­schen allein in und um Han­no­ver die­se Grund­ein­stel­lun­gen so wich­tig sind, dass sie sich am Sonn­tag mit­tag ver­sam­meln und dafür protestieren.

Und noch etwas fin­de ich sehr posi­tiv: Pul­se of Euro­pe ist par­tei­un­ab­hän­gig: Auf dem gan­zen Platz sieht man nur Euro­pa­flag­gen und ein paar selbst­ge­mach­te Pla­ka­te. Poli­ti­sche Par­tei­en tre­ten nicht in Erschei­nung. Anders­her­um gibt das Mit­glie­dern ver­schie­de­ner die­ser Par­tei­en die Mög­lich­keit, teil­zu­neh­men – und in der Tat tref­fe ich zwei frü­he­re Mit­ab­ge­ord­ne­te aus dem han­no­ver­schen Rat; die eine aus der CDU, der ande­re von den Grü­nen. Auch der SPD-Euro­pa­ab­ge­ord­ne­te Bernd Lan­ge ist zuge­gen, aller­dings sicht­lich „pri­vat”.

"Bleibt bei uns" - Französische Plakatbotschaft

„Bleibt bei uns” – Fran­zö­si­sche Plakatbotschaft

"Vive L'Europe" - noch eine französische Plakatbotschaft

„Vive L’Eu­ro­pe” – noch eine fran­zö­si­sche Plakatbotschaft

Nächs­ten Sonn­tag gibt es die nächs­te Kund­ge­bung. Dann wie geschrie­ben auf dem Opern­platz. Wenn nichts dazwi­schen­kommt, wer­de ich wie­der dabei sein. Und viel­leicht den Wunsch der Orga­ni­sa­tio­ren erfül­len: „Jeder, der heu­te da war, kommt nächs­tes Mal wie­der und bringt noch jeman­den mit.”

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