Am gestrigen Sonntag ist der neue Fahrzeugtyp „TW 3000″ erstmals im Liniendienst im hannoverschen Stadtbahnnetz unterwegs gewesen. Eigentlich sollten die Wagen ja schon seit einem Jahr im Einsatz sein, im Frühjahr 2014 hatte es sogar schonmal Schnupperfahrten an einem Samstag zwischen Hauptbahnhof und Stadionbrücke gegeben. Aber dann stellte sich heraus, dass ein Serienfehler bei Schweißnähten an den Wagenkästen einen Einsatz der bereits produzierten Fahrzeuge bis auf Weiteres verhinderte.
Mittlerweile ist nachgebessert worden, weitere – nunmehr korrekt produzierte – Fahrzeuge wurden seit einigen Wochen angeliefert und gestern war nun der erste Tag im Linieneinsatz auf der Linie 7 zwischen Wettbergen und Misburg. Die üstra hatte dies relativ groß angekündigt, inklusive des Umlaufplanes: 16 Uhr in Misburg sollte es losgehen.
Ich hatte es nicht geschafft, dorthin zu fahren und bin stattdessen ab Vier Grenzen dem Zug zunächst Richtung Wettbergen hinterhergefahren. Durch die 7‑minütige Verspätung, die der augenscheinlich proppenvolle Zug bis dahin angefahren hatte, kam der nächste Zug der Linie 3 quasi unmittelbar dahinter.
Am Sauerwinkel habe ich mich dann „auf die Lauer gelegt”. In der Tat kam das Gefährt dann auch planmäßig zurückgefahren und dankenswerter Weise bin ich noch reingekommen. Selbstverständlich war das nicht: Die Bahn war die komplette Fahrt über knackig voll, viele Fahrgäste sind (zugegebenermaßen so wie ich) einfach die komplette Strecke mitgefahren, sodass selbst in der Innenstadt nur relativ wenig Fahrgastwechsel stattgefunden hat.
Ich bin dann einmal bis Misburg mitgefahren und anschließend wieder bis Wettbergen zurück, ab Innenstadt sogar auf einem Sitzplatz. Insgesamt hat das Fahrzeug auf mich einen durchaus guten Eindruck gemacht. Aufgefallen sind mir einige Details:
- Die Fahrzeuge sind wesentlich ruhiger im Inneren. Gerade im Vergleich zum TW 2000 ist der Unterschied äußerst augen- bzw. ohrenfällig. Ich denke auch, dass liegt nicht nur daran, dass viel mehr Menschen mitgefahren sind.
- Auch die Laufruhe ist bemerkenswert besser – und das, wo doch seinerzeit die TW 2000 schon eine deutliche Verbesserung gegebenüber den alten TW 6000-Bahnen aus den frühen 1970er-Jahren darstellten. Es ist schon erstaunlich, wie sehr sich die Fahrzeugtechnik seither weiterentwickelt hat.
- Die Wagen haben eine gut funktionierende Luftzufuhr. Trotz des andauernd sehr hohen Füllgrades war die Luft immer gut. Für den Fall der Fälle gibt es sogar weiterhin kleine Fenster.
- Es gibt Ausblick nach vorn! Bei den alten TW 6000 ist der ja sehr häufig durch Vorhänge verdeckt und beim TW2000 auf ein kümmerliches Fensterchen am Rand zusammengeschrumpft. Jetzt ist wieder wesentlich mehr Fenster vorhanden, durch das man auch aus dem Fahrgastraum nach vorn hinausschauen kann.
- An den Seiten ist die Fensteraufteilung ungewohnt: Die Fenster sind schmaler, aber wesentlich höher als bei beiden bisherigen Bauserien. Die dunkle Tönung der Fenster sorgt zudem dafür, dass das Draußen dunkler erscheint als es ist.
- Mit der LED-Beleuchtung im Innenraum lassen sich gezielt Farbakzente setzen. Während meiner Fahrt allerdings war der farbige Beleuchtungsteil (ca. 70% der Beleuchtung ist sowieso weiß) durchgängig grün – ob nun der kolportierten beruhigenden Wirkung wegen oder als Remineszenz an die üstra-Hausfarbe sei mal dahingestellt…
Der Innenraum ist, soweit ich das bei der vollen Bahn sehen konnte, pfiffiger aufgeteilt als beim TW 2000: Während in den älteren Wagen die Sitzgruppen in der Wagenmitte angeordnet sind, sind sie beim TW3000 an die Fahrzeugenden gewandert. Das schafft mehr Bewegungsfreiheit, da es keinen engen Durchgang zwischen den geräumigeren Wagenteilen mit den Längssitzen mehr gibt. Ansonsten sind viele Ausstattungsdetails vom TW2000 übernommen: Die Halteschlaufen und die Monitore für die Fahrgastinformation sehen gleich aus und ebenso wie beim TW2000 gibt es „Mehrzweckabteile”, wo Klappsitze Platz für Fahrräder, Kinderwagen oder Rollstühle schaffen. Da kein Platz mehr für Trittstufen benötigt wird, sind auch die Türbereiche geräumiger und übersichtlicher.
Anders als bei den TW 2000 wird es vom TW 3000 keine durchgängigen Doppeltraktionen geben. Insofern war der heutige Zug aus den 2 Wagen mit den Seriennummern 3009 und 3019 zusammengesetzt. 3009 ist insofern spannend, als dass es sich dabei um den ersten Wagen nach den acht Wagen mit den fehlerhaften Schweißnähten handelt.
Mit den TW 3000 wird jetzt alle 2 Wochen ein weiterer Kurs auf der Linie 7 gefahren. Den aktuellen Planungen zu Folge wird zunächst diese Linie sortenrein mit TW 3000 befahren. Wegen der fehlenden Klapptrittstufen können die Fahrzeuge momentan nur auf wenigen Linien in Hannover eingesetzt werden: Komplett mit Hochbahnsteigen ausgestattet sind momentan nur die Linien 3, 7 und 8. Noch im Jahr 2015 wird auch die Linie 4 in Frage kommen, der hier noch fehlende Hochbahnsteig an der Haltestelle Schaumburgstraße wird dieses Jahr gebaut. Im Jahr 2016 wird auch Großer Hillen umgerüstet sein und damit auch der Einsatz auf der Linie 5 möglich. Nur eine Station fehlt auch jeweils noch auf den Linien 6 (Bahnhof Nordstadt) und 11 (HCC). Auf der Linie 2 sind noch die drei Stationen am südlichen Ende mit niedrigen Bahnsteigen ausgerüstet. Wesentlich größere Lücken im Hochbahnsteigausbau gibt es noch auf den übrigen Linien 1, 9, 10 und 17.
Ich bin mal gespannt, ob die üstra nun im 2. Anlauf die TW 3000 dauerhaft und zuverlässig im Liniendienst einsetzen kann. Ich erinnere mich, dass die seinerzeit hastig eingeführten TW 2000 monatelange Kinderkrankheiten im Fahrgastbetrieb hatten. Möge es dem TW 3000 besser ergehen!