Tunnelstation für die D-Linie am Hauptbahnhof: Bauvorleistung aus den frühen 1970er Jahren

Prof. Scheelhaase bei den Piraten zur Stadtbahnlinie „D” in Hannover 5


Anfang April hat­te die Pira­ten­par­tei bei ihrem wöchent­li­chen Aktiv­en­tref­fen einen sehr inter­es­san­ten Gast: Prof. Scheel­h­aa­se, einer der „Väter” des han­no­ver­schen Stadt­bahn­sys­tems, war auf Bit­ten der Pira­ten anwe­send. Er hat über die Ent­ste­hung des han­no­ver­schen Stadt­bahn­net­zes gespro­chen, über die Per­spek­ti­ven für den Lini­en­ast nach Ahlem („D‑West”) und über sei­nen eige­nen Vor­schlag, wie die­ser Ast zukünf­tig in das han­no­ver­sche Stadt­bahn­netz inte­griert wer­den könnte.

Ich habe bei der Ver­an­stal­tung flei­ßig mit­ge­schrie­ben und gebe die­ses Pro­to­koll im Fol­gen­den wieder:

Prof. Scheel­h­aa­se berich­tet ein wenig. Es geht zunächst um die Zusam­men­hän­ge. Er geht gleich in die Nach­kriegs­zeit. 1945 – wir wol­len die auto­ge­rech­te Stadt mit vie­len Krei­seln. Grund­la­ge war ein städ­te­bau­li­cher Wett­be­werb, aber schon 1960 die Ein­sicht: Mit dem Auto­ver­kehr allein kann man die Ver­kehrs­pro­ble­me nicht bewäl­ti­gen. Des­halb Umstieg auf öffent­li­chen Ver­kehr. Es folg­ten Gut­ach­ten. Im Jahr 1965 dann der ein­stim­mi­ge Rats­be­schluss: In Han­no­ver soll eine U‑Bahn gebaut wer­den, und zwar so wie in Ber­lin oder Ham­burg. Da das aber nicht so schnell geht: Vor­lauf­nut­zung durch Stra­ßen­bahn. Die­ses also die Aus­gangs­la­ge, als Herr Scheel­h­aa­se 1967 nach Han­no­ver gekom­men ist. Die­se Vor­ga­ben waren bin­dend und muss­ten auch wegen der Bun­des­för­de­rung ein­ge­hal­ten werden.

Das führ­te dazu, das U‑Bahn-gerecht gebaut wer­den muss­te und damit ein wenig am eigent­li­chen Bedarf: Län­ge­re Bahn­stei­ge, grö­ße­res Pro­fil, Hoch­bahn­stei­ge. Außer­dem: Signal­sys­tem, das 120 Sekun­den Zug­fol­ge erlaubt.

Wir haben also ein Tun­nel­sys­tem gebaut, das letzt­lich über­di­men­sio­niert war. Die­ses exis­tiert heu­te noch, die lan­gen Bahn­stei­ge sind nach wie vor eher über­flüs­sig. Das waren aber die Weichenstellungen.

Nun also Situa­ti­on: Wei­chen­stel­lun­gen haben gan­ze Rich­tung geprägt. Aber schon 1972 fest­ge­stellt: U‑Bahn ist für Han­no­ver eine Num­mer zu groß. Das wird nichts. Des­halb: Beschei­de­ner sein. Ergeb­nis: Stadt­bahn­sys­tem ent­wi­ckelt: Im Tun­nel U‑Bahn mit Signal, ober­ir­disch aller­dings Fah­ren wie eine Stra­ßen­bahn, auf Sicht mit Ampeln etc. So wur­de dann ab 1973 kon­se­quent geplant und gebaut. Aller­dings: Fak­ten waren schon gesetzt. Es wur­den also nicht nur Tun­nels gebaut, son­dern ober­ir­disch auch die Stre­cken aus­ge­baut, eige­ne Gleis­kör­per, kon­se­quen­te Tren­nung von Auto- und Stra­ßen­bahn­ver­kehr geplant und auch durchgeführt.

Außer­dem: Sys­tem „Hoch­bahn­stei­ge” kon­se­quent wei­ter­ge­führt. Also: Ab 1975 wur­den immer Hoch­bahn­stei­ge gebaut, ins­be­son­de­re bei Stre­cken­ver­län­ge­run­gen. Ahlem, Garb­sen etc. An den End­punk­ten, an den Wei­ter­bau nicht sinn­voll erschien (Sied­lungs­dich­te), wur­den Umstei­ge­an­la­gen zum Omni­bus-Umstei­ge­ver­kehr gebaut.

Die­ses Sys­tem mit den Hoch­bahn­stei­gen ist bis heu­te durch­ge­hal­ten. Tun­nel­bau durch­ge­hal­ten bis ca. 1991. Da war das Innen­stadt­netz im Wesent­li­chen fer­tig. Nach C‑Nord wäre eigent­lich dran­ge­we­sen: D‑Linie nach Lin­den. Wäre auch wun­der­bar gelau­fen im Zuge der Pro­jek­te der Welt­aus­stel­lung, schei­ter­te aber am Wider­stand der Grü­nen. Die haben schon Anfang der 1990er Jah­re gesagt. „Wir wol­len kei­nen Tun­nel mehr in Han­no­ver. Wir wol­len die Stra­ßen­bahn ober­ir­disch und so, dass sie den Auto­ver­kehr behin­dert und dadurch die Ver­kehrs­ver­hält­nis­se ändert.”

Tun­nel­bau ist dann Ende der 1990er-Jah­re aus­ge­lau­fen. Nicht aus­ge­lau­fen aller­dings ober­ir­di­scher Hoch­bahn­steig­bau. Unter ande­rem nach Ahlem. Dort drei Hoch­bahn­stei­ge, dann auf der Stre­cke aller­dings seit 1995 nichts mehr pas­siert. Noch bis vor zwei Jah­ren kei­ner­lei Ände­run­gen, dann haben aber alle gemerkt: Es muss was pas­sie­ren, Linden/Ahlem sind von moder­nem Netz abge­schnit­ten, die Umstei­ge­be­zie­hun­gen zu den ande­ren Stre­cken schlecht, die Lin­de­ner sind benachteiligt.

Streckenverlängerung Ahlem: Hier wurden bereits Hochbahnsteige gebaut

Stre­cken­ver­län­ge­rung Ahlem: Hier wur­den bereits Hoch­bahn­stei­ge gebaut

Aus die­sem Grund war die Über­le­gung immer da: Die bes­te Lösung ist immer noch der Tun­nel wie in den 1990er JAh­ren vor­ge­schla­gen: Goe­the­platz-Haupt­bahn­hof. Dies ist jetzt heut­zu­ta­ge aber nicht mög­lich, so behaup­ten eini­ge, weil das Geld nicht da ist. Es geht jetzt also um die zweit­bes­te Lösung. Und um die wird zur­zeit viel dis­ku­tiert. Die­se Dis­kus­si­on besteht nun dar­in, dass bestimm­te Krei­se vor­schla­gen, eine Nie­der­flur­tech­nik ein­zu­füh­ren. Also nicht mehr Hoch­bahn­stei­ge zu bau­en, son­dern Bahn­stei­ge, die nur 25 cm hoch sind, und da eine neue Stra­ßen­bahn­li­nie zu füh­ren von Ahlem bis in die Innen­stadt oder sogar noch wei­ter bis zum Raschplatz.

Dies wird aller­dings von eini­gen, auch Prof. Scheel­h­aa­se, sehr kri­tisch gese­hen. Tech­ni­sche Details: Es ist immer schlecht, mit zwei Sys­te­men zu arbei­ten: Ersatz­tei­le, ein Sys­tem kann nicht in das ande­re hin­ein­fah­ren. Das ist so wie mit zwei Pro­gram­mier­spra­chen oder als wenn man stän­dig zwi­schen Apple und Win­dows wech­seln müss­te. Das heißt, ein ein­heit­li­ches Sys­tem mit allem drum und dran hät­te gro­ße Vorteile.

Außer­dem wur­de ja bereits von einem Arbeits­kreis aus­ge­rech­net, dass Betrieb eines sol­chen zwei­ten Sys­tems ca 850.000 EUR pro Jahr teu­rer wäre als die Stre­cke mit Hoch­flur zu betrei­ben. Es ist nicht ein­seh­bar, ein sol­ches Sys­tem zu entwickeln/vertreten/bauen, wenn es schlech­ter ist und mehr Geld kostet.

Des­halb hat Scheel­h­aa­se sich gemel­det und gesagt: Eigent­lich wäre es für Lin­de­ner und Ahle­mer opti­mal, wenn wir die Über­ka­pa­zi­tä­ten des Tun­nel­net­zes aus­nut­zen und einen Teil der Linie 10 oder die gesam­te Linie 10 in den Tun­nel ab Water­loo schi­cken und dort bis Haupt­bahn­hof fah­ren las­sen. Damit haben dann alle Leu­te aus Lin­den, auch Behin­der­te, opti­ma­le Bedin­gun­gen, wenn noch ein paar Hoch­bahn­stei­ge gebaut würden.

Und wenn es unbe­dingt gewünscht ist, nicht alles in den Tun­nel zu schi­cken, kann die Linie 10 auf­ge­spal­ten wer­den, sodass ein zwei­ter Ast ober­ir­disch in die Kurt-Schu­ma­cher-Stra­ße fährt.

Goetheplatz: Hier würden sich die Linien trennen. Im Hintergrund die Goethestraße, wo auch der D-Tunnel beginnen würde

Goe­the­platz: Hier wür­den sich die Lini­en tren­nen. Im Hin­ter­grund die Goe­the­stra­ße, wo auch der D‑Tunnel begin­nen würde

Für Lin­den ergä­be das eine opti­ma­le Erschlie­ßung. Die Auf­spal­tung ist nur eine Fra­ge des Fahr­plans. Die Express­li­nie in den Tun­nel könn­te mit qua­si jedem Fahr­plan­wech­sel ein­ge­führt wer­den und alle, die auf bar­rie­re­frei­en Ein­stieg ange­wie­sen sind, könn­ten jetzt schon von Ahlem in die Innen­stadt fah­ren und dort über­all­hin bar­rie­re­frei umstei­gen. Und die übri­gen Vor­tei­le hät­ten auch alle ande­ren: Wet­ter­schutz, Roll­trep­pen, Aufzüge.

Scheel­h­aa­se meint des­halb, es wäre nicht ver­tret­bar, so viel Geld für eine ober­ir­di­sche Nie­der­flur­stra­ßen­bahn aus­zu­ge­ben, wenn man das mit einer Fahr­plan­kor­rek­tur und eini­gen weni­gen Hoch­bahn­stei­gen genau­so­gut errei­chen könnte.

An die­sen Ein­stiegs­vor­trag schließt sich eine umfäng­li­che Fra­ge­run­de an, wobei die Fra­gen mehr­heit­lich an Prof. Scheel­h­aa­se gehen.

Fra­ge: Wie argu­men­tie­ren Befür­wor­ter der Nie­der­flur­tech­nik, gera­de bei den Kosten?

Ant­wort: Etwa: „Es ist wun­der­schön, mit einer Stra­ßen­bahn ober­ir­disch in die Stadt rein­zu­fah­ren und in die Geschäf­te zu schau­en.” Ich kann die Argu­men­ta­ti­on aber auch nicht so gut.

F: Gibt es noch mehr Kapa­zi­tä­ten für Ver­kehr in der U‑Bahn?

A: Es gibt im han­no­ver­schen Stadt­bahn­netz zwei Nadel­öh­re: Ein­mal Stein­tor mit vier Lini­en auf zwei Ästen. Dort funk­tio­niert das. Das ande­re Nadel­öhr ist Water­loo: Dort bis­lang nur drei Lini­en und – anders als am Stein­tor – zusätz­li­che Bahn­steig­kan­ten, sodass Züge auf jeden Fall in Sta­ti­on ein­fah­ren können.

F: Zu den Bau­vor­leis­tun­gen an den Sta­tio­nen Hauptbahnhof/ZOB und Stein­tor. Dort gab es Zuschüs­se, Steu­er­gel­der. Wie sind die Ver­trä­ge gestal­tet, kann es Regress geben, wenn die Vor­leis­tun­gen jetzt nicht genutzt wer­den? Auch bei Ihme­zen­trum, ist ja auch untertunnelbar.

A: Man geht davon aus, das die Ansprü­che wegen die­ser Zuschüs­se ver­jährt sind. Ist also nicht aus­ge­schlos­sen, aber unwahr­schein­lich, dass es Regress­an­sprü­che geben könnte.

Tunnelstation für die D-Linie am Hauptbahnhof: Bauvorleistung aus den frühen 1970er Jahren

Tun­nel­sta­ti­on für die D‑Linie am Haupt­bahn­hof: Bau­vor­leis­tung aus den frü­hen 1970er Jahren

F: Es sind ja nicht nur die Grü­nen, son­dern auch die Lin­ken, die Nie­der­flur­tech­nik wol­len. Was mir in öko­no­mi­scher Betrach­tung fehlt: Der Tun­nel hat doch auch Vor­tei­le für die Geschäfts­leu­te in der Innen­stadt. Ich erin­ne­re mich noch an die Hil­des­hei­mer Stra­ße vor dem U‑Bahnbau mit den hand­tuch­brei­ten Geh­we­gen. Ist sowas berücksichtigt?

A: Das ist ja mein Vor­schlag. Es ist aber noch nicht in der Poli­tik ange­kom­men. Ich wür­de den ober­ir­di­schen Ast gern am Stein­tor enden las­sen. Stein­tor-Aegi könn­ten dann umge­baut wer­den. Das ist eine ein­ma­li­ge Chan­ce für Han­no­ver. Ande­re Alter­na­ti­ven sind ein fürch­ter­li­cher Krampf: Nie­der­flur­ver­kehr mit Anlie­fer­ver­kehr, dann Post­un­ter­füh­rung mit Hal­te­stel­le unter der Bahn­brü­cke und hin­ten am Rasch­platz mit Wen­de­an­la­ge. Kos­tet Schwei­negeld, hat aber kei­nen Verkehrswert.

F: Das Schie­nen­netz ist ja von üstra mal zur Inf­ra ver­la­gert wor­den. Damit soll­te die üstra ent­las­tet wer­den. Wer trägt denn jetzt die Kos­ten der ver­schie­de­nen Lösun­gen? Bah­nen müs­sen dann durch üstra bezahlt werden?

A: Die Inf­ra ver­wal­tet das Tun­nel­netz und die Schie­nen. Bau­herr wäre immer die Regi­on Han­no­ver. Die wür­de ver­su­chen, Geld vom Land Nie­der­sach­sen zu bekom­men. Die­ses Geld wäre aber wohl nur noch bis 2019 da, danach gibt es kei­ne Reg­lung für Zuschüs­se die­ser Art mehr. Die üstra soll das betrei­ben, die Nie­der­flur­fahr­zeu­ge müss­te dann die üstra beschaffen.

F: Wer trägt die Kos­ten der Infra?

A: Even­tu­ell die Regi­on, genau weiß ich es aber nicht.

F: Wie kön­nen Sie so aus dem Hut eine Lösung zau­bern, wo Inf­ra und üstra einen gan­zen Stab damit beschäftigen.

A: Habe von 1967 bis 1994 an dem Sys­tem gear­bei­tet, Tun­nel­sys­tem, beson­de­rer Bahn­kör­per. Über die lan­ge Zeit weiß man das ein­fach. Habe nicht nur in Han­no­ver gebaut, son­dern auch in Ber­lin und Leipzig.

F: Die Grü­nen haben das Pro­blem ja ver­ur­sacht, weil sie kein Tun­nel haben woll­ten. Damals wur­den sich noch nicht so vie­le Gedan­ken über Behin­der­te gemacht. Das The­ma hat an Bedeu­tung gewon­nen, die Grü­nen sind jetzt in Lin­den stark und müs­sen etwas tun. Sie wol­len jetzt nicht zuge­ben, dass die Tun­nel­ab­leh­nung ein Feh­ler war und suchen einen Aus­weg. Des­halb die­se Idee mit der Nie­der­flur­bahn, weil die Leu­te in Lin­den vor­geb­lich kei­ne Hoch­bahn­stei­ge wol­len. Fra­ge: Was kos­tet denn der Tunnel?

A: Zuschüs­se gab es vom Bund, mitt­ler­wei­le ist das über­tra­gen auf Län­der. Aber nur noch bis 2019. Danach ist das Geld zwar immer noch da, aber es gibt kei­ne Zweck­bin­dung mehr. 1967 wur­de eine Abga­be auf Ben­zin erho­ben, deren Erlös nur für Ver­kehrs­pro­jek­te in Gemein­den ver­wen­det wer­den durf­te. Im Zuge der För­de­ra­lis­mus­re­form wur­den die­se Kon­zep­te geän­dert und dabei die Zweck­bin­dung sol­cher Abga­ben abge­schafft. Und ob das Flä­chen­land Nie­der­sach­sen sol­che Tun­nels dann för­dern wür­de, ist zwei­fel­haft. Wir in Han­no­ver sind also bei der dama­li­ger Rege­lung gut weggekommen.

F: Es gibt ja zwei Grün­de für die Umbau­plä­ne: Bar­rie­re­frei­heit und die Anbin­dung ans Rest­netz. Es gibt doch eine par­al­le­le Bus­li­nie zur Linie 10 und Bus­se kön­nen sich sen­ken. War­um also nicht Bus­se für den bar­rie­re­frei­en Ein­stieg verwenden?

A: Viel­leicht denk­bar, aber ich brau­che doch nur drei Hoch­bahn­stei­ge in Lin­den zu bau­en, und dann hat jeder Lin­de­ner Bür­ger mit der Express­li­nie die Mög­lich­keit, in den Tun­nel ein­zu­fah­ren und dort bequem umzusteigen.

F: Aber bei dich­te­rer Bus­tak­tung kann man sich das doch alles sparen?

A: Ein Bus wird immer dann ein­ge­setzt, wenn der Fahr­gast­be­darf rela­tiv gering ist. Hohes Fahr­gast­auf­kom­men bedingt Stadt­bahn. Omni­bus­se sind für Behin­der­te auch nicht so ide­al. Und: War­um denn jetzt Bus­se ein­set­zen, wenn wir doch Stadt­bahn haben. Sehe Not­wen­dig­keit nicht ein.

F: Aber die Bus­se haben doch einen brei­ten Ein­stieg?! Ist eigent­lich der Bedarf für Bar­rie­re­frei­heit gestiegen?

A: Ich gehe davon aus, dass die­ser Bedarf in der Tat im lau­fe der Jahr­zehn­te steigt: Die Leu­te wer­den älter etc. Zahl der Mobi­li­täts­ein­ge­schränk­ten wird stei­gen – aller­dings gibt es ja ande­rer­seits weni­ger Frau­en mit Kinderwagen.

F: Wie hat sich denn der För­der­mit­tel­strom nach der deut­schen Ein­heit ent­wi­ckelt. In ande­ren Städ­ten muss­ten Stadt­bahn­pro­jek­te ja abge­bro­chen wer­den, weil die För­de­rung ver­sieg­te. War das auch ein Pro­blem, als Anfang der 1990er-Jah­re der D‑Tunnel im Raum stand?

A: Der Rat muss ja als ers­tes ent­schei­den, ob er über­haupt einen För­de­rungs­an­trag stellt. Wir hat­ten damals erfah­ren, dass im Zuge der Welt­aus­stel­lung Han­no­ver Prio­ri­tät hat­te und die rela­tiv gerin­gen Mit­tel des Tun­nels Goe­the­platz-Stein­tor wohl drin­ge­we­sen wären, wenn es gewollt gewe­sen wäre. Aber es war ja nicht gewollt. Da ist eine gro­ße Chan­ce ver­tan worden.

F: Wenn das damals so gebaut wor­den wäre, wo wäre Aus­fahrt gewesen?

A: Es wäre im Tun­nel gewen­det wor­den. Wo, wäre eine Fra­ge des Gel­des gewe­sen. Bei ganz viel Geld hät­te es eine Kehr­an­la­ge hin­ter Hauptbahnhof/ZOB gege­ben. Auch eine Kehr­an­la­ge hin­ter dem Stein­tor wäre mög­lich gewe­sen. Der Wei­ter­bau zur D‑Süd war auch damals schon nur lang­fris­tig vor­ge­se­hen, Die Sta­ti­on Mari­en­stra­ße ist ja ent­spre­chend vorbereitet.

F: Zum The­ma „Bus”. Ich fah­re oft mit Bus­sen: Zwei Kin­der­wa­gen plus Behin­der­ter plus Haupt­ver­kehrs­zeit: Das ist eine Kata­stro­phe. Außer­dem dau­ert das Her­un­ter­fah­ren der Roll­i­ram­pe sehr lang und ist viel­fach aus­ge­spro­chen hake­lig. Ich fän­de das nicht gut.

F: Wie­vie­le Ein­woh­ner in Lin­den sind denn über­haupt gegen die Hochbahnsteige?

A: Das Pro­blem wird hoch­ge­spielt. Viel­leicht gibt es ein paar Kauf­leu­te. Aber man kann die Lim­mer­stra­ße gene­rell hüb­scher machen. Wenn eine Bür­ger­be­fra­gung nur in Lin­den gemacht wür­de, gäbe es schon eine Mehr­heit für die Hoch­bahn­steig­lö­sung. Die Grü­nen glau­ben halt, Fah­ne zei­gen und in der Lim­mer­stra­ße ein Signal set­zen zu kön­nen. Aber man muss nur ein Stück wei­ter­fah­ren, schon dreht sich alles um: Die Ahle­mer haben zwar Hoch­bahn­stei­ge, kön­nen aber fast nir­gends anders aus den Bah­nen aus­stei­gen. Die wol­len die Bahn­stei­ge dringend.

Zankapfel Limmerstraße: Hier wird am intensivsten gegen den Ausbau der Strecke gewettert

Zank­ap­fel Lim­mer­stra­ße: Hier wird am inten­sivs­ten gegen den Aus­bau der Stre­cke gewettert

F: Noch eine Anmer­kung zu den Bus­sen: Dort ist in der Regel kei­ne Fahr­rad­mit­nah­me mög­lich. Aber ande­re Fra­ge: Wie teu­er ist ein Kilo­me­ter U‑Bahn?

A: Bin ja nun schon eine gan­ze Zeit raus. Aber frü­her haben wir in Han­no­ver so mit 100 – 150 Mio DM pro Kilo­me­ter gerechnet.

F: För­de­run­gen sind ja so gestal­tet, dass, wenn wir Nie­der­flur bau­en, bestimm­te Auf­la­gen erfüllt wer­den müs­sen, z.B. eige­ner Gleis­kör­per. Ist dann in Sum­me nicht Nie­der­flur oben genau­so teu­er wie Tun­nel unten für Stadt Hannover?

A: Ist mir in die­ser Form neu. Ich glau­be aber nicht, dass eine U‑Bahn immer teu­rer ist als eine ober­ir­di­sche Tras­se. Für mich ist der Sinn von öffent­li­chem Per­so­nen­nah­ver­kehr, Fahr­gäs­te mög­lichst schnell, pünkt­lich und zuver­läs­sig nach Fahr­plan von A nach B beför­dern. Und das geht nur, wenn die Bah­nen mög­lichst schnell fah­ren. Und ein Sys­tem, wo es nicht mal einen eige­nen Gleis­kör­per gibt, ist lang­sa­mer und hat ein grö­ße­res Gefahrenpotential.

F: Sind eigent­lich die Pla­nungs­pro­zes­se über die Jah­re durch Ein­wän­de aus den unter­schied­lichs­ten Rich­tun­gen schwie­ri­ger geworden?

A: Der Rat hat­te sich 1965 ein­stim­mig für das Grund­netz aus­ge­spro­chen. Die­ses Kon­zept hat bis Anfang der 1990er Jah­re gehal­ten. Irgend­wann kommt dann eine neue Gene­ra­ti­on. Die wol­len dann was anders machen. Gelingt es nun den Alten, das, was sie mal ent­wor­fen und über­legt haben, so zu kom­mu­ni­zie­ren, dass die Jun­gen davon über­zeugt wer­den? Wenn nicht, dann ent­wi­ckeln sie neue Din­ge. Das ist immer so. Mit Ideo­lo­gen kann man ja oft gar nicht diskutieren.

F: Wel­che Inves­ti­ti­on wäre denn die rich­tigs­te? Zuen­de­bau­en der U‑Bahn, „Scheel­h­aa­se-Vor­schlag”, Nie­der­flur oder Hochflur?

A: Rich­tigs­te Lösung wäre 150 – 200 Mio in die Hand zu neh­men und D‑Tunnel und Bahn­stei­ge in Lin­den fer­tig­zu­bau­en. Das ist aber nach mei­ner Sicht zur­zeit unrea­lis­tisch, weil das Geld nicht auf­ge­bracht wer­den soll. Wenn man das nicht hat, muss man zweit­bes­te Lösung neh­men. Und das ist immer die, dass zukünf­ti­ge Gene­ra­tio­nen die bes­te Lösung spä­ter noch rea­li­sie­ren kön­nen. Also: Rela­tiv wenig Geld in die Hand neh­men, Linie 10 auf­spal­ten, „Express­zweig” über den A‑Tunnel (Water­loo-Haupt­bahn­hof), „Lokalz­weg” ober­ir­disch am Stein­tor enden las­sen. Damit blie­be Opti­on für zukünf­ti­ge D‑Linie offen und allein mit Fahr­plan­än­de­run­gen könn­te man einen gro­ßen Effekt. Mit Nie­der­flur wäre das verbaut.

Bemer­kung: Unfall­ge­fahr: Sehe ich nicht so. Kommt nur vor, wenn Stadt­bahn sehr schnell fährt. Am Bahn­hof, wo Bahn lang­sam fährt, ist das nicht bekannt. Außer­dem: Denk­wei­se mit den ver­schie­de­nen Töp­fen soll­ten wir nicht übernehmen.

F: Sie haben die poli­ti­sche Rah­men­be­din­gun­gen dar­ge­stellt. Was für eine Rol­le spielt die Regi­ons­grün­dung? 1965 hat Stadt ja auto­nom ent­schie­den, oder?

A: Die Regi­on ist eine sinn­vol­le Ent­schei­dung wegen Kon­kur­renz­si­tua­ti­on zwi­schen den versch­i­de­nen Städ­ten, zum Bei­spiel Garb­sen und Han­no­ver oder Lan­gen­ha­gen und Han­no­ver. Über­ge­ord­ne­te Ent­schei­dun­gen wie Müll­ab­fuhr oder Stadt­bahn­ver­län­ge­rung sind sinn­vol­ler­wei­se von den Städ­ten an die Regi­on abge­ge­ben wor­den. Da sind wir auch Spit­ze in der Bun­des­re­pu­blik. Beim Betrieb des ÖPNV ist es auch sinn­voll, dass es die Regi­on das macht, da so vie­le Din­ge grenz­über­schrei­tend geplant wer­den müs­sen. Omni­bus­ver­kehr zum Bei­spiel über­all in der Regi­on. Das könn­te Stadt Han­no­ver gar nicht regeln. Sie­he zum Bei­spiel auch S‑Bahnverkehr. Der hat sich in den 10 Betriebs­jah­ren ver­dop­pelt, jetzt kom­men Hil­des­heim und Nien­burg und wol­len für Anschluss sogar bezah­len. Das ist eine Erfolgsgeschichte.

F: Für die För­der­mit­tel steht ja immer ein Topf zur Ver­fü­gung. Die Fra­ge ist nur: Wer bekommt Geld aus dem Topf? War­um dar­auf ver­zich­ten? Die Fra­ge ist für mich eher: Wel­chen Gewinn haben wir, wenn wir das Sys­tem instal­lie­ren. Wenn wir damit eine leis­tungs­fä­hi­ge­re stä­di­sche Infra­struk­tur bekom­men, dann ist es ver­nünf­tig, Mit­tel aus dem Topf zu neh­men. The­ma Nut­zung der Ver­kehrs­mit­tel: Die haben sich in 40 – 50 Jah­ren ja auch anders ent­wi­ckelt. Aus heu­ti­ger Sicht wäre es wie­der posi­tiv, wenn wir dien U‑Bahnbau fort­set­zen wür­den. Die Nut­zung von Ver­kehrs­mit­teln ist heu­te ganz anders: Teil­wei­se nut­zen die Men­schen 5 ver­schie­de­ne Ver­kehrs­mit­tel neben­ein­an­der statt nur mit dem eige­nen Auto zu fahren.

A: Grund­satz der Pla­nung war, den Öffent­li­chen Ver­kehr schnell, pünkt­lich, zuver­läs­sig zu gestal­ten. Dafür ben­ätgt man eine hohe Rei­se­ge­schwin­dig­keit und dafür einen unab­hän­gi­gen Betrieb. üstra und S‑Bahn haben Zuwäch­se, das ist auch gut für die Städ­te. Wir müs­sen auch dar­auf ach­ten, dass wir mit dem öffent­li­chen Ver­kehr wett­be­werbs­fä­hig blei­ben. Die Kraft­stoff­prei­se wer­den irgend­wann bei 2 EUR lie­gen. Auch dann müs­sen wir die Leu­te noch schnell und pünkt­lich von Wohn­ort zum Arbeits­platz bringen.

F: Noch­mal zum Bruch Anfang der 1990er Jah­re. Der D‑West-Aus­bau wur­de ja gestoppt, statt­des­sen war die D‑Süd nach Bemero­der und zum Kronsberg Hype. Außer­dem wur­den Nord­ha­fen, Garb­sen und eini­ge ande­re Ver­län­ge­run­gen ausgebaut.

A: Lin­den ist eine Archil­les­ver­se. Aber: Die hät­ten damals beim Aus­bau zustim­men kön­nen, dann sähe es auf dem Ast heu­te auch anders aus. Die habe ihre Chan­ce selbst versaut.

F: Die Bahn­steig­bau­ten in Han­no­ver sind sehr auf­wän­dig. In ande­ren Städ­ten, zum Bei­spiel Bie­le­feld, wer­den Hoch­bahn­stei­ge mit wesent­lich schlich­te­ren Auf­bau­ten und Signa­li­sie­run­gen gebaut. Sind die Bau­ten in Han­no­ver auf­sichts­recht­lich nötig oder könn­te man das auch in Han­no­ver eine Num­mer klei­ner und damit weni­ger stadt­bild­do­mi­nie­rend gestalten?

A: In Han­no­ver pla­nen ist ger­e­n­ell schwie­rig. Das gibt es die BO-Strab, „Bau- und Betriebs­ord­nung für Stra­ßen­bah­nen”, das ist eine Bun­des­ver­ord­nung. An die muss sich jeder hal­ten. Dazu kom­men dann zum Bei­spiel Behin­der­ten­richt­li­ni­en. Und dann noch die Bezirks­rä­te wegen der Ampel­an­la­gen. Da hat eine Viel­zahl von Köchen ihre Hän­de im Spiel.

Hochbahnsteig "Koblenzer Straße" in Bielefeld: Schlicht und funktional

Hoch­bahn­steig „Koblen­zer Stra­ße” in Bie­le­feld: Schlicht und funktional

F: Noch­mal eine Bre­sche für Bus­se. War­um wer­den denn kei­ne Gelenk­bus­se eingesetzt?

A: Ahlem ist Umstei­ge­sta­ti­on für Bus­se, damit Bus­pas­sa­gie­re von außen schnell mit Stadt­bahn in die Stadt kom­men. Der Omni­bus hat nie­de­ri­ge­re Rei­se­ge­schwin­dig­keit als Stadt­bahn. Ansons­ten kön­nen üstra oder Regi­on das bes­ser beantworten.

B: Ich habe 1980 in der Mari­en­stra­ße einen Laden gehabt. Als der Stra­ßen­bahn­bau kam, muss­te ich weg und habe geflucht. Mitt­ler­wei­le benut­ze ich Stadt­bahn täg­lich: Fan­tas­ti­sche Arbeit!

F: Bus­se. Eigent­lich sind Bus­se als Stadt­bah­ner­gän­zung sinn­voll. In Burg­we­del gibt es nur wenig Bus­ver­kehr. Abends um 10 aber noch Gelenk­bus­se mit 2 Pas­sa­gie­ren. üstra schmeißt da Geld raus, wenn sie zu der Zeit Gelenk­bus­se ein­ge­setzt wer­den. Klei­ne­re Bus­se nehmen!

A (Rei­ner B): Burg­dorf hat mit üstra nichts zu tun. Habe in Han­no­ver Taxi­bus­se gefah­ren, gibt also sol­che Szenarien.

Anmer­kung Ver­samm­lungs­lei­tung: Jetzt mal die Bus­se bei­sei­te las­sen, hier geht’s um Stadtbahn.

B: Bus­se in Innen­stadt und Umwelt­zo­ne sind nicht sinn­voll. Wenn jetzt Ahle­mast in A‑Tunnel gelei­tet wird und dann die Mit­tel weg­fal­len, dann ist das eine Dauerlösung.

F: Was kön­nen wir in Stadt und Regi­on als Par­tei machen, um einen Fahr­plan­wech­sel wie beschrie­ben mit der Linie 10 umsetzen?

A: Antrag for­mu­lie­ren für Regi­ons­ver­samm­lung, der geht dort in den Ver­kehrs­aus­schuss, gibt dann ent­we­der Mehr­heit oder eben nicht.

F: Wenn die Bun­des­mit­tel noch bis 2019 lau­fen, bis wann muss sowas über die Büh­ne gelau­fen sein?

A: Kommt auf Grö­ße des Bau­vor­ha­bens an. Bei Nie­der­flur­tech­nik gibt es noch min­des­tens zwei Jah­re poli­ti­sche Dis­kus­si­on, es müs­sen Anträ­ge gestellt wer­den. Dann noch vier Jah­re Zeit. Also: Letz­ter Drü­cker. Für Tun­nel ist es höchst­wahr­schein­lich jetzt schon zu spät.

Schluss­wort Prof. Scheel­h­aa­se: Sprit soll in 2 – 3 Jah­ren 2,50 EUR kos­ten. Damit wird uns ein neu­es The­ma geschenkt: Eine Viel­zahl von Leu­ten kann es sich dann gar nicht mehr leis­ten, Auto zu fah­ren. Wie muss also der ÖPNV struk­tu­riert wer­den? In der Stadt ist das noch nicht so das Pro­blem, aber außer­halb? Schau­en wir über Tel­ler­rand hin­aus: In ande­ren Städ­ten gibt es klei­ne­re Ein­hei­ten, ande­re Lini­en­kon­zep­te oder fle­xi­ble Hal­te­stel­len. Die­ses The­ma kommt auf, nut­zen wir es für die Pira­ten. Wir sind ja kei­ne Spar­ten­par­tei, wir küm­mern uns auch um sol­che Themen.

Wir blei­ben da am Ball, Zustim­mung in der gesam­ten Versammlung.


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5 Gedanken zu “Prof. Scheelhaase bei den Piraten zur Stadtbahnlinie „D” in Hannover

  • Jürgen Hey

    Nur eine Ergän­zung, die Nie­der­flur­bahn wur­de abge­wehrt. Wir blei­ben bei der Hoch­flur­bahn. Die Tun­nel­lö­sung ist immer noch Mög­lich. Damit mei­ne ich die Schelhaselösung. 

    Bis dann
    Lg von Jür­gen Hey

  • Schorse

    Sehr geehr­ter Her Pilawa,

    wenn das alles so ein­fach und kom­for­ta­bel und pro­blem­los umsetz­bar wäre, was der Herr Scheel­h­aa­se da so vor­trägt, war­um wird es dann nicht schon längst gemacht?

    Ganz ein­fach, es ist eben nicht so ein­fach wie Herr Scheel­h­aa­se es darstellt.

    Genau wie der U‑Bahn-Bau in Han­no­ver immer ver­bun­den war mit aller­lei Hin­der­nis­sen, die man anfangs für pro­blem­los über­wind­bar hielt, ist es auch hier längst nicht so ein­fach, wie es die­je­ni­gen ger­ne dar­stel­len, die hin­ter­her nicht per­sön­lich davon betrof­fen sind. Fra­gen Sie doch mal wie es Leu­ten ergan­gen ist, die jahr­zehn­te­lang an der Hal­te­stel­le Lis­ter Mei­le sich die Trep­pen hoch­quä­len muss­ten, weil es dort bis vor kur­zem kei­nen Auf­zug gab, an der Markt­hal­le ist er bis heut’ noch nicht fer­tig und dabei gibt es die­se Sta­ti­on schon seit fast vier­zig Jah­ren. Aber wenigs­tens gibt’s dort Rolltreppen.

    Und war­um das Gan­ze? Die Üstra-Bro­schü­re gibt die Ant­wort: Der Zunah­me des Auto­ver­kehrs wegen. Ich kann ja gut ver­ste­hen, dass man damals so gehan­delt hat, das Auto galt als modern, fort­schritt­lich; kurz­um jeder soll­te mit so was in der Stadt rum­fah­ren dür­fen. Wirk­lich jeder? Dann hät­te man sich aber die U‑Bahnen spa­ren kön­nen oder? 

    Sie sehen, wenn man die gan­ze Sache ein biss­chen gedank­lich hin- und her­be­wegt, bekommt sie einen sehr faden Geschmack, um nicht zusa­gen einen ganz unan­ge­neh­men Beigeschmack.

    Der Gip­fel von Scheel­h­aa­ses Tira­den jedoch sind die­se Spit­zen gegen die Bevöl­ke­rung gegen die Men­schen, für die er angeb­lich sei­ne ach so tol­le U‑Bahn gebaut hat. Und die sich jetzt so undank­bar zei­gen, dass „sie es nicht bes­ser ver­dient haben” die­se „unmög­li­chen” Lin­de­ner, als wei­ter­hin – wie lan­ge noch? – über drei rund drei­ßig Zen­ti­me­ter hohe Stu­fen in die Stra­ßen­bahn klet­tern zu müs­sen, obwohl es schon seit Jah­ren die Alter­na­ti­ve Nie­der­flur­bahn gibt, die sich bereits in vie­len ande­ren Städ­ten bewährt haben.

    Mit sei­ner „Publi­kums­be­schimp­fung” zeigt „Mr. U‑Bahn” einen sol­chen Ver­lust an Mit­mensch­lich­keit, dass er bei mir sei­ne letz­ten Sym­pa­thien ver­spielt hat!

  • Jens Pielawa

    Herr Georg Weil,

    es ist klar, dass, sobald jemand etwas gegen eine Nie­der­flur­bahn sagt, Ihr Kom­men­tar in reich­li­cher Fül­le und Hül­le kurz danach auf­zu­fin­den sein wird.
    Noch­mals: der Scheel­h­aa­se-Vor­schlag geht ohne­hin vom ange­dach­ten 5‑Mi­nu­ten-Takt auf der 10 aus. Davon wird eine Bahn in den A‑Tunnel geschickt und eine zum Stein­tor – ohne dass sich eine Stra­ßen­bahn dann durch die Kurt-Schu­ma­cher-Stra­ße und um die EAG-Ecke quä­len muss. Selbst wenn das an die­sem Ort geschieht, kämen nur noch 6× die Linie 10 pro Stun­de um die Ecke und dazu die Linie 17. Was aber auch ganz rich­tig for­mu­liert wur­de: die­ser Vor­schlag kos­tet so gut wie kein Geld, befä­higt alle Fahr­gäs­te auf der 10 mit einem Schlag zu einem bar­rie­re­frei­en Aus- und Umstieg in allen City-U-Bahn-Sta­tio­nen und kann sofort mit dem nächs­ten Fahr­plan ein­ge­setzt wer­den. Und ganz wich­tig: man ver­baut sich die Stadt nicht mit stra­ßen­bün­di­gen lang­sa­men Straßenbahnen.
    Aber genau das ist das erklär­te Ziel der Grü­nen, und das schon seit 20 Jah­ren. Wis­sent­lich soll eine Nie­der­flur­bahn a) Mehr­kos­ten pro Jahr ver­bren­nen, b) stra­ßen­bün­dig durch engs­te Stadt­räu­me geführt wer­den (nicht för­der­fä­hig, ergo noch teu­rer) und c) damit der Auto­ver­kehr so oft es nur geht behin­dert und ent­schleu­nigt wer­den. das ange­dach­te Nie­der­flur­netz eiert auf Strän­gen her­um, die eben­so aben­teu­er­lich wie aus­sichts­los auf Fahr­gast­zah­len sind und wer­den heu­te durch halb­lee­re Bus­se bedient.
    Klar kommt der D‑Tunnel nicht mor­gen, viel­leicht auch nicht über­mor­gen, aber wenn die Grü­nen ihren Fuku­shi­ma-Rücken­wind hin­ter sich gelas­sen haben und der­einst wie­der im ein­stel­li­gen Bereich pen­deln – weil die Bür­ger mitt­ler­wei­le ihre Tech­nik­feind­lich­keit und Blo­cka­de­po­li­tik satt haben –, dann könn­ten Poli­ti­ker wie­der dazu über­ge­hen, dass zu voll­enden, was ein sinn­vol­les Stadt­bahn­netz ausmacht.
    Eine Hand­voll Lin­de­ner Kra­kee­ler, bär­bei­ßi­ge Lokal­po­li­ti­ker und ste­ro­id­ver­seuch­te Grü­nen-Grö­ßen ver­su­chen seit Jah­ren etwas durch­zu­bo­xen, was über­haupt kei­nen Sinn für Han­no­ver macht. Aber na ja, Sie mischen da ja auch immer flei­ßig mit, inso­fern… Nichts für ungut.
    Scheel­h­aa­se weiß wenigs­tens, wovon er spricht, er hat jahr­zehn­te­lang etwas gebaut, was 90% der han­no­ver­schen Pend­ler sicher und schnell von A nach B bringt. Allein dafür gebührt ihm (zumin­dest schon mal mein) Dank. Die Lin­de­ner gucken schon seit 20 Jah­ren in die Röh­re und eiern mit einer lang­sa­men Bahn in die Stadt – bedankt Euch bei den Welt­ver­bes­se­rern, die Fetisch-artig ihrem Nie­der­flur-Gott hul­di­gen, kos­te es, was es wolle.

  • Schorse

    Viel­leicht haben Scheel­h­aa­ses Aus­sa­gen dem ein oder ande­ren die Augen geöff­net bezüg­lich der Rea­li­sier­bar­keit wei­te­rer Tun­nel­bau­wer­ke, ins­be­son­de­re dem D‑Tunnel? Wenn nicht dann bit­te noch mal beson­ders beson­ders sorg­fäl­tig die­se Pas­sa­gen aus dem Inter­view lesen:
    1. ” „Es ist wun­der­schön, mit einer Stra­ßen­bahn ober­ir­disch in die Stadt rein­zu­fah­ren und in die Geschäf­te zu schau­en.” Ich kann die Argu­men­ta­tion aber auch nicht so gut. ”
    Viel­leicht ist es nicht so güns­tig, sich von einem aus­ge­spro­che­nen Geg­ner ober­i­ri­di­schen inner­städ­ti­schen Per­so­nen­nah­ver­kehrs, sich des­sen Vor­tei­le erklä­ren las­sen zu wol­len? War­um Auto­nut­zern das gewährt wer­den soll, was Herr Scheel­h­aa­se ÖPNV-Nut­zern ver­wei­gert, näm­lich die Stadt­ge­stal­tung mit den Augen wäh­rend der Fahrt wahr­zu­neh­men, bleibt unklar. Immer­hin wird die vor­han­de­ne Ver­kehrs­flä­che durch Stra­ßen­bahn­ver­kehr deut­lich effi­zi­en­ter genutzt als durch das Mobi­li­täts­sys­tem Auto.
    2. ” Lin­den ist eine Archil­les­verse. Aber: Die hät­ten damals beim Aus­bau zustim­men kön­nen, dann sähe es auf dem Ast heu­te auch anders aus. Die habe ihre Chan­ce selbst versaut. ”
    Die hät­ten damals zustim­men sol­len ??? Dann hät­ten die Lin­de­ner bereits jetzt Hoch­bahn­stei­ge, die sie ja gera­de nicht haben wol­len. Trotz­dem haben die Lin­de­ner einer Pla­nung für Hoch­bahn­stei­ge zuge­stimmt. Aller­dings haben sie zu Recht immer betont, dass ihnen die Nie­der­flur­stra­ßen­bahn mit Nie­der­flur­stra­ßen­bahn­hal­te­stel­len lie­ber ist. Und wenn ich mir die Stim­men aus ande­ren betrof­fe­nen Stadt­tei­len so anhö­re, dann sind die Lin­de­ner nicht die ein­zi­gen, die Nie­der­flur­bahn­stei­gen etwas abge­win­nen kön­nen. Die Bahaup­tung außer ein paar Geschäfts­leu­ten wäre es den Lin­de­nern egal ob sie Hoch­bahn­stei­ge bekom­men oder die Nie­der­flur­stra­ßen­bahn, ist gelin­de gesagt reich­lich spekulativ.
    3. ” Mit Ideo­lo­gen kann man ja oft gar nicht diskutieren. ”
    Die­se Bemer­kung fällt ganz und gar auf den zurück, der sie aus­spricht, wenn sie denn tat­säch­lich so von Scheel­h­aa­se aus­ge­spro­chen wur­de. Denn sei­ne Ideo­lo­gie, die ja auch in der HAZ schon aus­ge­brei­tet wur­de und die auch hier in sei­nen Ant­wor­ten deut­lich wird ist die, dass er dem Auto­ver­kehr abso­lu­ten Vor­rang gewährt, dabei geht er so weit, dass Scheel­h­aa­se dafür ande­re Mobi­li­täts­sys­te­me, die deut­lich effi­zi­en­ter funk­tio­nie­ren, ein­fach unter die Erde verbannt.
    4. ” F: Wer trägt die Kos­ten der Infra?
    A: Even­tu­ell die Regi­on, genau weiß ich es aber nicht. ”
    Die­se aus­wei­chen­de Ant­wort an einer so ent­schei­den­den Stel­le soll­te auch den letz­ten Skep­ti­ker der ober­ir­di­sche Nie­der­flur­stra­ßen­bahn auf­we­cken. Die Inf­ra-Mie­sen zahlt die Regi­on, soweit nicht schon die Üstra Fahr­gäs­te abge­schröpft wur­den, um die teu­re Tun­nel­bau­wer­ke und Tun­nel­sta­tio­nen mit Auf­zü­gen, Roll­trep­pen, Pump­an­la­gen etc. etc. zu finan­zie­ren, damit sich auf den Stra­ßen der Stadt die Auto­fah­rer aus­to­ben dürfen.

    Fazit: Die Ver­an­stal­tung mach­te klar, dass es auf der Linie 10 auf abseh­ba­re Zeit kei­nen Tun­nel geben wird, ob man das jetzt wie Herrn Scheel­h­aa­se es beliebt, der angen­li­chen Schus­se­lig­keit und Ver­bohrt­heit der Grü­nen anlas­tet, oder was er immer­hin auch andeu­tet, den feh­len­den Mit­teln zuschreibt. 

    Fazit: In die­ser Situa­ti­on sol­te allen Betrof­fe­nen klar sein, dass die Alter­na­ti­ven für die Linie 10 nicht hei­ßen Tun­nel oder kein Tun­nel, son­dern ober­ir­di­sche Hoch­flur­bahn oder Nie­der­flur­bahn. Herrn Scheel­h­aa­ses Vor­schlag dage­gen, die Linie 10 auf­zu­spal­ten und zukünf­tig die Hälf­te der Züge am Stein­tor enden zu las­sen ist ein deut­li­che Ver­schlech­te­rung der ÖPNV-Anbin­dung für Lin­den-Lim­mer. Es ist in die­sem Zusam­men­hang bezeich­nend, dass Scheel­h­aa­se kei­ne Aus­sa­ge dazu triftt, ob dass dann auf Grund­la­ge eines Fünf-Minu­ten-Tak­tes gesche­hen soll oder ob es über­haupt gesche­hen kann. Viel­mehr macht Scheel­h­aa­se deut­lich, dass er ledig­lich auf­grund sei­ner zum Teil Jah­re zurück­lie­gen­den Erfah­rung, die­se Mög­lich­keit sieht, ohne kon­kre­ti­sie­ren zu kön­nen, wie rea­lis­tisch sein Vor­schlag ist.

    Bis­lang hat noch kein Poli­ti­ker die­sen so genann­ten „Scheel­h­aa­se-Vor­schlag”, Auf­spal­ten der Linie 10 und Kap­pen der ober­i­ri­schen Ver­bin­dung am Stein­tor auf­ge­grif­fen. Ob die Ver­an­stal­tung, über die hier berich­tet wird, so zu ver­ste­hen ist, dass Han­no­vers Pira­ten die­se Lösung befür­wor­ten bleibt lei­der unklar. Aber viel­leicht bewegt die Aus­sa­ge des Mr. U‑Bahn von Han­no­ver, ” Rich­tigste Lösung wäre 150? – ?200 Mio in die Hand zu neh­men und D-?Tunnel und Bahn­steige in Lin­den fer­tig­zu­bauen. Das ist aber nach mei­ner Sicht zur­zeit unrea­lis­tisch, … ” die Pira­ten dazu, sich jetzt end­lich offen­siv für die Nie­der­flur­bahn ein­zu­set­zen, anstatt als Auto­lob­by­is­ten auf­zu­tre­ten, die den stö­ren­den Stra­ßen­bahn­ver­kehr gern unter die Erde ver­bannt sähen? Nach VCD un d BIU-Anga­ben ist der Tun­nel fünf­mal teu­rer als die Nie­der­flur­stra­ßen­bahn, nach Scheel­h­aa­ses Aus­sa­gen etwa vier­mal teurer!

    Zu die­ser Ver­an­stal­tung kann man die Pira­ten nur beglück­wün­schen, denn sie stellt qua­si einen Kurs in Stadt­ver­kehrs­ge­stal­tung im Schnell­durch­gang dar. Ob die Pira­ten in der Lage sind, die rich­ti­gen Schlüs­se dar­aus zu zie­hen, bleibt abzuwarten.