In der Ratssitzung vom 2014-05-22 hat die Fraktion der Linken ein Aktuelle Stunde zum Thema „Neue Gymnasien oder Gesamtschulen – Chancengleichheit für alle Kinder in Hannover?” beantragt. Folgendes habe ich gesagt:
„Frau Vorsitzende,
Herr Oberbürgermeister,
werte Anwesende,
wir reden hier und jetzt über Schule und Schulformen. Ich finde es zunächst mal spannend, dass das überhaupt möglich ist. Schulpolitik ist in Deutschland ja zunächst mal Ländersache. Auf Landesebene wird über Schulkonzepte und Lehrpläne entschieden – und häufig hat man den Eindruck, die Diskussion dort sei ein wenig entrückt. Die Aktuelle Stunde hier zeigt aber, dass die Kommunen durchaus einen erheblichen Einfluss darauf haben, wie die Schullandschaft vor Ort aussieht. Hier nämlich werden die Ideen und Konzepte ausgestaltet und umgesetzt. Das ist einerseits verantwortungsvoll und andererseits nicht für umsonst zu haben. Die Kommunen brauchen eine gute finanzielle Ausstattung, damit sie ihrer Aufgabe mit hoher Qualität nachkommen können.
Bereits seit 2009 und auch im Kommunalwahlprogramm von 2011 hat die Piratenpartei betont, dass Bildung und Ausbildung individuelle Prozesse sind. Ich muss mich nur hier umschauen und kann sagen – und Sie werden mir zustimmen: Jeder Mensch ist anders. Jeder Mensch hat andere Anforderungen an seine Umwelt – und eben auch daran, wie er am besten ausgebildet wird. Deshalb ist ein Schulsystem dann gut, wenn es auf diese unterschiedlichen Anforderungen eingehen kann und jedem Menschen einen für ihn möglichst gut gangbaren Ausbildungsweg anbietet. Schule und Bildung sind aber natürlich auch gesellschaftliche Einrichtungen. Wir legen als Gesellschaft fest, wie die grundlegende Ausbildung unserer Kinder ablaufen soll, welche Schwerpunkte gelegt werden und letztlich auch, welches Weltbild vermittelt wird. Da kann man sich jetzt trefflich darüber streiten, wie das ganze heißt. Gesamtschule, Gymnasium, Realschule, Hauptschule, Oberschule – das niedersächsische Schulsystem bietet da viele Möglichkeiten. Je mehr man darüber debattiert, desto weniger Zeit bleibt aber für andere Fragen. Die nach der Finanzierung zum Beispiel.
Warum müssen in Hannover Schulgebäude als sogenannte „Öffentlich-private Partnerschaften” errichtet werden, obwohl bekannt ist, dass diese Finanzierungsform für die öffentliche Hand erhebliche Unwägbarkeiten und Nachteile hat? Warum muss das Bauprogramm für Schulmensen über Jahre gestreckt werden? Warum gibt es immer noch deutlich weniger Ganztagsschulplätze als das nötig wäre? Warum gibt es ständig Beschwerden über Sauberkeit oder gar Berichte über Kinder, die die Schultoiletten aus Ekel nicht benutzen?
Meine Damen und Herren, meines Erachtens liegt hier der Hase im Pfeffer: Die Frage nach der Schulform verdeckt die Frage nach der Schulfinanzierung. Diese ist aber die deutlich wichtigere: Entscheidend für eine gute Schule ist, dass sie gut ausgestattet ist: Lehrer müssen dort gern unterrichten und Eltern ihre Kinder dort guten Gefühls hinschicken können. Und die Kinder sollten dort – zumindest meistens – gern hingehen und sowohl eine gute fachliche Ausbildung als auch wichtige Grundlagen für ihr weiteres Leben vermittelt bekommen. Dann, meine Damen und Herren, ist es aber plötzlich gar nicht mehr so wichtig, was auf dem Schild am Eingang steht.
Vielen Dank.”