Interessiert es noch wen?
Für Piraten ist Bürgerbeteiligung nicht nur ein Wort. Wir sind schon in vielen Parlamenten vertreten und geben Dir hier die Möglichkeit, Dein Anliegen dort einzubringen.
openantrag.de
Ach ja, was für heere Worte. Allein, was nützt es, wenn das Angebot, das sich damit schmückt, die damit verbundenen Versprechungen in keiner Weise halten kann?
Wenn man sich OpenAntrag mal genauer anschaut, stellt man fest: Haufenweise falsche Daten, nicht (mehr) existierende Vertretungen, längst nicht mehr existierende Vertreter. Es ist augenscheinlich fast alles gnadenlos veraltet. Gerade mal, dass die Abwahl der Berliner Fraktion auf Landesebene nachgezogen und die Vertretung entfernt wurde. Ansonsten ist an den Daten mehrheitlich seit Jahren nichts passiert.
Beispiel Niedersachsen: Da hat die Kommunalwahl 2016 quasi nicht stattgefunden. Braunschweig, Osnabrück, Delmenhorst, Göttingen – wohin man schaut ist Stand von 2011, teilweise wohl 2013 oder 2014 aktualisiert. Aber: Dass der Laatzener Abgeordnete vor Jahren die Partei gewechselt hat? Egal. Dass die allermeisten Abgeordneten 2016 aus den Vertretungen ausgeschieden sind? Tut nichts zur Sache.
Besonders makaber: Der für Buchholz/Nordheide angegebene Piratenvertreter ist vor über einem halben Jahr gestorben. Auf OpenAntrag kann man ihm nach wie vor Anträge schicken…
Die einzige aktuelle Information, die ich finden konnte, betraf die Regionsversammlung Hannover. Da wird tatsächlich der aktuelle Vertreter genannt. Im Informationstext daneben wird aber fröhlich über seine Vorgänger und die eher unrühmliche Geschichte ihrer Fraktion referiert. Schon beim hannoverschen Stadtrat ist’s aber wieder vorbei: Angeblich bin da immer noch ich Vertreter und man kann Antragsideen an mich schicken. Über vier Monate nach meinem Ausscheiden aus dem Rat… Seit fast einem Monat versuche ich, den Administrator zu erreichen, auf dass das endlich mal korrigiert wird – bislang vergeblich.
Was soll sowas? Das „Portal” mit dem durchaus professionell wirkenden Äußeren wird in der großen Mehrzahl der Fälle eingehende Nachrichten ins Nirwana funken. Die vorgeblich bürgernahe Beteiligungsmöglichkeit verhindert so die Kontaktaufnahme und damit genau die Beteiligung, die sie verspricht. Das ganze Ding ist eine Chimäre, ein Luftschloss, ein Wolkenkuckucksheim.
Trotzdem schmückt sich diese virtuelle Informationsmüllhalde mit dem Logo der Piratenpartei. Innerhalb ihres eigenen Horizonts sogar zu Recht, denn dem parteiunabhängigen Namen zum Trotz erlaubt „OpenAntrag” nur die Kontaktaufnahme zu Vertretern dieser einen Partei.
Ich frage allerdings: Kann es für eine Partei gut sein, mit einem derart schlecht gepflegten Angebot in Verbindung gebracht zu werden? Wird es potentielle Nutzer nicht vielmehr frustrieren, wenn die vorgebliche Kontaktaufnahme mit „Piratenvertretern” scheitert und nicht mal erkennbar ist, dass die angeblichen Empfänger gar nicht mehr existieren? Und wird dieser Frust dann nicht auf die Partei zurückfallen?
Insofern wäre es für alle Beteiligten wohl am besten, wenn die ganze „OpenAntrag”-Seite abgeschaltet würde, bis eine zuverlässige Betreuung und Aktualisierung der Inhalte gewährleistet ist und auch wieder nennenswerte Empfänger zur Verfügung stehen. Auf mehreren Ebenen bringt mich das allerdings auf meine Eingangsfrage zurück:
Interessiert es noch wen?
Nachtrag, 2018-11-10: Nun, seit dem Herbst 2018 ist die Webpräsenz nicht mehr erreichbar. „Service unavailable” steht dort jetzt. Es trifft die Realität besser als alles, was vorher dort stand.