Die Zuverlässigkeit der IT-Infrastruktur der Piratenpartei bietet noch Möglichkeiten zur Optimierung. Website und Wiki waren in der Vergangenheit oft sehr langsam und mehr als einmal hat es Ausfälle über Stunden oder sogar Tage gegeben. Die „Bundes-IT” betreut für die Bereitstellung der Dienste mehrere Server und ruft momentan – auf der Website der Piratenpartei prominent verlinkt – zu Spenden auf. 10.000 EUR Budget seien nicht genug, wenigstens weitere 50.000 EUR seien nötig, um die geplante Infrastruktur mit eigenen Servern, die in einem Rechenzentrum untergestellt werden, zu finanzieren.
Ich halte diesen Ansatz für den völlig falschen Weg. Neben einigen technischen Problemen, die zu einem nennenswerten Teil auch Kommunikationsproblemen mit dem Hoster geschuldet sein dürften (36 Stunden bis mal einer den Reset-Knopf am Rechner gedrückt hat…) ist das Hauptproblem meines Erachtens, dass sich der gewünschte und nötige Grad an Ausfallsicherheit durch ein Team von Ehrenamtlichen auch bei größtmöglichem Einsatz nicht erreichen lässt. Deshalb plädiere ich ganz im Gegensatz zu den Plänen der IT-Verantwortlichen dafür, die von der Partei selbst zu erbringenden Leistungen zurückzufahren und verstärkt auf externe, professionelle Dienstleister zu setzen.
Ein entsprechendes Konzeptpapier habe ich vor knapp zwei Wochen den Verantwortlichen der Bundes-IT übersandt. Ich dokumentiere dieses Konzept jetzt nochmals öffentlich. Ich halte es für wichtig zu zeigen, dass sich die Probleme der IT-Infrastruktur der Piratenpartei auch anders lösen lassen als dies momentan von den Verantwortlichen geplant ist – und das diese Lösungen meiner Meinung nach nachhaltiger sind.
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Serverkonzept Piratenpartei: Steigerung der Ausfallsicherheit durch externern Dienstleister
Nachdem ich letztens deutliche Kritik an der IT-Infrastruktur der Piratenpartei geäußert habe, wurde ich gebeten, mich an der Diskussion darum zu beteiligen, wie die Organisation in Zukunft besser laufen könnte. Hier also einige Überlegungen und Lösungsvorschläge:
Meines Erachtens ist das Kernproblem, dass wir einerseits Dienste haben, deren Verfügbarkeit extrem kritisch ist, für die wir aber andererseits keine Systemwartung zur Verfügung stellen können, die diesem Hochverfügbarkeitsanspruch gerecht wird. Dafür gibt es – wiederum meines Erachtens – zwei Gründe:
- Wir arbeiten mit sehr komplexen Systemumgebungen, die technisch weit fortgeschritten sind (Virtualisierung, verteilte Server), aber einen erhöhten Einrichtungs- und Wartungsaufwand benötigen und zudem von den Administratoren viel Detailwissen.
- Das heterogene Administratorenteam besteht ausschließlich aus Ehrenamtlichen. Im Falle von akuten Schwierigkeiten muss deshalb zunächst der Zuständige ein Zeitfenster für sich schaffen, um dann das Problem anzugehen. Zudem muss viel Arbeit in Abend- und Nachtstunden stattfinden.
Insbesondere der zweite Punkt ist dabei ausdrücklich keine negative Kritik, sondern eine Zustandsbeschreibung. Die Arbeit mit ehrenamtlichen Administratoren war in der Vergangenheit alternativlos. Mittlerweile ist durch das starke Wachstum und die vielfältigen Kommunikationsbedürfnisse aber ein Punkt erreicht, wo die zwangsläufigen Beschränkungen dieses Ansatzes in Sachen Verfügbarkeit nicht mehr tragbar sind.
Mein Ansatz arbeitet deshalb mit folgenden Grundgedanken:
- Identifizierung derjenigen Dienste, die für die Kommunikation die höchste Wichtigkeit haben und auf Grund ihrer Komplexität am kritischsten sind. Dies sind meiner Einschätzung nach
- für die Kommunikation nach außen die Webseite unter www.piratenpartei.de
- für die Kommunikation nach innen das Wiki unter wiki.piratenpartei.de
- Verwendung von möglichst einfachen Setups und Serverstrukturen.
- Auslagerung der grundlegenden Systemadministration dieser Dienste an einen externen Dienstleister, der auf Vertragsbasis die Verfügbarkeit der Dienste sicherstellt.
Dieses Vorgehen hat meines Erachtens für alle Beteiligte Vorteile:
- Die Dienste „Website” und „Wiki” sind mit garantierter Verfügbarkeit versehen, wir geben uns an diesen neuralgischsten Punkten keine „Blöße” mehr.
- Die hohe Betriebssicherheit dieser Dienste führt zu gesteigerter Attraktivität der Plattform für alle Parteigliederungen – auch Landes- und andere Verbände können (endlich) auf der Bundesinfrastruktur auftreten.
- Der externe Dienstleister kann nicht nur seine Infrastruktur in Sachen Rund-um-die-Uhr-Support nutzen, sondern auch das dort vorhandene Know-How für eine performante Installation der Softwarepakete.
- Die Admins der Piratenpartei müssen sich nicht mehr mit so ermüdenden Dingen beschäftigen wie ein Mediawiki zu betüddeln, sondern können sich auf die „spannenden” Dienste konzentrieren, bei denen sporadische und eventuell auch etwas längere Ausfälle nicht so dramatisch sind.
„Website” und „Wiki” sind zudem diejenigen Dienste, die meines Erachtens am wenigsten kritisch unter Datensicherheitsaspekten sind, anders als zum Beispiel „E‑Mail” oder „Mailinglisten”. Letztere haben sich zudem in der Vergangenheit auch wesentlich weniger als ausfallfreudig dargestellt.
Gesucht ist also ein externer Dienstleister, der eine Serverinfrastruktur für die Website und das Wiki bereitstellt, also eine Drupal- und eine Mediawiki-Installation. Leider gibt es solche Dienstleister nicht „wie Sand am Meer”. Gefunden habe ich den Hostingdienstleister Mittwald, der genau das bietet was ich mir vorstelle:
- Managed Server mit installiertem Linux
- Drupal und Mediawiki (und ein größeres Bündel anderer Software) als installierbare Pakete mit vom Dienstleister bereit gestellten Updatepaketen, die sich über die Managementfunktionen des Servers einspielen lassen
- Diverse weitere Funktionen zur Aufteilung von Zugriffen und Zuständigkeiten auf das System („Agenturfunktionen”)
- Dienstleister kümmert sich um Hardware, Hardwareausfälle etc. mit 24-Stunden-Support
- Dienstleister kümmert sich um Softwareupdates, Betriebssystem etc.
Nach meiner letztlich nicht wirklich fundierten Einschätzung wäre für uns das Paket „XL 5.0” oder „XXL 5.0” passend. Wichtigste Beschränkung ist höchstwahrscheinlich das Transfervolumen (2 TB bzw. 5 TB), hier könnte ich mir aber vorstellen, dass sich die Transferlast auf dem Server mittels vorgeschalteter Squids massiv senken lässt. Mit einem passend eingerichteten „XL”-Server kämen wir auf monatliche Kosten von etwa 200,- EUR, was 1/4 des Budgets entspricht. Ein „XXL”-Server würde mit ca. 300,- EUR/Monat etwa 1/3 des Budgets der Technik kosten.
Bildquelle: Wikipedia, Lizenz, CC-BY-SA 3.0/GNU-FDL‑1.2
Ich halte diesen Weg des Systemdesigns für den besten, die wichtigsten IT-Dienste der Partei langfristig sicher bereitgestellt zu bekommen, ohne dass wir den bisherigen stetigen Verschleiß an Personal haben, das sich im Spannungsfeld von Erwartungen und Möglichem aufreibt. Allerdings ist es sicherlich ein erheblicher Paradigmenwechsel und vor weitergehenden Überlegungen bezüglich der Umsetzbarkeit müssen wir erstmal klären, ob dieser Weg überhaupt gewünscht ist oder nicht. Ich denke aber, dies könnte ein Weg sein, erheblichen Druck von der IT zu nehmen und dort den Kopf für andere Dinge freizubekommen.
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So weit mein eigener kleiner Beitrag zu der wohl ewig währenden Diskussion um die IT-Infrastruktur der Piratenpartei.
Ahoy Dirk, Du sprichst mir aus der Seele, ich vertrete auch schon seit längerem die Meinung „Professionelles Auftreten verlangt auch professionelles Handeln” und das ist eben mit einer ehrenamtlichen IT nicht zu schaffen. Im Ehrenamt kann ich nunmal keine SLAs verlangen. Und derzeit machen wir uns als die „ITler Partei” gegenüber den anderen regelmäßig lächerlich, denn deren WebAuftritte, so schlecht sie teilweise vom Inhalt her auch sein mögen, werden professionell betrieben und fallen nicht alle 3 Tage aus.
Und nein, ich finde es nicht peinlich wenn wir das nicht selber machen, sondern eher im Gegenteil, weil wir wissen wie IT professionell betrieben werden muss, sind wir so konsequent diese auch entsprechend zu betreiben bzw. betreiben zu lassen.
Und hier jetzt anhand von Preisen eines Hosters das ganze direkt Tot zu Reden halte ich auch für unprofessionell.
1. Anforderungskatalog an die Systeme aufstellen
2. Ausschreibung
3. Angebote prüfen
4. jetzt erst diskutieren was, wie bezahlbar oder eben nicht ist.
CU
Sleepy !
So, und zu den 300 EUR monatlich fügen wir nun hinzu:
– 30 EUR für „Monitoring Plus”, weil auch weniger offensichtliche Ausfälle einzelner Dienste zügig bemerkt werden müssen
– 20 EUR, da wir gerne mehr als nur einen Tag Backup haben wollen
– 10 EUR für die Firewall, um zumindest etwas gegen den DDoS machen zu können
– 40 EUR, wenn wir „nur” ein Jahr (statt drei!) Vertragslaufzeit haben wollen, falls sich der Anbieter doch als ungeeignet erweist
Macht erstmal 400 EUR. Aber da kommt noch die Mehrwertsteuer obendrauf. Macht 476 EUR.
Davon, was bei Trafficüberschreitung passiert, will ich gar nicht erst sprechen. 2,90 EUR pro GB können bei einem TB Übertraffic (Wahl!) ganz schnell das Budget fressen.
ach ja, im Piratenwiki gibt es übrigens seit Neustem eine Liste der Dienste http://wiki.piratenpartei.de/IT/%C3%9Cberblick
Die restlichen Dienste müssen also mit den übriggebliebenen 357 EUR betrieben werden.
Jan: Gar nicht gemerkt, dass du hier Dirks Vorschlag heimlich zersäbelt hast. Magst du das vielleicht noch den 5000 Aktive Lesern mitteilen? Bin heute gemein, ich weiss. Aber zielorientiert.
„Es ist schon peinlich, wenn gerade die PP auf externe Dienstleister ausweichen sollte”
Wieso denn das ?! Im Gegenteil, wie schon mehrfach erwähnt ist hier mit ehrenamtlichen Mitarbeitern keine vernünftige Versorgung ermöglicht.
Eine professionelle Lösung, auch bei einem anderen Anbieter, zu wählen ist da keine Schande und btw. völlig uninteressant für irgendwelche politischen Bilder.
Ob die so vorgeschlagene Lösung schon „Umsetzungsfähig” ist sei mal dahingestellt. Aber ganz klar ist das 50k Euro zuviel für die IT ist.
UND
Wir bezahlte Kräfte brauchen die sich um unsere Webseite kümmern. Solange die Webseiten als „Hobby” (keine Kritik!) betrieben werden kann auch keine professionelle Leistung erwartet werden.
Trackback
Hi,
an sich gut, aber bei einem professionellen Hoster (der zwei unabhängige Strom und Netz-Feeds bereitstellen kann), kann man jedem Dienst mit zwei Servern (die dann jeweils an einen oder beide Feeds angebunden sind) schon eine gute Erreichbarkeit verpassen. Ich denke über mehrere Rechenzentren clustern ist wohl eher nicht nötig. Gut, das Housing würde schon ein bisschen was kosten und man ist dann locker mit 500‑1000€ im Monat dabei (je nach Sympathie des Hosters zur PP). Außerdem braucht man ordentliche Hardware. Aber ich denke mit eigener Hardware und Service auf Abruf durch ein ehrenamtliches Eskalationsteam das bei Bedarf noch Profis ansprechen kann, kommt man auch langfristig gut klar.
Wenn die Erreichbarkeit nicht reicht, kann man auch mal sehen ob man Teile der Dienste (z.b. die Website) irgendwie in Amazons Cloud umziehen kann?
Viele Grüße,
Peter
Ahoi Dirk,
die Idee ist zwar recht interessant, aber enthält eine Reihe von Punkten die Dagegen sprechen.
Mit diesem Aufbau stellt man die gesamte It Infrastruktur so auf das Single Point of Failure gibt.
Wenn wir nur einen Server nehmen und dieser Crasht sind die Seiten erstmal offline, da es keine Reserve gibt.
Weitergehend wird es wohl recht Kostenintensiv wenn der Hoster Dienste mit Installieren soll die nicht Seinen Standard Umfeld entsprechen z.B. Asterisk, Ldap, Kerberos, Jabber, Mumble, Maillinglisten.
Solten wir weggen einer Wahl mal wieder erhöhten traffic haben und über die 5000 GB grenze kommen, Kostet jedes GB 3,52 Euro oder anders gerechnet 1 TB kostet mehr als ein 1/3 des It Budget (3618€).
Sollten wir dann noch mit dem Traffic von uns die Performance von anderen Kunden oder gar die Infrastruktur gefährden. Sind sie nach AGB §10 Absatz 2 sogar berechtigt unsere Dienste abzustellen, um die Betriebssicherheit zu gewährleisten.
Zum drücken des Reset Knopfes braucht man bei der eigenen RZ lösung niemanden, das wird über das Hardware Management Konsole im Server abgedeckt mit einer Ip Steckdosenleiste als Fallback.
Weiterhin Ist die frage was es Preislich für einen Aufschlag gibt bei einem SLA von 99,9. Ein SLA 99,0% wie von dem Hoster ausgeschrieben bedeuten 87,6 Stunden erlaubter Ausfall im Jahr.
Weiterhin ist unklar ob Das wir Speichern nicht Siegel gehalten werden kann. Dies müsste im Voraus auch noch geklärt werden genauso wie die Kosten für die optionalen Dienste.
Ein Konzept enthält nicht nur eine Betrachtung von ausgewählten Diensten, sondern von allen Diensten.
Gruß
BM
Es ist schon peinlich, wenn gerade die PP auf externe Dienstleister ausweichen sollte – die Kosten sind IMHO immer zu hoch. Für den recht niedrigen Aufwand einer „richtig” geplanten Infrastruktur könnte man etliche Root-Server „Clustern”, anstatt einen oder zwei Server managen zu lassen oder sogar noch mehr…
Der administrative Aufwand steigt nur mit fehlenden Fallbacks und Monitoring-Tools – skripte inkl. Ich würde für eine Auslagerung der Hardware inkl. 24/7 Turnschuh-Administration plädieren und den Rest von Fachleuten einrichten lassen. Wäre echt schade, wenn das nicht in den eigenen Reihen möglich sein sollte.
„Es ist schon peinlich, wenn gerade die PP auf externe Dienstleister ausweichen sollte?”
Ganz und gar nicht. So funktioniert Wirtschaft in der Informationsgesellschaft: Know-how als Produktionsmittel mit massiven Skaleneffekten.
Allerdings ist das auch entsprechend teuer, ja.
Ich schließe mich dem voll und ganz an. Die erforderliche Professionalität und Erreichbarkeit der Dienste kann m.E. nicht mehr mit Ehrenamtlichen gedeckt werden. Was die Datensicherheit angeht ist es hier v.A. den geeigneten Hosterverträgen geschuldet, dies zu garantieren. Eine 100%ige Sicherheit ist nie möglich, auch bei Parteiinterner Infrastruktur (siehe Forum-Eklat). Aber mit dem richtigen Rahmenwerk sollten sich die Risiken minimieren lassen.
Hi ihr 2 und wer garantiert für die Datensicherheit, bei managed-Hosting ist man ja nicht mehr Herr seiner Daten.
Rest gelöscht wegen verschiedener unbelegter Tatsachenbehauptungen
Hi Dirk,
meine vollste Zustimmung zu Deinem Vorschlag und Konzept. Ich sehe das ganz genau so.
Grüße
Dominique
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