Direkter Vergleich von Pixel-4-XL- und EOS-90D-Foto bei gleichen Bedingungen

Google Pixel 4 XL versus Canon EOS 90 D: Kamera-Shootout Teil 2


Ich habe nach dem Astro­fo­to neu­lich noch­mal die Mög­lich­keit genutzt, die hoch­ge­lob­te Smart­phone-Kame­ra des Goog­le Pixel 4 XL gegen eine gestan­de­ne Spie­gel­re­flex­ka­me­ra antre­ten zu las­sen. Dies­mal unter glei­chen Bedin­gun­gen. Ein eher etwas schum­me­rig beleuch­te­ter Raum mit einer schwar­zen Kat­ze auf einem Kratz­baum, Ent­fer­nung gut zwei Meter.

Minni auf dem Kratzbaum, aufgenommen mit Google Pixel 4 XL

Min­ni auf dem Kratz­baum, auf­ge­nom­men mit Goog­le Pixel 4 XL

Begin­nen wir mit dem Foto des Goog­le Pixel 4 XL. Auf den ers­ten Blick durch­aus ordent­lich, aber man erkennt bereits, dass da mas­siv nach­ge­hol­fen wur­de: Das Kat­zen­ge­sicht ist qua­si kon­tur­los, die Schnurr­haa­re sind nicht zu sehen und die Pfo­ten, die das Model läs­sig über die Vor­der­kan­te der Lie­ge­flä­che wirft, erin­nern eher an ein Ölge­mäl­de, genau­so wie das Fell des Kratzbaums.

Auf Grund der mas­si­ven algo­rith­mi­schen Nach­be­ar­bei­tung sind jeg­li­che foto­gra­fi­schen Kenn­wer­te des Bil­des mit Vor­sicht zu behan­deln. Die Kame­ra gibt jeden­falls an, mit einer 2,4er-Blende für 1/25 Sekun­de belich­tet zu haben und dann eine elek­tro­ni­sche Ver­stär­kung ver­wen­det zu haben, die einer Film-Emp­find­lich­keit von ISO 1586 entspricht.

Wie gesagt: Gar nicht so ganz schlecht, aber auch nicht so rich­tig über­zeu­gend. Auf­tritt Spiegelreflexkamera.

Minni auf dem Kratzbaum, aufgenommen mit Canon EOS 90D mit Canon 70-200/1:2,8/L-II-Objektiv

Min­ni auf dem Kratz­baum, auf­ge­nom­men mit Canon EOS 90D mit Canon 70 – 200/1:2,8/L‑II-Objektiv

Das Ver­gleich­s­e­quip­ment gehört zur geho­be­nen Mit­tel­klas­se: Ich habe eine Canon EOS 90D, Bau­jahr 2019, mit dem aus­ge­zeich­ne­ten Canon-Objek­tiv „EF 70 – 200 1:2,8 L IS II USM” ver­wen­det. Der Neu­preis von bei­den zusam­men liegt beim 3- bis 4‑fachen des Goog­le-Han­dys – und tele­fo­nie­ren kann man damit nicht… Alles ande­re als ein deut­li­cher Unter­schied wäre eine Ent­täu­schung. Und: Die Kame­ra liefert!

Schon auf dem Gesamt­bild erkennt man viel mehr: Augen­far­be, Fell­zeich­nung, Schnurr­haa­re – alles da, und die Ver­si­on hier im Blog ist schon deut­lich run­ter­ge­rech­net. Dabei hat die Kame­ra hier sogar zu Guns­ten einer mög­lichst kur­zen Belich­tungs­zeit (1/40 Sekun­de) bei 2,8er-Offenblende die elek­tro­ni­sche Ver­stär­kung auf ein Äqui­va­lent zu ISO-6400-Film hoch­ge­schraubt. Da ist noch Luft – aber wenn man mal einen Point-n-Shoot-Ansatz zu Grun­de legt, ist es schon fair, die Pro­gramm­au­to­ma­tik „ein­fach machen” zu lassen.

Detailausschnitt vom Pixel 4 XL in voller Auflösung

Detail­aus­schnitt vom Pixel 4 XL in vol­ler Auflösung

Schau­en wir uns das gan­ze näher an, wird der Unter­schied zwi­schen den bei­den Kame­ras noch deut­li­cher. Das Kat­zen­ge­sicht sieht in 1‑zu-1-Auf­lö­sung beim Pixel 4 XL aus wie eine gris­se­li­ge EGA-Com­pu­ter­spiel­gra­fik von 1987. Das arme Han­dy hat aus den paar Licht­strah­len, die von dem tief­schwar­zen Tier­fell kom­mend die Lin­se getrof­fen haben, irgend­was zusam­men­ge­rech­net. Dass da in der Mit­te eine Nase ist, weiß man auch nur, weil das bei Kat­zen halt immer so ist. Die Gris­sel gehen oben rechts sogar über die Kon­tur des Kat­zen­kop­fes hin­aus – der Flausch des Kratz­baums ist teil­wei­se eben­falls arg verrauscht.

Und das, obwohl die Kame­ra den Fokus durch­aus rich­tig getrof­fen hat: Die Augen soll­ten scharf sein – und das sind sie im Rah­men der Mög­lich­kei­ten der Kame­ra auch. Die Fell­kon­tu­ren links und die Rau­fa­ser­ta­pe­te im Hin­ter­grund sind deut­lich unschär­fer, ein Hin­weis dar­auf, dass hier wirk­lich mit einer rela­tiv offe­nen Blen­de gear­bei­tet wur­de – immer­hin stellt sich ein aus­ge­präg­ter Schär­fen­tie­fe-Effekt beim opti­schen Sys­tem des klei­ne­ren Han­dy-Bild­sen­sor erst bei deut­lich offe­ne­rer Blen­de ein als bei einen APS-C-Sen­sor wie in der 90D.

Detailausschnitt von der EOS 90D in voller Auflösung

Detail­aus­schnitt von der EOS 90D in vol­ler Auflösung

Völ­lig anders die Situa­ti­on bei der Spie­gel­re­flex­ka­me­ra: Die EOS 90D mit dem 70 – 200-L-Objek­tiv bil­den das Kat­zen­ge­sicht detail­reich ab. Auch hier hat die Kame­ra wie gewünscht auf die Augen fokus­siert. Man kann in den Lin­sen sogar die Spie­ge­lung des Rau­mes erken­nen, obwohl die­se – da nicht im Fokus – unscharf ist. Der Offen­blen­de ist die leicht unschar­fe Nasen­spit­ze geschul­det. Die Schnurr­haa­re sind deut­lich ein­zeln zu erken­nen, eben­so ist das Fell über der Nasen­spit­ze bis zu ein­zel­nen Haa­ren aufgelöst.

Auch hier ist den ins­ge­samt eher durch­wach­se­nen äuße­ren Bedin­gun­gen ein gewis­ser Tri­but zu sol­len: Über dem gan­zen Bild liegt ein leich­tes Farb­rau­schen und das Fell unter­halb der Augen ist ein biss­chen „abge­sof­fen”. Auch in der EOS 90D wer­kelt eine digi­ta­le Nach­be­ar­bei­tung der Sen­sor­da­ten, die hier an ihre Gren­zen kommt und ein wenig „her­aus­rech­nen” muss – und Tests zu Fol­ge bei sol­chen „High-ISO-Auf­nah­men” auch eher nicht im Spit­zen­feld liegt.

Direkter Vergleich von Pixel-4-XL- und EOS-90D-Foto bei gleichen Bedingungen

Direk­ter Ver­gleich von Pixel-4-XL- und EOS-90D-Foto bei glei­chen Bedingungen

Als fina­les Bild der klei­nen Serie schließ­lich die­se direk­te Gegen­über­stel­lung. Hier habe ich das EOS-90D-Bild sogar noch­mal run­ter­ge­rech­net, damit die Aus­schnit­te gleich groß sind. Wie gesagt: Das­sel­be Motiv, die­sel­be Posi­ti­on des Foto­gra­fen, glei­che Licht­ver­hält­nis­se, weni­ge Sekun­den Abstand. Der Unter­schied ist sehr, sehr deutlich.

Nun soll das nicht hei­ßen, dass Han­dy­ka­me­ras grund­sätz­lich Schrott sind. „Die bes­te Kame­ra ist die, die man dabei hat” soll Eliott Erwitt gesagt haben. Und unter bes­se­ren äuße­ren Bedin­gun­gen, bei­spiels­wei­se Weit­win­kel­fo­tos drau­ßen bei strah­len­dem Son­nen­schein, dürf­ten die Unter­schie­de zwi­schen bei­den Kame­ras in der Tat so klein sein, dass man sie auch auf den zwei­ten Blick kaum sieht.

Aber sobald die Ver­hält­nis­se schwie­ri­ger wer­den, wie zum Bei­spiel hier bei eher schum­me­ri­gem Licht, lässt sich die Phy­sik nicht so ohne wei­te­res aus­trick­sen: Der klei­ne Sen­sor­chip und das stark geschrumpf­te opti­sche Sys­tem for­dern ihren Tri­but. Wenn man weiß, was man macht, kann man auch damit tol­le Fotos machen. Aber nicht in jeder Situation.

Die Kame­ra eines moder­nen Han­dys ersetzt die Spie­gel­re­flex­ka­me­ra? Nur Ein­zel­fäl­len mag das so sein. Aber all­ge­mein wird man spä­tes­tens bei etwas ambi­tio­nier­te­rem Her­an­ge­hen schnell an die Gren­zen des Mobil­te­le­fons sto­ßen. Und dann braucht es halt eben doch die „rich­ti­ge” Kamera.

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