Tatrawagenzug in Dresden, Mai 1996

Der Nahverkehrs-Adventskalender (1): Dresden 1996 2


Bald ist Weih­nach­ten. Ich habe mich die­ses Jahr ent­schlos­sen, eine ver­brei­te­te Tra­di­ti­on in die­ses Blog zu über­neh­men: Den Advents­ka­len­der. Jeden Tag gibt’s einen neu­en Bei­trag. Nun weiß ich nicht, ob ich der­art vie­le Schwanks aus mei­nem Leben zusam­men­be­kä­me und zwei Dut­zend Poli­tik­ar­ti­kel sind viel­leicht auch nicht der Weis­heit letz­ter Schluss. Des­halb gibt’s mal was ganz ande­res: Straßenbahnen. 😉

Seit bald 20 Jah­ren durch­rei­se ich Deutsch­land und das angren­zen­de Euro­pa und schaue mir Nah­ver­kehrs­sys­te­me an. Ich durch­wan­de­re Sta­tio­nen, fah­re kreuz und quer durch Städ­te und gra­se sys­te­ma­tisch gan­ze Net­ze ab. Eine Unmen­ge von Fotos ist dabei im Lau­fe der Zeit ent­stan­den. 24 Städ­te habe ich jetzt aus­ge­wählt und stel­le jeden Tag eine anhand eines Fotos oder einer klei­nen Foto­se­rie ein Detail aus einer Stadt vor. Ich habe mich bemüht, „inter­es­san­te” Bau­wer­ke, Betriebs­si­tua­tio­nen oder Bege­ben­hei­ten her­aus­zu­su­chen. Das gan­ze ist eine bun­te Mischung und ein Stück weit auch ein Expe­ri­ment, ob die­ses The­ma und die­se Auf­ma­chung über­haupt für irgend­je­man­den inter­es­sant ist. Zu gewin­nen gibt’s übri­gens nichts. Und Rät­sel mache ich auch kei­ne. Das gan­ze sind ein­fach nur klei­ne Arti­kel über U‑, S- und Stra­ßen­bahn in ver­schie­de­nen Städ­ten aus rei­nem Spaß an der Freud’.

Tatrawagenzug in Dresden, Mai 1996

Tatra­wa­gen­zug in Dres­den, Mai 1996

Am heu­ti­gen ers­ten Tag des Kalen­ders begin­nen wir mit einem rich­tig alten Foto: Dres­den im Mai 1996. Das Foto müss­te am Haupt­bahn­hof ent­stan­den sein, ganz genau kann ich das heu­te nicht mehr nach­voll­zie­hen, da mei­ne Archi­vie­rung zu der Zeit noch nicht so aus­ge­feilt wie heu­te war. Im Bild­mit­tel­punkt ist ein Stra­ßen­bahn­zug, wie er damals typisch für Dres­den war. Es han­delt sich um zwei Trieb- und einen Bei­wa­gen des tsche­chi­schen Her­stel­lers Tatra. Sol­che Züge über­nah­men damals den kom­plet­ten Dresd­ner Stra­ßen­bahn­ver­kehr und die hier dar­ge­stell­te Drei-Wagen-Kom­bi­na­ti­on war das längs­te, was sei­ner­zeit auf den Glei­sen fuhr. Tatra belie­fer­te im Ost­block einen Groß­teil der Stra­ßen­bahn­be­trie­be mit Neu­fahr­zeu­gen, so auch in der DDR. Dres­den war dabei der Pilot­be­trieb für die gesam­te DDR. Mit den Tatra­wa­gen wur­den nach und nach alle frü­he­ren Fahr­zeug­se­ri­en abge­löst, die samt und son­ders noch vor dem 2. Welt­krieg kon­zi­piert wor­den waren. 1986 war die­se Umstel­lung abgeschlossen.

Auf dem Foto eben­falls zu sehen ist das Gleis­bett. Zu erken­nen ist die alte DDR-Bau­wei­se mit Beton­plat­ten, die zwi­schen die Schie­nen gelegt wer­den. Wenn man etwas genau­er hin­sieht, erkennt man, dass die Plat­ten nicht unbe­dingt bün­dig lie­gen, son­dern auf unter­schied­li­cher Höhe oder sogar schief. Gro­ße Tei­le des Gleis­net­zes in Dres­den waren zur Wen­de in einem außer­or­dent­lich schlech­ten Zustand und es hat lan­ge gedau­ert, alle Lang­sam­fahr­stel­len zu besei­ti­gen und das Netz kom­plett „in Schuss” zu bringen.

Heu­te sind die Ver­hält­nis­se anders: Als Fahr­zeu­ge kom­men heu­te so gut wie aus­schließ­lich moder­ne Nie­der­flur­stra­ßen­bah­nen zum Ein­satz. Tatras gibt es nur noch zu weni­gen Anläs­sen als Ver­stär­kungs­zü­ge und auch dann wer­den kei­ne Bei­wa­gen mehr genutzt, son­dern drei moto­ri­sier­te Trieb­wa­gen hin­ter­ein­an­der gekup­pelt. Zudem sind alle Bah­nen heu­te in der gelb-schwar­zen Haus­la­ckie­rung der Dresd­ner Ver­kehrs­be­trie­be lackiert, die man bei dem Zug im Hin­ter­grund erah­nen kann.

Auch die Glei­se befin­den sich heu­te in einem sehr guten Zustand. Altes DDR-Gleis­ma­te­ri­al fin­det sich heu­te nur noch an weni­gen Stel­len im Netz. Vie­le Tras­sen sind in den letz­ten 20 Jah­ren voll­stän­dig über­ar­bei­tet wor­den. Dabei wur­den auch Bahn­steig­kan­ten ange­legt, die in die Fahr­zeu­ge höhen­glei­chen und damit bar­rie­re­frei­en Ein­stieg ermög­li­chen. Alles in allem hat Dres­den heu­te ein sehr moder­nes Stra­ßen­bahn­netz, mit dem man zügig durch die gan­ze Stadt kommt.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

2 Gedanken zu “Der Nahverkehrs-Adventskalender (1): Dresden 1996

  • Christian

    Hal­lo,

    dan­ke für den Aus­flug in die His­to­rie. Aller­dings irrt der Autor bei einer ent­schei­den­den Sache.

    Die Hal­te­stel­len­an­la­ge ist Nach­wen­de­pro­duk­ti­on. Die Beton­plat­ten wur­den auch nach 1990 ver­wen­det, wenn auch in einer fei­ne­ren Art und Wei­se. Im Zuge der ers­ten Sanie­rung des Haupt­bahn­ho­fes wur­de im Bahn­hofs­vor­feld so ziem­lich alles neu gemacht und das ist hier unter ande­ren an den Bahn­stei­gen und der Ampel­an­la­ge gut zu erkennen.

    Auch wenn mein Bei­trag ein paar Mona­te nach der Ver­öf­fent­li­chung erscheint erreicht er hof­fent­lich noch Wirkung.

  • Wolf

    Hey Dirk, ich lese immer ger­ne Dei­ne Bahn­bei­trä­ge mit Hin­ter­grund­be­rich­ten. Da freue ich mich schon auf 23 weitere.