Meine Piratenpartei 1


Am kom­men­den Wochen­en­de ist nun also der „Schick­sal­s­par­tei­tag” der Pira­ten­par­tei in Hal­le. In den letz­ten Wochen und Mona­ten hat es defi­ni­tiv kei­nen Spaß gemacht, die­ser Par­tei anzu­ge­hö­ren. Ich möch­te an drei Punk­ten dar­stel­len, was „mei­ne” Pira­ten­par­tei aus­macht – was für mich die Grün­de waren, genau die­ser Par­tei bei­zu­tre­ten und was sie mei­nes Erach­tens machen muss, damit ich mich wei­ter mit ihr iden­ti­fi­zie­ren kann.

Mei­ne Pira­ten­par­tei steht für eine libe­ra­le Poli­tik und eine gleich­be­rech­tig­te, offe­ne Gesell­schaft. Sie gibt sich kei­nen Ver­schwö­rungs­theo­rien hin und genau­so­we­nig Men­schen oder Denk­rich­tun­gen, die behaup­te­te Unter­ge­rech­tig­kei­ten in der Gesell­schaft mit Gän­ge­lung oder Gesin­nungs­spit­ze­lei beant­wor­ten. In der Sat­zung steht: „Mit­glie­der wer­den geschlechts­neu­tral als ‚Pira­ten’ bezeich­net.” Das ist der Geist mei­ner Pira­ten­par­tei und kei­ne „I„s, Stern­chen, Unter­stri­che oder Kom­bi­na­tio­nen dar­aus, die irgend­ei­ne Form von „gerech­ter Spra­che” dar­stel­len sol­len. Jedem Men­schen sei­ne Frei­hei­ten und sei­ne Ent­fal­tungs­mög­lich­kei­ten zu geben heißt auch, Men­schen und Men­schen­grup­pen nicht gegen­ein­an­der auszuspielen.

Mei­ne Pira­ten­par­tei macht Poli­tik unter brei­test­mög­li­cher Betei­li­gung ihrer Mit­glie­der. Sie prüft dafür ihre Ver­fah­ren und Metho­den und ver­än­dert sie gege­be­nen­falls. Nach fast acht Jah­ren und nach etli­chen Anläu­fen gibt es immer noch kein all­ge­mein akzep­tier­tes Ver­fah­ren zur Online-Mei­nungs­fin­dung. Das berück­sich­tigt sie bei der Betrach­tung. Mei­ne Pira­ten­par­tei prüft auch, ob die Par­tei­ta­ge in ihrer jet­zi­gen Form wirk­lich geeig­net sind, die Par­tei ins­ge­samt hin­rei­chend gut zu ver­tre­ten. In mei­ner Pira­ten­par­tei geht es in ers­ter Linie um poli­ti­sche Inhal­te, nicht um poli­ti­sche Werk­zeu­ge

Mei­ne Pira­ten­par­tei ver­mehrt poli­ti­schen Sach­ver­stand in den eige­nen Rei­hen. Sie ist attrak­tiv für Men­schen mit poli­ti­scher und inhalt­li­cher Erfah­rung. Sie nutzt die­se Erfah­rung, um fun­diert inhalt­lich zu argu­men­tie­ren und Wis­sen inner­halb der Par­tei wei­ter­zu­tra­gen. Sie ver­mei­det inhalt­li­che Fest­le­gun­gen ohne eine fun­dier­te Betrach­tung des Sach­ver­halts. Mei­ne Pira­ten­par­tei ent­wi­ckelt ihre inhalt­li­chen Kon­zep­te auch wei­ter und passt sie neu­en poli­ti­schen oder gesell­schaft­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen an. Mit einer C3S-Ver­wer­tungs­ge­sell­schaft am Hori­zont, dem Ver­le­ger-Leis­tungs­schutz­recht, den Urtei­len und poli­ti­schen Akti­vi­tä­ten zur „Vor­rats­da­ten­spei­che­rung” und nicht zuletzt den Snow­den-Ent­hül­lun­gen ent­wi­ckelt sie die Aus­sa­gen zu Urhe­ber­recht, Bür­ger­rech­ten und Glä­ser­nem Bür­ger wei­ter. Die Pira­ten­par­tei war die ers­te rele­van­te poli­ti­sche Orga­ni­sa­ti­on, die sich der „Demo­kra­tie im digi­ta­len Zeit­al­ter” als über­grei­fen­dem Phä­no­men ange­nom­men hat. Mei­ne Pira­ten­par­tei bleibt die wich­tigs­te Platt­form für libe­ra­le poli­ti­sche For­de­run­gen in die­sem Gebiet.

Mei­ne Pira­ten­par­tei ver­liert sich nicht in inter­nen Strei­te­rei­en und Intri­gen. Sie wehrt sich gegen Men­schen und Grup­pen, die das von ihr gefor­der­te und geleb­te libe­ra­le Welt­bild nut­zen, um der Par­tei zu scha­den. Ihre inne­ren Orga­ne för­dern eine leben­di­ge Dis­kus­si­ons­kul­tur und las­sen nicht zu, dass Men­schen auf Grund von Mei­nungs­äu­ße­run­gen ange­grif­fen wer­den oder ver­sucht wird, sie mund­tot zu machen. Mei­ne Pira­ten­par­tei lässt sich nicht von klün­geln­den Inter­es­sen­grup­pen instru­men­ta­li­sie­ren oder aus­ma­nö­vrie­ren, son­dern weist sol­che Grup­pen in ihre Schran­ken und gege­be­nen­falls auch aus der Partei.

Ich „mache” selbst seit nun­mehr gut zwei­ein­halb Jah­ren Poli­tik als Abge­ord­ne­ter im Rat der Stadt Han­no­ver. Bezüg­lich der inne­ren Struk­tu­ren von Poli­tik war das die wohl ernüch­ternds­te Erfah­rung, die ich jemals gemacht habe. Ich bin umso mehr davon über­zeugt, dass eine neue poli­ti­sche Kraft wie die Pira­ten­par­tei drin­gend gebraucht wird, um die ver­krus­te­ten und ein­ge­fah­re­nen poli­ti­schen Struk­tu­ren auf­zu­bre­chen. Es ist umso bedau­er­li­cher, dass die­se Par­tei bis­lang aus selbst gemach­ten Grün­den nicht in der Lage ist, die­se Rol­le schlag­kräf­tig und aktiv zu über­neh­men. Momen­tan ist dies der Haupt­grund dafür, dass ich nach wie vor Pirat bin: Ich sehe weit und breit kei­ne ande­re poli­ti­sche Kraft, die mit libe­ra­len, frei­heit­li­chen und welt­of­fe­nen Grund­sät­zen die­se Rol­le über­neh­men könnte.

Genau des­halb hof­fe ich, dass am Mon­tag die Pira­ten­par­tei noch mei­ne Pira­ten­par­tei ist.


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