Kurz nach dem Einsatz: Polizei mit Sprayflasche im Anschlag

Einsatz von „Pfefferspray” bei der Anti-Thor-Steinar-Demonstration am Samstag, 2013-09-21 – Brief an den Polizeipräsidenten 2


Poli­zei­di­rek­ti­on Hannover
Herrn Poli­zei­prä­si­dent Vol­ker Kluwe
Water­loo­stra­ße 9
30169 Hannover

Hin­weis: Die direkt zuge­sand­te Ver­si­on die­ses offe­nen Brie­fes ent­hält kei­ne Bilder.

Sehr geehr­ter Herr Kluwe,

am 2013-09-21 wur­den sei­tens der Poli­zei che­misch wir­ken­de Waf­fen („Pfef­fer­spray”, „Reiz­gas”) gegen Teil­neh­mer der Anti-Thor-Stei­nar-Demons­tra­ti­on auf der Pod­biel­s­ki­stra­ße ein­ge­setzt. Ich befand mich beim Ein­satz die­ser Waf­fen etwa 5 – 6 Meter vom Ein­satz­ort ent­fernt, war unmit­tel­ba­rer Augen­zeu­ge des Ein­sat­zes der Waf­fen durch min­des­tens zwei Poli­zis­ten und habe die Wir­kung des ver­sprüh­ten Stof­fes selbst erlebt. Ich kann mir vor dem Hin­ter­grund mei­ner eige­nen Beob­ach­tun­gen sowohl die­ser Situa­ti­on als auch des gesam­ten Demons­tra­ti­ons­ab­lau­fes den Waf­fen­ein­satz nicht erklä­ren. Des­halb fra­ge ich Sie:

1) Was war der genaue Anlass des Ein­sat­zes des Sprays gegen die Demonstranten?

Start des Demonstrationszuges am Lister Platz: Bunt gemischtes Teilnehmerfeld

Start des Demons­tra­ti­ons­zu­ges am Lis­ter Platz: Bunt gemisch­tes Teilnehmerfeld

2) Was soll­te mit dem Ein­satz des Sprays bewirkt werden?

Unmittelbar vor dem Zwischenfall: Der Waffeneinsatz fand hinter dem Lautsprecherwagen (mittig im Bild) statt

Unmit­tel­bar vor dem Zwi­schen­fall: Der Waf­fen­ein­satz fand hin­ter dem Laut­spre­cher­wa­gen (mit­tig im Bild) statt

3) Wie­vie­le Poli­zis­ten waren zur Beglei­tung der Demons­tra­ti­on ins­ge­samt im Ein­satz, wie­vie­le davon am Ort der Abschluss­kund­ge­bung? Wie­vie­le waren mit der che­misch wir­ken­den Waf­fe aus­ge­stat­tet und sind die­se Poli­zis­ten im Umgang mit dem Stoff geson­dert ausgebildet?

Kurz nach dem Einsatz: Polizei mit Sprayflasche im Anschlag

Kurz nach dem Ein­satz: Poli­zei mit Spray­fla­sche im Anschlag

4) Wur­de im Vor­feld der Ein­satz che­misch wir­ken­der Waf­fen im Rah­men der Beglei­tung des Demon­s­ta­ti­ons­zu­ges erwo­gen und ihr Ein­satz für bestimm­te Situa­tio­nen vor­ge­se­hen? Hat zum Zeit­punkt des tat­säch­li­chen Ein­sat­zes eine sol­che Situa­ti­on vorgelegen?

Abschlusskundgebung: Auf der stadtauswärtigen Seite der Podbi, hinter den Bahngleisen

Abschluss­kund­ge­bung: Auf der stadt­aus­wär­ti­gen Sei­te der Pod­bi, hin­ter den Bahngleisen

5) Wur­de im Rah­men der Ein­satz­vor­be­rei­tung abge­wo­gen, ob der Ein­satz che­misch wir­ken­der spray- bzw. gas­för­mi­ger Waf­fen ins­ge­samt recht­fer­tig­bar ist? Es war abzu­se­hen, dass die Demons­tra­ti­ons­teil­neh­mer sich aus allen Bevöl­ke­rungs­schich­ten zusam­men­set­zen und der Demons­tra­ti­ons­zug selbst war „bunt gemischt”. Es ist mei­ner Beob­ach­tung nach unver­meid­bar, dass sich der gas­för­mi­ge Inhalts­stoff der che­misch wir­ken­den Waf­fe in einem nen­nens­wer­ten Umkreis über den unmit­tel­ba­ren Ein­satz­ort hin­aus aus­brei­tet. Wel­che Wir­kung hat der Stoff auf klei­ne Kin­der, die in nen­nens­wer­ter Anzahl im Demons­tra­ti­ons­zug mit­ge­lau­fen sind?

Demonstrationsteilnehmer und Quelle des Unmuts durch 15 Meter und 2 Polizeiketten getrennt

Demons­tra­ti­ons­teil­neh­mer und Quel­le des Unmuts durch 15 Meter und 2 Poli­zei­ket­ten getrennt

6) Hat Ihr Ein­satz­sze­na­rio für die che­misch wir­ken­de Waf­fe auch mög­li­che Panik­re­ak­tio­nen umste­hen­der Demons­tra­ten berück­sich­tigt und abge­wo­gen? War es Zufall oder Absicht, dass sich unmit­tel­bar neben dem Ein­satz­ort der Durch­gang zur Tho­mas­stra­ße als (ein­zi­ger) Flucht­weg anbot?

Nach Kundgebungsende: Zugang zum Bahnsteig nur eingeschränkt möglich

Nach Kund­ge­bungs­en­de: Zugang zum Bahn­steig nur ein­ge­schränkt möglich

7) Ist es im Rah­men der Sze­na­ri­en­be­wer­tung bei der Beglei­tung eines Demons­tra­ti­ons­zu­ges wie des­je­ni­gen vom Sams­tag ins­ge­samt ver­tret­bar, Poli­zis­ten mit räum­lich aus­ge­brei­tet wir­ken­den che­mi­schen Waf­fen aus­zu­stat­ten? Wel­che Grün­de füh­ren zu der letzt­li­chen Bewertung?

Ort der Abschlusskundgebung: Zwischen Plastikzaun und Häuserreihe

Ort der Abschluss­kund­ge­bung: Zwi­schen Plas­tik­zaun und Häuserreihe

Ich möch­te in kei­ner Wei­se die Arbeit der Poli­zei dis­kre­di­tie­ren. Ihr Ein­satz ist für die Durch­füh­rung von Ver­an­stal­tun­gen wie die­ser Demons­tra­ti­on nötig – und obwohl es „ihr Job” ist, gebührt den Ein­satz­kräf­ten dafür Dank. In der spe­zi­el­len Situa­ti­on ist jedoch mei­ner unmit­tel­ba­ren Beob­ach­tung nach die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der Mit­tel nicht gewahrt wor­den. Dies hat erheb­li­che Aus­wir­kun­gen gehabt, sowohl auf die von dem Waf­fen­ein­satz betrof­fe­nen Demons­tra­ti­ons­teil­neh­mer als auch in der Außen­wahr­neh­mung der Ver­an­stal­tung; die HAZ titel­te in der unmit­tel­ba­ren Bericht­erstat­tung: „Poli­zei setzt Reiz­gas gegen Pro­test­ler ein” – was die Demons­tra­ti­on ins­ge­samt in ein mehr als schie­fes Licht rückt. Ich habe auch unter­schied­li­che Dar­stel­lun­gen gehört, was genau im Vor­feld des Waf­fen­ein­sat­zes pas­siert ist. Des­halb fra­ge ich nach und bin gespannt auf Ihre Ant­wort – von der ich mir wün­schen wür­de, dass sie genau­so öffent­lich ist wie mei­ne Anfrage.

Mit freund­li­chen Grüßen,
Dirk Hillbrecht
PIRA­TEN-Rats­frak­ti­on, stell­ver­tre­ten­der Fraktionsvorsitzender


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2 Gedanken zu “Einsatz von „Pfefferspray” bei der Anti-Thor-Steinar-Demonstration am Samstag, 2013-09-21 – Brief an den Polizeipräsidenten

  • David Engmann

    Anders kann die Poli­zei nicht reagie­ren unschul­di­gen Pfef­fer­spray in die Auge sprü­hen, abso­lut unnö­tig die sol­len sich um die wich­ti­gen Sachen küm­mern, dazu sind sie zu hilflos,Pfui.
    David E.