Wolfgang Schäuble und die Stasi 2.0


Lie­ber Wolf­gang Schäuble,

die Wirt­schafts­Wo­che fragt Sie in einem Inter­view: „Herr Schäub­le, seit Ihren Plä­nen für Online-Durch­su­chun­gen müs­sen Sie sich den Vor­wurf gefal­len las­sen, ein Modell der Sta­si 2.0 umzu­set­zen. Wie lebt es sich mit dem Ruf eines Über­wa­chungs­mi­nis­ters?” Dar­auf ant­wor­ten Sie: „Damit lebe ich unbe­schwert, da sol­che Vor­wür­fe mit der Rea­li­tät nichts zu tun haben. Die jun­gen Men­schen, die mir der­ar­ti­ge Vor­hal­tun­gen machen, mei­nen das ja auch nicht ernst.

Es freut mich, dass ich, Jahr­gang 1972, immer noch den „jun­gen Men­schen” zuge­rech­net wer­de. Ansons­ten zeigt die­se Ein­las­sung mal wie­der, mit wel­cher Her­ab­las­sung Sie mit den Grund­wer­ten die­ses Staa­tes umge­hen. Eigent­lich soll­te es einem Bun­des­in­nen­mi­nis­ter zu den­ken geben, wenn sein Name viel­tau­send­fach in einem Atem­zug mit einer anti­de­mo­kra­tischs­ten Ein­rich­tun­gen der jün­ge­ren deut­schen Geschich­te genannt wird. Und es ist ja nicht so, dass Ihre irr­lich­tern­den Ideen zur Online-Durch­su­chung der ein­zi­ge Anlass für so einen Quer­ver­weis wären. Eigent­lich kann man ja mitt­ler­wei­le dar­auf wet­ten, dass Sie spä­tes­tens jedes zwei­te Wochen­en­de eine neue Sicher­heits­sau durchs Ter­ro­ris­mus­dorf trei­ben. Mal wer­den Poli­zei und Geheim­diens­te zusam­men­ge­legt, mal reden Sie mög­lichst weit gehen­den prä­ven­ti­ven Poli­zei­rech­ten das Wort. Die Unschulds­ver­mu­tung ist für Sie ja eigent­lich auch nur stö­ren­des Bei­werk im Hei­li­gen KriegKampf gegen den Ter­ror. Und wer ver­däch­tig ist, der wird am bes­ten erst­mal weg­ge­sperrt – prä­ven­tiv, ver­steht sich. Damit das alles klappt, brau­chen wir schließ­lich noch eine Bun­des­ab­hör­zen­tra­le.

Wor­in unter­schei­den sich Ihre Plä­ne jetzt genau von der DDR-Stasi?

Sie ver­ste­hen es ja, bei all Ihrem nur wenig an den Grund­rech­ten ori­en­tier­ten Han­deln eine staats­män­ni­sche Fas­sa­de vor­zu­täu­schen. Nur manch­mal, da blitzt durch, was Sie da tief drin in Ihrer Innen­mi­nis­ter­see­le wirk­lich den­ken mögen: Der Ver­gleich von „größ­ter Ver­fas­sungs­be­schwer­de” und „GröFaZ” war schon ganz schön unter jeg­li­cher Gürtellinie.

Noch mögen Sie so über Ihre Kri­ti­ker her­zie­hen kön­nen, Herr Schäub­le. Aber ich bin mir sicher, dass Sie irgend­wann in nicht allz­uf­er­ner Zukunft eine Weis­heit ein­holt, die schon mei­ne Groß­mutter kann­te: Hoch­mut kommt vor dem Fall.

Dirk Hill­brecht

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