Bei der CDU ist Kindesmissbrauch momentan nicht strafbar, oder wie? 9


Aus einem Flug­blatt zum Regie­rungs­pro­gramm der CDU:

Es darf nichts unver­sucht blei­ben, ins­be­son­de­re unse­re Kin­der mit allen recht­staat­lich [sic!] zuläs­si­gen Mög­lich­kei­ten zu schüt­zen. Wir wol­len den Kin­des­miss­brauch grund­sätz­lich wie­der als Ver­bre­chen bestrafen.

Man hal­te ein­fach nur §1631 BGB, §225 StBG oder §177 StGB dage­gen um klar zu erken­nen, dass die impli­zi­te Aus­sa­ge, Kin­des­miss­brauch wür­de momen­tan grund­sätz­lich nicht als Ver­bre­chen bestraft, hane­bü­che­ner Blöd­sinn ist. Es blei­ben eigent­lich nur drei Mög­lich­kei­ten, die­sen Aus­zug zu deuten:

  1. Die CDU möch­te bei Kin­des­miss­hand­lun­gen den Grund­satz „Hil­fe statt Stra­fe” abschaf­fen, der staat­li­chen Stel­len eini­gen Ermes­sens­spiel­raum bei der Ver­fol­gung von Kin­des­miss­hand­lun­gen, vor allem im fami­liä­ren Bereich, gibt. Das wür­de zwar zu der obrig­keits­staat­li­chen Atti­tü­de unse­rer Fami­li­en­mi­nis­te­rin pas­sen, wäre aber mal wie­der ein Schritt weg von den gesell­schaft­li­chen Errun­gen­schaf­ten der letz­ten 40 Jahre.
  2. Es geht nicht wirk­lich um Kin­der­schutz. Die CDU hat bloß mal wie­der ein paar mar­ki­ge Wor­te fal­len las­sen wol­len. Und wenn dabei der Rechts­staat in Fra­ge steht, kommt der Ver­weis auf „irgend­was mit Kin­dern” immer beson­ders gut. Das wür­de auch erklä­ren, war­um der kru­de Satz aus­ge­rech­net in einem Blatt über „Inne­re Sicher­heit” auftaucht.
  3. Auf dem Papier waren noch zu viel wei­ße Stel­len und der Prak­ti­kant hat ein­fach fröh­lich drauflosfabuliert.

Ange­sichts der Tat­sa­che, dass der CDU Chan­cen ein­ge­räumt wer­den, nach der Wahl die größ­te Frak­ti­on zu stel­len, weiß ich nicht, wel­che die­ser drei Erklä­run­gen mich am meis­ten beunruhigt…

Zum Glück gibt’s am 27. Sep­tem­ber ja auch Alter­na­ti­ven: Pira­ten­par­tei wäh­len!


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9 Gedanken zu “Bei der CDU ist Kindesmissbrauch momentan nicht strafbar, oder wie?

  • Addliss

    @5 (Frank) Ich den­ke, der Nicht­ju­rist ist sich nicht immer bewusst, dass im Gesetz zwi­schen „Ver­ge­hen” und „Ver­bre­chen” unter­schie­den wird. Daher fragt er natür­lich kei­nen befreun­de­ten Juris­ten o.ä., weil er es nicht für nötig erach­tet. Ich hät­te es auch nicht getan, wenn ich in den Kom­men­ta­ren nicht auf­ge­klärt wor­den wäre.

    @2 (André Jagusch) Dan­ke für den Hinweis.

  • Knuddelbacke

    Wer sich an den Skan­dal in Sach­sen erin­nert wird sicher auch die Pas­sa­ge mit den KF aus Nach­bar­län­dern in Erin­ne­rung haben. Nun wer ist ers­te Kraft in Sach­sen und moppt alles was auf­klä­ren will – ja rich­tig die CDU. Hr. k. Nol­le wei­ter so!!!

  • Andre

    Dirk, du ver­stehst nicht wie Wash­kampf­re­den und Kom­mu­ni­ka­ti­on funk­tio­nie­ren. Dabei geht es gar nicht um ratio­na­le Rede, son­dern um leben­di­ges Träu­men beim Zuhören. 

    Es geht es viel mehr um die sprach­li­che Schablone.
    „Es darf nichts unver­sucht blei­ben, ins­be­son­de­re unse­re Kin­der mit allen recht­staat­lich [sic!] zuläs­si­gen Möglichkei­ten zu schüt­zen. Wir wol­len den Kin­des­miss­brauch grund­sätzlich wie­der als Ver­bre­chen bestrafen.”

    „Bit­te las­sen Sie mich durch, WEIL ich es eilig habe.” funktioniert.

    Es geht hier mehr um eine Phra­sen­wol­ke, die auf den Zuhö­ren her­um­mas­siert. Die meis­ten Leu­te ver­ste­hen nicht ein­mal die Tages­schau, sie sind unkon­zen­triert, sie lesen nicht so auf­merk­sam wie du. Sie machen sich Sor­gen um die Kin­der. Sie wur­den viel­leicht selbst miss­braucht und haben des­halb Gewalt­phan­ta­sien. Sie wün­schen sich har­tes Durch­grei­fen, nicht ladi­da Realitätssinn.

    Les den Text der CDU jeman­den vor, und fra­ge ihn dann, was Du gefor­derst hast. Was bleibt hängen?

    „Ver­bre­cher bestra­fen” klingt ok
    „recht­staat­lich” natürlich.
    „Kin­der” müs­sen geschützt werden.
    „Es darf nichts unver­sucht blei­ben” – die mei­nen es wirk­lich ernst mit dem Schutz der Kinder.

    Der Witz ist also, dass du die­se Spra­che auf dem fal­schen Level liest.

    Wenn man Dei­nen Blog­bei­trag liest, kommt man auf „oder wie?”, „hane­bü­che­ner Blöd­sinn”, „kru­de”, „hat bloß mal wie­der ein paar mar­ki­ge Wor­te fal­len las­sen wol­len”. „kommt immer beson­ders gut”, „der Prakti­kant hat ein­fach fröh­lich drauf­los­fa­bu­liert.”, „mich am meis­ten beunruhigt”.

    Was für eine Sprach­mas­ke ist das? Teil­wei­se klingt es nach macht­lo­sem Gestän­ker. Wie klingt „Wahr­heit”?

    Oba­mas größ­te Leis­tung im Wahl­kampf war, dass er rich­tig geklun­gen hat.

  • Frank

    Jetzt mal ehr­lich, Ihr wer­det doch irgend einen Juris­ten ken­nen (und sei es ein stu­dent im ers­ten Semes­ter, da wird das näm­lich gelehrt), der Euch den Unter­scheid zwi­schen einem Ver­bre­chen und einem Ver­ge­hen erläu­tert. Und zwar bevor man aus der Hüf­te ver­sucht einen Skan­dal zu kon­stru­ie­ren. Puh, wenn das der Pira­ten-Style wird.. na ja.

    Ach ja: „Mit dem Absen­den des Kom­men­tars wil­li­gen Sie ein, dass der ange­ge­be­ne Name, Ihre E‑Mail-Adres­se und die IP-Adres­se Ihres Zugangs im Zusam­men­hang mit Ihrem Kom­men­tar gespei­chert wer­den.” Ohne Worte.

  • Stefan

    Okay durch die Ver­lin­kung von §176 StGB im Pos­ting von André ist mein vor­her­ge­hen­des Pos­ting wert­los gewor­den, denn in die­sem Gesetz geht es bei sexu­el­lem Miss­brauch anschei­nend nur um die direk­te Hand­lung mit dem Kind und nicht „vor” dem Kind.

    Lei­der habe ich die­sen beim Schrei­ben mei­nes ande­ren Pos­tings noch nicht gesehen.

  • Stefan

    Jo, da geht es eigent­lich nur um den Begriff „Ver­bre­chen”.

    Wobei mich der Begriff „Kin­des­miss­brauch” stört. Bei Wiki­pe­dia wer­de ich da zu Kin­des­miss­hand­lung umge­lei­tet und das klingt mehr nach Gewalt. Miss­brauch klingt – viel­leicht fälsch­li­cher­wei­se – eher nach sexu­el­len Hand­lun­gen (evtl. ohne Geschlechtsverkehr).

    Ich habe mir das jetzt mal auf Wiki­pe­dia ange­se­hen: http://​de​.wiki​pe​dia​.org/​w​i​k​i​/​S​e​x​u​e​l​l​e​r​_​M​i​s​s​b​r​a​u​c​h​_​v​o​n​_​K​i​n​d​ern

    „Sexu­el­ler Miss­brauch von Kin­dern bezeich­net wil­lent­li­che sexu­el­le Hand­lun­gen mit, an oder vor Kindern.”
    Im Auge die­ser Defi­ni­ti­on, darf ich mit rei­nem Gewis­sen behaup­ten, dass die CDU spinnt. Wenn sich jemand vor einem Kind, an sei­nem Glied her­um­spielt, ist das kein Grund, jeman­den für ein Jahr einzusperren.

    Wenn das aller­dings unter §225 StGB (bei Dirk ver­linkt) fie­le und als „Stö­rung der see­li­schen Ent­wick­lung” gewer­tet wür­de, dann wäre es auch heu­te schon ein Verbrechen.

    Ken­ne mich bei die­sen Geset­zen lei­der nicht aus.

  • André Jagusch

    Ich habe es auch schon oft genug via Twit­ter rich­tig­ge­stellt, aber dann auch noch­mal hier:
    Es ist eine Tat­sa­che, dass § 176 I StGB der­zeit kei­nen Ver­bre­chen­s­tat­be­stand nach § 12 I StGB dar­stellt. Es ist ja kei­ne (gro­ße) Schan­de, das nicht zu wis­sen. Aber man soll­te sich dann bei Nicht­wis­sen nicht so künst­lich auf­re­gen, wüs­te Theo­rien ent­wi­ckeln… son­dern sich nach Erken­nen auch ein­fach mal entschuldigen. 🙂