Mit Ursula von der Leyen auf dem Lindener Marktplatz in Hannover – Erlebnisse eines Piraten 51


Alle Fotos in die­sem Arti­kel sind von Jor­ge-Alber­to Reich und CC-BY-SA-lizenziert.

Am Sams­tag gab sich Frau von der Ley­en die Ehre auf dem Lin­de­ner Markt­platz in Han­no­ver. Eini­ge Han­no­ver­sche Pira­ten woll­ten sich nicht ent­ge­hen las­sen, das mal anzu­schau­en und in geeig­ne­ter Form zu begleiten.

Los ging’s um zehn Uhr mor­gens. Alle wich­ti­gen Par­tei­en hat­ten rund um die Stra­ßen­kreu­zung neben dem Markt­platz ihre Info­stän­de auf­ge­baut. Alle? Nicht ganz. Die Pira­ten hat­ten zwar kei­nen eige­nen Info­stand, aber irgend­wie waren da plötz­lich zwölf Leu­te. Und die sind dann alle mal rüber zur CDU, als Ursu­la dort ein­traf. Und wir waren nicht mal die ein­zi­gen. Wei­te­re poli­tisch inter­es­sier­te Bür­ger gesell­ten sich zu uns, teil­wei­se pas­send mit „Zensursula”-T-Shirts bekleidet.

Piraten treffen beim CDU-Infostand ein

Pira­ten tref­fen beim CDU-Info­stand ein, Foto von Jor­ge-Alber­to Reich, CC-BY-SA

Wenig erfreut waren die etwa sie­ben loka­len CDU-Leu­te am Stand. Sie hät­ten es wohl wesent­lich lie­ber gese­hen, wenn man sie in Ruhe und unwi­der­spro­chen ihre Unwahr­hei­tenInfor­ma­tio­nen unters Volk hät­te brin­gen las­sen, aber immer­hin soll­te das hier sowas wie ’ne Bür­ger­sprech­stun­de sein. Und Bür­ger sind ja nun mal auch wir.

Kai hat dann auch umge­hend das Gespräch gesucht. War aber nicht so ein­fach. Mit fun­dier­ten Gegen­mei­nun­gen kon­fron­tiert, wählt Frau von der Ley­en wohl am liebs­ten die „Mono­log­stra­te­gie” – das heißt Kai wur­de so lan­ge zuge­tex­tet, bis alle Phra­sen abge­ar­bei­tet waren: „Natür­lich wol­len wir kei­ne Zen­sur, die Netz­sper­ren sind die bes­te Lösung über­haupt, bla bla bla”. Ein­ge­hen auf Nach­fra­gen: Fehlanzeige.

Kai im Gespräch mit Frau von der Leyen

Kai im Gespräch mit Frau von der Ley­en, Foto von Jor­ge-Alber­to Reich, Bear­bei­tung dh, CC-BY-SA

Die jun­ge Dame auf dem Bild trug übri­gens ein Schild mit der Auf­schrift „Weg­schau­en statt bekämp­fen? Sper­ren statt löschen?”. Sie wur­de von Frau von der Ley­en mit den Wor­ten begrüßt: „Sie sind also dafür, dass man sich im Inter­net Kin­der­por­nos anschau­en kann?!” Da erüb­rigt sich jeder wei­te­re Kom­men­tar. Die­je­ni­gen, die die­se „Gesprä­che” live gehört hat­ten (ich stand lei­der etwas zu weit weg), haben spä­ter ein­hel­lig gemeint, Frau von der Ley­en hät­te sich voll­stän­dig merk­be­freit gezeigt. Es scheint so, die Frau glau­be wirk­lich und gera­de­zu fana­tisch dar­an, sie wür­de da etwas ganz Tol­les zu Wege brin­gen. In so einer Situa­ti­on sind ratio­na­le Argu­men­te lei­der völ­lig nutz­los und eigent­lich ist das ja einer der Grün­de, war­um Glau­be und Fana­tis­mus in einer frei­heit­li­chen Demo­kra­tie nichts ver­lo­ren haben. Womit wir wie­der bei des Pudels Kern ange­kom­men sind, wenn es um Frau von der Ley­en und ihr Ver­ständ­nis von Kom­mu­ni­ka­ti­ons­in­fra­struk­tu­ren geht…

Nach etwa zehn Minu­ten Zwiegesprä­chen neben dem CDU-Stand ging es dann auf den Markt­platz. Und ob nun gleich ganz vorn…

Auf dem Marktplatz

Auf dem Markt­platz, Foto von Jor­ge-Alber­to Reich, CC-BY-SA

…beim Fisch­stand…

Am Fischstand

Am Fisch­stand, Foto von Jor­ge-Alber­to Reich, CC-BY-SA

…beim Kaf­fee- und Teestand…

Am Kaffee- und Teestand

Am Kaf­fee- und Tee­stand, Foto von Jor­ge-Alber­to Reich, CC-BY-SA

…oder bei all den ande­ren Stän­den, an denen Frau von der Ley­en das Gespräch mit dem Wäh­ler such­te: Im Hin­ter­grund war immer ein knap­pes Dut­zend Men­schen, die mit Pla­ka­ten deut­lich mach­ten, dass sie mit der Poli­tik und den Ansich­ten von Frau von der Ley­en nicht ein­ver­stan­den sind. All die­se Men­schen waren die gan­ze Zeit über freund­lich und zurück­hal­tend: Alle sind immer brav hin­ter der CDU-Entou­ra­ge und Frau von der Ley­ens eige­nen Auf­pas­sern geblie­ben, nie­mand hat sich auch von den gele­gent­li­chen Remp­lern des einen oder ande­ren CDU­lers nur im gerings­ten pro­vo­zie­ren las­sen, nie­mand hat sich irgend­wo in den Weg gestellt oder auch nur ein ein­zi­ges „Gespräch” zwi­schen Frau von der Ley­en und den Bür­gern gestört.

Trotz­dem fin­gen die drei anwe­sen­den Poli­zis­ten nach etwa 15 Minu­ten an, von einem Groß­teil der anwe­sen­den Geg­ner die Per­so­na­li­en auf­zu­neh­men. Die Begrün­dung war, es hand­le sich hier um „unan­ge­mel­de­te Ver­samm­lung” und das wur­de dann dann am Hoch­hal­ten der Pla­ka­te fest­ge­macht oder – bei denen, die kei­ne Pla­ka­te dabei hat­ten – dar­an, dass sie halt „mit­lau­fen wür­den” und damit auch zu die­ser „Ver­samm­lung” gehörten.

Personalienaufnahme am Rande des Marktspaziergangs

Per­so­na­li­en­auf­nah­me am Ran­de des Markt­spa­zier­gangs, Foto von Jor­ge-Alber­to Reich, CC-BY-SA

So eine Begrün­dung ent­behrt auf einem beleb­ten Markt­platz nicht einer gewis­sen Iro­nie. Ich weiß nicht, ob das jetzt ein Ein­schüch­te­rungs­ver­such war, eine pro­phy­lak­ti­sche Maß­nah­me falls es zu Ran­da­le käme oder ob die CDU gefor­dert hat­te, da „müs­se doch was getan wer­den gegen die­se Stö­rer”. Ich weiß nur, dass kei­ner der betei­lig­ten Pro­tes­tie­rer sich davon beein­dru­cken ließ, alle Schil­der blie­ben oben und Frau von der Ley­en blieb ihre Beglei­tung treu.

(Nach­trag: Beim Max fin­dest sich mitt­ler­wei­le ein Bericht, der eben­falls pro­tes­tiert hat und der „unan­ge­mel­den Ver­samm­lung” zuge­rech­net wur­de, obwohl er, wie er betont, allein gekom­men ist und nichts mit der Pira­ten­par­tei zu tun hat.)

Übri­gens waren auch vie­le ande­re Gesprächs­part­ner nicht so recht von Frau von der Ley­en über­zeugt. Auch bei ande­ren The­men wie Väter­rech­ten, Betreu­ungs­an­ge­bo­ten für Klein­kin­der oder finan­zi­el­ler Fami­li­en­un­ter­stüt­zung waren ihre Ein­las­sun­gen wohl häu­fig sehr schablonenartig.

Um punkt 11 Uhr war der SpukAuf­tritt dann auch schon vor­bei. Mit­samt ihrer Beglei­tung ent­schweb­te Frau von der Ley­en in ihrer schi­cken Limou­si­ne. Wir durf­ten uns dann noch ein wenig von einem CDU-Men­schen laut­stark angif­ten las­sen („Ihr soll­tet euch schä­men mit dem Tauss”), der nach der pas­sen­den Erwi­de­rung („Ach, gilt in Ihrer Par­tei das rechts­staat­li­che Prin­zip der Unschulds­ver­mu­tung nicht?”) erheb­lich aus­ge­bremst war. Ich per­sön­lich hal­te es da zudem mit der unver­gleich­li­chen Vera Drom­busch: „Wer schreit hat Unrecht.” Ansons­ten konn­ten wir noch vie­le Bür­ger über uns und unse­re Zie­le infor­mie­ren, vie­le Fly­er ver­tei­len – und die Jungs, die plötz­lich die Sei­ten­schei­be ihres Autos run­ter­kur­bel­ten und quer über den Platz rie­fen: „Ihr seid klas­se, ich werd’ euch wäh­len!” haben damit defi­ni­tiv auch nicht die CDU hin­ter uns gemeint. 😉

Par­al­lel hat­te der­weil eine zwei­te Akti­ven­grup­pe den Info­stand in der Han­no­ver­schen Innen­stadt auf­ge­baut. Etli­che Pira­ten sind noch vom Lin­de­ner Markt­platz dort­hin gezo­gen und haben die dor­ti­ge Grup­pe ver­stärkt, was ange­sichts des hohen Bür­ger­inter­es­ses auch sehr sinn­voll war.

Infostand auf der Osterstraße

Info­stand auf der Oster­stra­ße, Foto von Jor­ge-Alber­to Reich, CC-BY-SA

Zusam­men mit dem Rekord-Stamm­tisch vom Frei­tag abend (42 Pira­ten und Inter­es­sen­ten) ein wahr­haft pira­ti­ges Wochenende!

Einen wei­te­ren Bericht vom Lin­de­ner Markt­platz mit wei­te­ren Fotos gibt’s übri­gens drü­ben in Jans hyper-world.

Nach­trag, 2009-09-26: Auch im Por­tal „Han­no­ver ent­de­cken” gibt es zwi­schen­zeit­lich einen Bericht von Frau von der Ley­ens Besuch mit eini­gen erhel­len­den Details über den äußerst unhöf­li­chen Umgangs­ton von Frau von der Ley­en und ihre CDU-Mitstreiter.


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